Titan 23
ein Verlies tief unter der Erde. Dann schloß man ihn in dem kahlen Raum ein. Eine Fackel, die in einem Wandhalter befestigt war, lieferte ihm Licht, aber wie lange sie brennen würde, wußte Mason nicht.
Die zottigen, verwachsenen Gestalten der Tiermenschen lauerten irgendwo draußen, wo er sie nicht sehen konnte. Mason war allein, ein Gefangener, und die Angst um seine Freunde quälte ihn.
13. Kapitel
Das Gericht der Tiere
Nach einer Weile erhob sich Mason und untersuchte sein Gefängnis. Die Wände wiesen zwar Sprünge auf, waren aber fest. Die vergitterte Tür war aus Metall und zu kräftig, als daß er sie mit Gewalt hätte öffnen können. Auch die Decke und der Boden sahen keineswegs vielversprechend aus. Mason fröstelte und wünschte, er besäße ein wärmeres Kleidungsstück als nur ein Lendentuch.
Aber so lange die Fackel brannte, lieferte sie nicht nur Licht, sondern auch Wärme. In der Dunkelheit war es dann etwas schwerer, die Zeit abzuschätzen, aber Mason vermutete, daß es Nacht geworden war, als schließlich einer der Tiermenschen mit Nahrung kam. Er schob sie durch die Gitterstangen, eine Schüssel mit fleckigen, halb verfaulten Früchten, die Mason nur mit Widerwillen verzehrte. Der Tiermensch brachte auch eine neue Fackel.
Höchstens eine halbe Stunde später sah Mason, wie sich ein Lichtschein näherte. Er ging zur Tür, spähte zwischen den Gitterstangen hinaus und sah eine gebückte, eingeschrumpfte Gestalt, die sich ihm näherte. Er konnte ein faltiges Orientalengesicht erkennen – Li Keng!
Langsam zog der Chinese den Riegel zurück und winkte Mason ins Freie.
»Wir müssen leise sein«, murmelte er mit seiner brüchigen Stimme. »Nirvor ist zurückgekehrt und hat einen ihrer Bösen mit sich gebracht. Sie suchen die Unbesiegbare Kraft, wissen aber nicht, wo sie verborgen ist. Daß ich das Geheimnis kenne, wissen sie nicht. Komm!«
Er schlurfte durch den Korridor, und seine hagere Hand trug eine Fackel. Mason hielt mit ihm Schritt.
»Die anderen?« fragte er leise. »Meine Freunde? Wo sind sie?«
Li Keng hörte nicht, sondern fuhr mit seiner heiseren Stimme fort: »Nirvor hat die Tiermenschen aus dem Wald nach Corinoor gebracht. Aber sie soll die Waffe nicht haben. Du sollst sie als Beweis meiner Loyalität zu den Schläfern tragen.«
Mason überkam eine Welle von Mitleid für den alten Mann. Sie bogen in einen anderen unterirdischen Gang und dann in noch einen, ein wahres Labyrinth, bis Mason sich hoffnungslos verloren vorkam. Einmal sah er, wie in der Ferne ein weißer Schatten davonglitt, und erinnerte sich an Valesta, Nirvors Leoparden. Aber die Bestie tauchte nicht wieder auf, falls es wirklich Valesta gewesen war.
Vor einer Tür aus Metall blieben sie stehen. Li Keng tastete in einer Wandnische herum und brachte schließlich zwei schwerfällig wirkende, mit Bleiplatten besetzte Anzüge zum Vorschein. »Die müssen wir tragen. Die Radiumstrahlen…«
Mason schlüpfte in das Kleidungsstück. Es hatte eine durchsichtige Kapuze, die seinen Kopf völlig bedeckte. Der Chinese, der unter seinem Panzer schwerfällig wirkte, stieß die Tür auf.
Sie standen am Rand einer Klippe und blickten auf einen mit grauem Nebel erfüllten Abgrund hinunter. Ein schmaler Weg führte steil in die Tiefe, und Li Keng schickte sich an, diesen Weg zu betreten, wobei er einige Schwierigkeiten hatte, das Gleichgewicht zu halten. Mason folgte ihm unsicher, wobei er es tunlichst vermied, in den Abgrund hinunterzublicken.
Etwa hundert Meter arbeiteten sie sich an der Klippe entlang und bogen dann um einen Felsvorsprung. Mason blieb stehen, kniff die geblendeten Augen zu. Eine grell leuchtende Flamme loderte aus dem Abgrund zu ihnen empor, und ein seltsames Prickeln überlief seinen Körper. Das waren die tödlichen Radiumstrahlungen, das wußte er.
Der Weg führte zu einem Felsvorsprung, schmal und gefährlich, der über den Abgrund hinausragte. Darunter loderte das Feuer wie der Krater eines Vulkans. Aber das Feuer, das dort brannte, war tausendmal mächtiger als flüssige Lava, denn die schreckliche Kraft des Radiums schürte es.
Hinter ihnen war ein Geräusch zu hören. Mason drehte sich um und stieß unwillkürlich einen Schrei aus, den freilich das Brüllen des Infernos übertönte. Valesta verfolgte sie auf dem schmalen Weg, Valesta, der weiße Leopard.
Hinter ihm – Nirvor, und dicht dahinter der schwarze Leopard Bokya. Und Dutzende von Tiermenschen; ihre Fänge leuchteten rot im
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