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Titan 7

Titan 7

Titel: Titan 7 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne SF Classics
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Schwerkraft wäre so exakt zu bestimmen, daß sie allgemein als Axiom vorausgesetzt und akzeptiert werden könnte. Gäbe es auf einer solchen Welt Astronomen, so würden sie wahrscheinlich das Schwerkraftgesetz schon errechnen können, noch bevor überhaupt jemand das Teleskop erfunden hätte. Die einfache Beobachtung mit bloßem Auge würde ja schon ausreichen.«
    »Aber wäre denn ein solches System dynamisch stabil?« fragte Sheerin skeptisch.
    »Sicher. Man nennt es den ›Eins-und-eins-Fall‹. Man hat es schon mathematisch dargestellt, aber was mich daran interessiert, sind eigentlich mehr die philosophischen Implikationen.«
    »Der Gedanke ist ganz reizvoll«, sagte Sheerin zustimmend. »Hübsche kleine Abstraktion – wie das perfekte Gas oder die absolute Null.«
    »Der Haken bei diesem Modell ist natürlich der, daß auf so einem Planeten kein Leben existieren könnte. Es würde nicht genügend Wärme und Licht erhalten, und wenn der Planet sich noch um seine Achse drehte, dann würde während eines halben Tages totale Dunkelheit herrschen. Unter solchen Umständen könnte sich natürlich kein Leben entwickeln, denn das ist fundamental abhängig vom Licht. Darüber hinaus…«
    Sheerin sprang so erregt auf, daß er seinen Stuhl umwarf. »Aton kommt gerade mit den Lichtern!«
    Beenay gab einen erschrockenen Laut von sich, drehte sich hastig um und grinste erleichtert von einem Ohr zum andern.
    Aton hatte ein großes Bündel etwa einen Fuß langer zolldicker Stäbe auf dem Arm. Über das Bündel hinweg warf er einen verheißungsvollen Blick auf die eilig herbeiströmenden Mitglieder des Stabes. »Bitte, meine Herren, gehen Sie alle zurück an Ihre Plätze. Sheerin, kommen Sie und helfen Sie mir!«
    Sheerin trottete an die Seite des Älteren, und dann steckten die beiden in gespannter Stille die Stäbe der Reihe nach in die dafür vorgesehenen, zu diesem Zwecke provisorisch angefertigten Metallhalter, die in regelmäßigen Abständen aus der Wand ragten.
    Mit der feierlichen Geste eines Hohepriesters, der soeben eine höchst wichtige sakrale Handlung vollzieht, riß Sheerin ein großes, unhandliches Streichholz an, wartete, bis die Flamme sich voll entwickelt hatte und reichte es dann Aton hinüber, der die Flamme an das obere Ende eines der Stäbe hielt.
    Dort umspielte die Flamme eine Weile zögernd die Spitze, bis ein plötzliches knisterndes Aufflackern Atons zerfurchtes Gesicht buchstäblich zum Erstrahlen brachte. Er zog bedächtig das Streichholz zurück, und spontaner Applaus und Jubelrufe ließen die Fensterscheiben erklirren.
    Aus der Spitze der Fackel züngelten sechs Zoll hohe gelbe Flammen! Mit penibler Sorgfalt wurden die anderen Fackeln ebenfalls angezündet, bis sechs voneinander unabhängige gelbe Flammen den Raum bis in die hinterste Ecke mit Licht erfüllten.
    Das Licht war matt, matter noch als das dürftige Sonnenlicht. Die Flammen tanzten wie verrückt hin und her und warfen wie betrunken schwankende Schatten an die Wände. Die Fackeln entwickelten einen höllischen Rauch; es roch wie angebrannte Suppe. Aber das Wichtigste war – sie spendeten warmes, gelbes Licht.
    Nach vier Stunden trüben, rötlich-fahlen Sonnenlichts ist gelbes Licht etwas Wundervolles. Selbst Latimer hatte sich von seinem Buch abgewendet und starrte mit großen Kinderaugen in die Flammen.
    Sheerin wärmte sich an der nächstbesten Fackel die Hände. Der Ruß, der als eine Wolke feinen grauen Staubes um ihn herumschwebte, störte ihn dabei nicht im geringsten. Entzückt stammelte er immer wieder: »Wie schön, wie schön! Ich hatte nie gewußt, was Gelb für eine wunderbare Farbe ist!«
    Aber Theremon beäugte die Fackeln mit einigem Unbehagen. Angewidert von dem ranzigen Geruch, der ihnen entströmte, rümpfte er die Nase. »Was sind das für Dinger?« wollte er von Sheerin wissen.
    »Holz«, antwortete Sheerin knapp.
    »O nein, das ist doch kein Holz! Die Stäbe brennen ja überhaupt nicht. Lediglich die Spitze ist ein wenig angekohlt, und die Flamme steigt einfach aus dem Nichts auf.«
    »Das ist ja gerade das Schöne daran. Das ist ein hochwirksamer Mechanismus künstlichen Lichtes. Wir haben ein paar hundert davon anfertigen lassen, die meisten davon sind natürlich im Schutzbunker. Warten Sie, ich erkläre es Ihnen.« Er drehte sich um und wischte seine rußigen Hände an seinem Taschentuch ab. »Man nimmt den kräftigen Kern groben Schilfrohres, trocknet ihn sorgfältig und taucht ihn in tierisches Fett, bis

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