Titanen-Trilogie 01 - Das Erbe der Titanen
ihn heute nacht warmhalten können, hat sich sein Zustand bis morgen erheblich gebessert. . .«
»Möglich, daß das Gift der Mäuse dem Faltergift entgegengewirkt hat«, sagte er, froh darüber, das Thema wechseln zu können. »Wo sind wir eigentlich? Ich kann mich an den Weg hierher nicht erinnern.«
»Hinter dem Hügel auf der anderen Seite des Flusses. Ich glaube nicht, daß die Mäuse uns hier einholen können. Heute Nacht jedenfalls nicht. Oder wandern sie in der Nacht etwa auch?«
»Das glaube ich nicht. Bestimmt nicht, wenn sie tagsüber unterwegs waren. Irgendwann müssen sie auch rasten.« Er machte eine Pause. »Wir sind flußaufwärts gegangen? Das würde bedeuten, daß wir uns noch tiefer im Ödland befinden.«
»Aber Ihr habt doch gesagt, die Strahlung wäre nicht mehr vorhanden!«
»Ich habe nur gesagt, daß sie immer schwächer wird. Wie rasch und wie weit das geht, weiß ich nicht. Wir befinden uns vielleicht schon wieder im Strahlungsgebiet.«
»Ich spüre nichts«, sagte sie nervös.
»Das kann man nicht spüren.« Eine Debatte darüber war zwecklos. Es gab keine Möglichkeit, der Strahlung auszuweichen, wenn man einmal in ihr Randgebiet gekommen war. »Wenn die Pflanzen hier keine Veränderungen aufweisen, ist alles in Ordnung. Die Strahlen töten alles.« Doch die Insekten waren hundertmal unempfindlicher als die Menschen, und die Zahl der Falter hatte unermeßlich zugenommen.
Jetzt war die Unterhaltung verstummt. Er wusste, warum. Obwohl sie beide wussten, daß sie Wärme erzeugen mußten, wäre es doch peinlich gewesen, die Situation schamlos auszunützen. Er konnte sie nicht einfach einladen, ihre üppigen Brüste an seinen nackten Körper zu drücken, und sie konnte sich nicht ohne besonderen Grund auf ihn legen. Was dem Verstand nach durchaus berechtigt war, blieb in Wirklichkeit peinlich. Um so peinlicher, als ihn schon die Vorstellung einer solchen Berührung erregte, wenn sie auch aus noch so sachlichen Gründen geschah. Er war sicher, daß sie ihm die Erregung anmerken würde. Vielleicht hatte sie aber ein ebenso starkes Interesse daran. Sie wussten ja beide, daß Sol sie nie zur Frau machen würde.
»Der größte Beweis von Mut, den ich je erlebt habe«, murmelte sie, »zurückzugehen und das Zelt zu holen!«
»Das mußte sein. Ich kann mich nicht mehr daran erinnern. Nur noch, daß du mich unbarmherzig angetrieben hast.« Das hatte nicht sehr freundlich geklungen. »Du hattest natürlich recht. Das hat mich in Trab gehalten. Ich wusste ja gar nicht mehr, was ich tat.«
»Ich habe nur einmal >weiter< gerufen.«
Also war das auch nur eine Halluzination gewesen?
»Aber du hast mich vor den Mäusen gerettet«, sagte er.
»Ich hatte Angst vor ihnen. Und Ihr habt Sol einfach auf die Schultern genommen und seid mir nachgegangen. Ich dachte schon, Ihr seid erledigt, als Ihr gestrauchelt seid. Aber Ihr habt Euch wieder hochgerappelt.«
»In den Büchern nennt man das die Kraft der Hysterie.«
»Ihr seid sehr stark«, stimmte sie ihm bei, ohne ihn zu verstehen. »Mit den Händen nicht so geschickt wie er - aber viel stärker. «
»Trotzdem - du hast die Ausrüstung getragen«, erinnerte er sie. »Und du hast alles wieder aufgebaut.« Er betrachtete das Zelt. Sie hatte neue Pflöcke schnitzen müssen. Die alten waren beim überstürzten Abbruch während der Mäuseinvasion verlorengegangen. Diese Pflöcke hatte sie dann mit einem Stein in den Boden gerammt. Das Zelt stand zwar nicht ganz fachgerecht da, und sie hatte auch vergessen, einen Entwässerungsgraben zu ziehen. Doch die Stangen standen fest, und die Zeltklappe war verschlossen. Mit etwas Glück und Umsicht würde es gelingen, die Falter fernzuhalten, und die Anlage des Feuers war geradezu genial. »Ausgezeichnet gemacht. Du bist geschickter, als ich dir ursprünglich zugetraut habe.«
»Danke«, sagte sie und senkte den Blick. »Es mußte sein.«
Wieder Schweigen. Das Feuer sank in sich zusammen. Er sah nur noch die Umrisse ihres Gesichtes und die Konturen ihrer Brüste. Sehr hübsch. Jetzt war es Zeit, sich zusammen hinzulegen. Doch sie warteten beide noch ab.
»Manchmal haben wir im Freien kampiert - damals, als ich noch mit meiner Familie zusammen war«, sagte sie. »Deswegen weiß ich, daß man ein Zelt am Abhang aufstellt. Für den Fall, daß es regnet.« Also hatte sie tatsächlich an die Notwendigkeit der Entwässerung gedacht! »Wir haben am Lagerfeuer immer Lieder gesungen - meine Brüder und ich. Wir wollten
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