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Titanic - Wie ich den Untergang ueberlebte

Titanic - Wie ich den Untergang ueberlebte

Titel: Titanic - Wie ich den Untergang ueberlebte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lawrence Beesley
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Geschwindigkeit, die weit über ihrer normalen Leistung [über
16 zu etwa 14 kn] lag. Die drei Ärzte an Bord übernahmen je einen Salon und
bereiteten sich auf jede Art von Hilfeleistung vor; die Stewards und die
Küchenbesatzung waren kräftig bei der Arbeit, um heiße Getränke und Essen
vorzubereiten, und die Zahlmeister-Gilde stand bereit mit Decken und Betten für
die schiffbrüchigen Passagiere, sobald sie an Bord kommen würden. An Deck
bereiteten die Seeleute Rettungsboote vor, schwangen sie in ihren Davits aus
und warteten ab, ob sie Boote und Mannschaft herablassen sollten, wenn es
notwendig erschien. Sie befestigten Strickleitern, Bootsmanns-Stühle, Schlingen
und Körbe für Kinder an die Außenbordspforten, um die Geretteten heraufziehen
zu können. Auf der Brücke war der Kapitän mit seinen Offizieren, angestrengt in
die Dunkelheit blickend, darauf hoffend, die ersten Anzeichen der
angeschlagenen Titanic zu entdecken, sie noch schwimmend vorzufinden,
trotz der letzten verzweifelten Nachricht »Sinken über Bug«. Eine doppelte
Wache von Ausguckposten war aufgezogen, weil es noch andere Dinge außer der Titanic in dieser Nacht gab, auf die geachtet werden mußte. Wie Kapitän Rostron in
seinem Zeugnis sagte, sahen sie auf jeder Seite Eisberge zwischen 2.45 und 4.00
Uhr, passierten etwa zwanzig große, hundert bis zweihundert Fuß hoch, und noch
viel mehr kleinere, und »mußten das Schiff dauernd zwischen ihnen manövrieren,
um ihnen auszuweichen«.
    Es war eine
Situation, in der jeder Einsatz bis zur Höchstleistung gefordert wurde. Mit dem
Wissen im Hintergrund, daß die große Titanic, das vermeintlich
unsinkbare Schiff, von Eis getroffen war und schnell sank: mit dem immer
wiederkehrenden Ausruf des Ausgucks zur Brücke, wie er es getan haben wird,
»Eisberge an Steuerbord« – »Eisberge an Backbord«, verlangte es Mut und
Urteilskraft außerhalb des gewöhnlichen Rahmens, das Schiff durch eine Gasse
von Eisbergen vorwärts zu steuern und »… um sie herumzumanövrieren«. Wie er
selbst sagte, »… ich nahm das Risiko der hohen Geschwindigkeit auf mich in dem
Verlangen, Leben zu retten, und vielleicht werden mich einige Leute wegen
dieses Wagnisses angreifen«. Aber der Untersuchungsausschuß versicherte ihm,
daß er das auf keinen Fall tun wollte, und wir aus den Rettungsbooten haben
sicherlich kein Verlangen danach.
    Schließlich
wurde das Schiff um 4.00 Uhr gestoppt, mit einem gesichteten Eisberg genau
voraus (ohne Zweifel der gleiche, den wir in Boot 13 umrunden mußten, als wir
die Carpathia ansteuerten), und etwa um diese Zeit wurde das erste
Rettungsboot gesichtet. Wieder mußte sie um den Eisberg herummanövriert werden,
um das Boot aufzunehmen, welches unter dem Kommando von Herrn Boxhall stand.
Von ihm hörte der Kapitän, daß die Titanic untergegangen war und daß er
zu spät kam, um noch jemanden zu retten, außer denen in den Rettungsbooten,
die, wie man nun sehen konnte, aus allen Richtungen herankamen. Inzwischen
kamen die Passagiere der Carpathia an Deck als der Tag gerade anbrach,
einige aufgeweckt durch die ungewöhnlichen Schwingungen der Schraube, einige
durch das Trampeln der Matrosen auf dem Oberdeck, als diese die Rettungsboote
und die Fiereinrichtungen klarmachten; und jetzt wurden sie mit einem
außergewöhnlichen Anblick konfrontiert. So weit das Auge blickte, erstreckte
sich im Norden und Westen ein ausgedehntes Eisfeld, aus dem sich Eisberge
erhoben und dazugehörige Eisschollen, als würde plötzlich ein Hügel aus der
Ebene auftauchen. Voraus und nach Süden zeichneten sich schwimmende Monster
durch die fahle Dunkelheit ab, ihre Anzahl wurde größer von Augenblick zu
Augenblick, als der Tag anbrach und den Horizont rosa färbte. Es ist
bemerkenswert, wie »lebhaft« all diese Eisberge die See aussehen ließ. Sie
waren zu Bett gegangen mit nichts als Wasser und Himmel im Umkreis, und dann an
Deck zu kommen und so viele Objekte in Sichtweite zu haben, das machte die
Änderung des Gesamteindrucks der See aus: sie sah nun belebt aus. Dann kam ein
Rettungsboot längsseits mit festgeklammerten Menschen darin, meist Frauen, in
Schlafkleidern und Ankleide-Umhängen, in Mänteln und Schals; in allem, nur
nicht in normaler Kleidung! Überall funkelten kurz Lichter auf und verlöschten
– und Rufe und Begrüßungen schallten über das ruhige Wasser. Es ist schwer,
sich einen unerwarteteren Anblick vorzustellen, als jenen, der nun vor den
Passagieren der Carpathia lag, als

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