Titanen-Trilogie 02 - Die Kinder der Titanen
wissen es vielleicht auch. Damit sie den Nomaden immer auf der Spur bleiben. Wir wollen nicht, daß jemand weiß, wo wir sind.«
Er dachte an das Gespräch des Herrn mit dem Führer des Berges, mit Bob, und glaubte zu verstehen. Das Fernsehen war nicht unbedingt sinnlos. Er klappte das benachbarte Bett herunter und ließ sich darauffallen.
Nach einer Weile rollte er sich auf die andere Seite und sah den Fernsehapparat an. »Warum werden so langweilige Dinge gezeigt?« fragte er, ohne eine Antwort zu erwarten.
»So waren die Alten vor dem Brand«, sagte sie. »Sie taten langweilige Dinge, und nahmen es auf Band auf, und wir lassen die Bänder durch den Vorführapparat laufen, und das ist das Fernsehen. Jim sagt, das alles hätte etwas zu bedeuten, aber wir haben kein Tonsystem und können also nicht mit Sicherheit etwas darüber sagen.«
»Wir?«
»Die Unterwelt. Helicon. Jim sagt, wir müßten die Technik erhalten. Wir wissen zwar nicht, wie man Fernsehen macht, aber wir können es erhalten. Bis alle Ersatzteile verbraucht sind, jedenfalls. Die Irren wissen über Elektrizität mehr als wir. Die haben sogar Computer. Aber wir leisten mehr Arbeit.«
Vars Interesse war erwacht. »Was tut ihr denn?«
»Wir stellen Dinge her. Wir machen die Waffen und alles andere für die Herbergen. Die Irren übernehmen den Service. Sie stellen die Herbergen auf und versorgen sie mit Nahrung und anderem. Die Nomaden sind die Verbraucher – die tun nichts weiter.«
Das war zu hoch für Var, der vor Beginn des Kampfes noch niemals von der Unterwelt gehört hatte und auch nur eine ungefähre Ahnung davon hatte, was die Irren waren oder was sie taten. »Warum muß der Herr den Berg erobern, wenn der Berg so viel leistet?«
»Bob sagt, er wäre verrückt. Bob sagt, er wäre ein Mann, der ein doppeltes Spiel treibe. Er hätte das Imperium eigentlich auflösen sollen. Statt dessen wandte er sich gegen den Berg. Bob ist deswegen außer sich.«
»Der Herr sagte, der Berg wäre böse. Er sagte, er könnte das Imperium erst richtig aufbauen, wenn der Berg erobert wäre. Und jetzt sagt er, er würde alles verbrennen, nachdem er mich getötet hätte.«
»Vielleicht ist er verrückt«, flüsterte sie.
Diese Frage stellte sich Var ebenfalls.
»Ich habe Angst«, sagte Soli nach einer Weile. »Bob sagt, wenn die Nomaden ein Imperium schaffen, würde es wieder einen großen Brand geben, dem dann keiner entkommen könnte. Er sagt, sie stellten das gewaltsame Element unserer Gesellschaft dar, und sie dürften keine Technik haben, weil es dann wieder zum Brand käme. Aber jetzt…«
Auch das konnte Var nicht begreifen. »Wer hat den Berg gemacht?« fragte er.
»Jim sagt, seiner Meinung nach hätte ihn die nach dem Brand entstandene Zivilisation geschaffen«, erklärte sie ein wenig unsicher. »Überall war Strahlung, und die Menschen starben. Da nahmen sie ihre großen Maschinen, schaufelten eine ganze Stadt auf einen Haufen zusammen und höhlten den Haufen aus. Dann leiteten sie Strom ein und retteten die klügsten Wissenschaftler und richteten es so ein, daß sonst niemand hineinkonnte. Aber immerhin brauchten sie Nahrung und anderes, deshalb mußten sie Handel treiben – und draußen hatten ein paar kluge Leute auch ein wenig Zivilisation gerettet, von irgendwoher, und das waren die Irren. Und mit denen wurde nun Handel getrieben. Und alle anderen, die Dummen, ließen sich treiben und bekämpften einander, und das waren die Nomaden. Nach einer gewissen Zeit wurden viele in Helicon zu alt, und sie starben und die Technik drohte verlorenzugehen. Deswegen mußte man für Nachschub sorgen, aber das mußte im Geheimen vor sich gehen. Von den Irren wollte niemand kommen. Also nahm man jene auf, die gekommen waren zu sterben.«
»Ich glaube nicht, daß der Herr einen neuen Brand entfachen würde«, sagte Var. Doch dann mußte er an die unerklärliche Wut des Mannes denken, an seine Drohung, den Berg zu vernichten, und war seiner Sache nicht mehr so sicher.
Soli war so taktvoll, und sagte nichts darauf. Nach einer Weile schliefen sie ein.
*
Zwanzig Meilen weiter konnte der Namenlose, bei manchen als Sos bekannt, nicht schlafen. Er lief in seinem Zelt auf und ab, krank vor Wut über den Mord an seinem Kind, an dem Soli genannten Mädchen, in einem Ehebruch empfangen, aber Fleisch von seinem Fleisch. Seit seinem Aufenthalt im Berg war er steril, vielleicht als Folge der Operationen, die die Chirurgen des Helicon an ihm durchgeführt hatten, um
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