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Titanic - Wie ich den Untergang ueberlebte

Titanic - Wie ich den Untergang ueberlebte

Titel: Titanic - Wie ich den Untergang ueberlebte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lawrence Beesley
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Schwierigkeiten, Frauen für die Nummern 5 und 6 zu
finden. Die ganze Zeit über blieben die Passagiere ruhig, mit seinen eigenen
Worten »so ruhig wie in der Kirche«. Die sechs Boote zu bemannen und zu
beaufsichtigen muß ihn fast die Zeit gekostet haben, in der die Titanic sank,
wenn man eine Zeitspanne von etwa 20 Minuten pro Boot zugrunde legt. Bis zum
Schluß bei der Arbeit, blieb er auf dem Schiff und ging mit ihm unter. Sein
Zeugnis vor dem Untersuchungsausschuß lautete wie folgt: »Verließen Sie das
Schiff?« – »Nein, Sir.« – »Verließ das Schiff Sie?« – »Ja, Sir.«
    Es war ein
hartes Stück Arbeit und gut gemacht, und sein Verlassen des Schiffes – eins der
wunderbarsten – scheint eine Belohnung für seine Einstellung zur Pflicht zu
sein. Kapitän Smith, die Offiziere Wilde und Murdoch, waren in anderen Teilen
des Schiffes genauso beschäftigt, brachten Frauen in die Boote und wiesen in
einigen Fällen untergeordnete Offiziere an, mit ihnen hinunterzugehen – die
Offiziere Pitman, Boxhall und Lowe wurden auf diese Weise fortgeschickt – zu
anderen wurden Besatzungsmitglieder eingeteilt. Als die Boote abgefiert wurden,
rief man ihnen Befehle zu, was sie tun sollten: einigen wurde gesagt, daß sie
in der Nähe bleiben und weitere Befehle abwarten sollten, anderen, auf das
Licht des [später] verschwundenen Dampfers zuzurudern. *
    Es ist eine erbärmliche
Geschichte, sich vorzustellen, daß die ersten Boote halbvoll fortgeschickt
wurden. In einigen Fällen hatten schon Männer in Begleitung ihrer Frauen im
Boot Platz genommen – junge Männer, erst seit ein paar Wochen verheiratet und
auf ihrer Hochzeitsreise –, und sie waren dort, weil keine anderen Frauen mehr
gefunden wurden; aber die strikte Auslegung der beaufsichtigenden Offiziere
nach dem Grundsatz »NUR Frauen und Kinder« zwang sie, wieder auszusteigen.
Einige dieser Boote erreichten die Carpathia mit vielen leeren Plätzen.
Der Schmerz der vielen jungen Frauen kann unter diesen Umständen nur erahnt
werden. In anderen Teilen des Schiffes wurde die Regel vielleicht anders
ausgelegt, und es wurde Männern erlaubt oder von den Offizieren sogar
ermuntert, einzusteigen – nicht nur als Teil der Bootsbesatzung – auch als
Passagiere. Dieses gilt natürlich für die ersten Boote, als keine Frauen mehr
gefunden werden konnten. Die unterschiedliche Handhabung des Befehls war
Gegenstand von Diskussionen auf der Carpathia – tatsächlich wurde die
Anweisung selbst mit großer Beklemmung debattiert. Es gab viele, welche die
Richtigkeit der radikalen Durchsetzung anzweifelten, die dachten, daß es nicht
richtig sei, daß Ehemänner von ihren Frauen und Familien getrennt werden
sollten, sie mittellos zurücklassend. Oder einen jungen Bräutigam seiner vor
wenigen Wochen angetrauten Ehefrau zu entreißen, während Damen ohne große
Verwandtschaft und Verpflichtungen irgendeiner Art, gerettet wurden. Es waren
genau diese Damen, welche diesen Standpunkt vertraten, und auch Männer schienen
zu denken, daß einiges dafür sprach. Vielleicht trifft das zu – theoretisch,
aber in der Praxis würde es unmöglich sein, denke ich. Um Herrn Lightoller noch
einmal bei seiner Aussage vor dem Untersuchungsausschuß zu zitieren, als er
gefragt wurde, ob es eine Regel auf See wäre, Frauen und Kinder zuerst zu
retten, antwortete er: »Nein, es ist eine Regel der menschlichen Natur.« Das
ist ohne Zweifel der tatsächliche Grund ihrer Existenz.
    Aber der
Ausleseprozeß hat unter diesen Umständen Ergebnisse mit sich gebracht, die für
einige sehr bitter waren. Es ist herzzerreißend für Frauen, die verloren, was
sie auf der Welt liebhatten, wenn sie hörten, daß von einem Boot ein Heizer
aufgefischt wurde, der so betrunken war, daß er seine Arme drohend
herumschwang, so daß Frauen sich auf ihn stürzen mußten und sich auf ihn
setzten, um ihn ruhig zu halten. Wenn überhaupt Vergleiche gezogen werden
können, scheint es wohl besser zu sein, ein gebildeter und vornehmer Mann wäre
gerettet worden, als einer, der sich in einer Zeit der Gefahr betrank, als
Trostpflaster gegen die Realität. Diese Diskussionen drehten sich manchmal um
die alte Frage: »Was ist die Absicht hinter allem? Warum das Desaster? Warum
wurde dieser Mann gerettet und jener nicht? Wer hat festgelegt, daß mein
Ehemann nur für ein paar kurze Jahre in dieser Welt leben durfte, und die
glücklichsten Tage in diesen Jahren waren die letzten paar Wochen mit mir, und
dann wurde er mir

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