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Titanic - Wie ich den Untergang ueberlebte

Titanic - Wie ich den Untergang ueberlebte

Titel: Titanic - Wie ich den Untergang ueberlebte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lawrence Beesley
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deutliche Schlagseite nach Backbord, so viel, daß ein
Rettungsboot wirklich so weit von ihrer Seite abstand, daß es Schwierigkeiten
gab, Passagiere einsteigen zu lassen. Diese Schlagseite nahm zum Ende noch zu,
und Oberst Gracie berichtete, daß Herr Lightoller, der eine tiefe, kräftige
Stimme besaß, alle Passagiere auf die Steuerbordseite befahl. Das war unmittelbar
vor dem Ende. Sie überquerten das Deck, und als sie es taten, quollen Massen
von Zwischendeckspassagieren hervor, so viele, daß es auf Deck kaum Platz zur
Bewegung gab * * . Bald danach schwang sich das große Schiff langsam
empor, das Heck in die Luft, die Lichter verlöschten, und während einige ins
Wasser geschleudert und andere untergetaucht wurden, klammerte sich die große
Mehrheit an der Reling fest, an den Wanden und Dächern von Aufbauten oder lag
flach auf Deck. Und in dieser Lage verharrten sie auch noch nach ein paar
Minuten, als das enorme Schiff schräg nach unten abtauchte. Als es versank,
hingen ohne Zweifel noch viele an seiner Reling, aber die meisten taten ihr
Bestes, um von ihm fortzukommen, und sprangen, als es nach unten glitt. Doch
was immer sie taten, es kann kaum Zweifel daran geben, daß die meisten vom Sog
mit hinabgenommen wurden, dann einige Augenblicke später wieder auftauchten und
die Luft mit ihren herzzerreißenden Schreien erfüllten, die an die Ohren derer
in den Rettungsbooten drangen, diese in Erstaunen und Grauen versetzend.
Andererseits berichtet ein anderer Überlebender, er wäre vom Heck
hinuntergesprungen, bevor die Titanic sich aufbäumte, und wäre unter
ihren drei Schrauben herumgeschwommen, die nun hoch aus dem Wasser
herausgehoben waren, kurz vor ihrem Ende. Fasziniert durch den
außergewöhnlichen Anblick, beobachtete er sie über seinem Kopf. Aber plötzlich
wurde er gewahr, wie nötig es war, schnell vom Schiff wegzuschwimmen, aber als
er es tat, tauchte es schon ab, die Schrauben nahe seinem Kopf. Seiner
Erfahrung nach gab es nicht nur keinen Sog, sondern die entstehende Welle trug
ihn fort von der Stelle, wo es hinuntergegangen war. Von allen diesen
fünfzehnhundert Menschen erreichten nur sehr wenige die Carpathia. Sie
wurden in die See geschleudert, als die Titanic hinabging – als
unschuldige Opfer von Gedankenlosigkeit und Gleichgültigkeit der für ihre
Sicherheit Verantwortlichen. Es hätte keinen Zweck, noch länger bei der Szene
zu verweilen, wo Männer und Frauen im Wasser kämpften. Die Herzen aller, die
von ihrer Hilflosigkeit hörten, sind mit größter Liebe und Zuneigung bei ihnen.
Das Wissen, daß ihr Leiden im Wasser wegen der niedrigen Temperatur in den
meisten Fällen kurz gewesen ist und physisch nicht schmerzhaft – der Beweis
scheint erbracht, daß nur wenige durch Ertrinken starben –, ist ein gewisser
Trost. Wenn jedermann es so sieht, daß sein Mitgefühl ihn dazu führt, sich den
Reformbemühungen zu widmen, statt sie nur Experten zu überlassen, dann wird er
wenigstens etwas zur Wiedergutmachung für den Verlust so vieler wertvoller
Leben getan haben.
    Wir sollten
nun besser den Erlebnissen derer folgen, die im letzten Akt des Unglücks
gerettet wurden. Zwei Aussagen – die von Oberst Gracie und Herrn Lightoller –
stimmen ziemlich überein. Der Erstgenannte ging mit unter, am Geländer
festgeklammert, der Letztgenannte tauchte unter, als das Schiff versank, wurde
aber angesogen und festgehalten von einem Lüftungsschacht. Beide wurden sie
eine Zeitlang herabgezogen, wie es ihnen schien, auf eine längere Entfernung,
aber Herr Lightoller wurde letztlich durch einen »ungeheuren Luftstoß« nach
oben geblasen, der durch den Lüfter kam und ihn befreite. Oberst Gracie kam
wieder an die Oberfläche, nachdem er die Luft anhalten mußte – wie für die
Ewigkeit –, und beide klammerten sich an irgendwelchen Wrackteilen fest, die
sie vorfanden. Letztlich sahen sie ein umgeschlagenes Boot und kletterten auf dieses,
in die Gesellschaft von zwanzig anderen Männern, unter ihnen Bride, der Funker.
So für einige Stunden stehend, während die See sie bis zu den Hüften umspülte,
hielten sie in zwei Reihen aus, bis der Tag anbrach; Rücken an Rücken sich
ausbalancierend, so gut es möglich war und immer in der Angst, sich falsch zu
bewegen, auf daß das Boot nicht kentere. Endlich wurden sie von einem
Rettungsboot gesichtet und aufgenommen, eine Operation mit größten
Schwierigkeiten, und sie erreichten die Carpathia im frühen
Morgengrauen. Nicht viele Leute sind durch

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