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Titanic - Wie ich den Untergang ueberlebte

Titanic - Wie ich den Untergang ueberlebte

Titel: Titanic - Wie ich den Untergang ueberlebte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lawrence Beesley
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die mit langsameren Schiffen gesammelt wurden!
    Die
Wetterbedingungen werden an vielen Stellen umfassend, aber doch recht allgemein
beschrieben. Aber es gibt ausführliche Beobachtungen von Schiffen in diesem
Seegebiet und aus dieser Zeit. Die Bedeutung von standardisierten
meteorologischen Informationen zum Nutzen der Handelsschiffahrt ist bereits
Mitte des 19. Jahrhunderts erkannt worden. Von deutscher Seite wurde die Entwicklung
damals maßgeblich mitgestaltet (Gründung der Norddeutschen Seewarte 1868 in
Hamburg), wie der vorher abgedruckte Auszug verdeutlicht. Alle Kapitäne wurden
angehalten, genaue Beobachtungen von Wetter und See anzustellen und in einem
»Journal« für die Seewarte festzuhalten. Andere Länder verfuhren ähnlich, und
so sind sicher auch auf der Titanic Wetterbeobachtungen angestellt
worden – und verlorengegangen. Glücklicherweise ist das Beobachtungstagebuch
des »stählernen Dampfers Frankfurt« vom Norddeutschen Lloyd erhalten
geblieben und konnte ausgewertet werden. Die Frankfurt war auf dem
Heimweg von der US-Küste zum Kanal und sollte ihre Reise in Bremerhaven
beenden.
    Am Mittag
(Bordzeit) des 14. April befand sie sich auf der Position 39° 39’ Nord, 55° 44’
West, Kurs Ost mit einer Geschwindigkeit von etwa 13 Knoten. Da sie südlicher
als die Titanic fuhr, war das Wettergeschehen in ihrer Umgebung vom
Golfstrom geprägt: Sie hatte bei bedecktem Himmel eine Lufttemperatur von 12° C
bei einer Wassertemperatur von
18° C. Zum Tageswechsel lagen die Werte ähnlich, aber die vorher leere Spalte
»Bemerkungen« spiegelt die kommende Dramatik wider. Die erste Mitteilung
lautet: »100 (= 01.00 Uhr Bordzeit) hörten Hilferuf (drahtlos) von Titanic, hielten
deshalb nordwärts.« Während der nächsten Wache wurden drei große Eisberge
gesichtet und eingetragen, die Luft kühlte auf 5 „C ab. An Bord war man sich
der Bedeutung der Wassertemperaturmessungen offenbar bewußt und maß nun
stündlich, fand aber als Ergebnis zunächst nur eine geringe Abkühlung auf 16°
C. Am Mittag (Bordzeit) des 15. April 1912 wurde das Untergangsgebiet erreicht
(Position 41° 42’ Nord, 50° 10’ West), und die Wassertemperatur zeigte
plötzlich nur noch null Grad. Das Journal enthält den Hinweis »Passieren gerissenen
großen Eisberg in (20 [=wahrscheinlich der Abstand in Hektometer]), sahen über
den ganzen Horizont in West bis Südwest ein großes Eisfeld…« Nichts zeigt
deutlicher als diese Eintragung, wie schnell sich auf wenigen Seemeilen die
Bedingungen geändert haben! Damit kommen nun meteorologische Phänomene zur
Sprache, die in diesem ausgeprägten Grenzbereich von warmem Wasser und
herantreibendem Eis auftreten können. Außerhalb der amtlichen Untersuchungen
wurde zum Beispiel über Dunstschleier diskutiert, die die Ausguckwachen vor der
Begegnung mit dem Eisberg gesichtet und auch an die Brücke der Titanic gemeldet
haben wollen. Dieser Hinweis hätte erfahrene, aber weniger ehrgeizige Offiziere
stutzig werden lassen müssen. Eine Möglichkeit der Bildung von Dunst- oder
Nebelschwaden in dieser Situation (wolkenlose Nacht, schwachwindig, glatte See)
ist durch die Abkühlung der Luft über einer ausgedehnten Eisfläche gegeben.
Auch sind bei einer solchen Wetterlage und besonders über dem Eis
atmosphärische Schichtungen denkbar, die zu einer anomalen Refraktion (Krümmung
von Lichtstrahlen) führen können. Dabei kann die Sichtweite weit über den
geometrischen Horizont hinaus ansteigen, wenn sich der Beobachter in einem
günstigen Blickwinkel befindet. Somit wäre der Verwirrung durch optische
Täuschungen ein weiteres Kapitel hinzugefügt, welches erklären würde, warum
manche Zeugen etwas sahen, was unter »normalen« Verhältnissen schwer
vorstellbar ist. Der Umgang mit so großen Schiffen wollte erst einmal gelernt
sein. Hier hatte Smith aber eine gewisse Erfahrung, war er doch seit Juni 1911
Kapitän auf der Olympic und deshalb mit den Dimensionen und den
Manövriereigenschaften der White-Star-Liner vertraut. Trotzdem passierte der
Zwischenfall mit Seiner Majestät Kreuzer Hawke am 20. September. Die Olympic fuhr mit Lotsenunterstützung durch Solent und Spithead Richtung Kanal, der
Kreuzer lief quasi auf Parallelkurs in 300 bis 100 Meter Abstand (je nach
Ansicht). Die Hawke, mit nur einem Siebtel der Wasserverdrängung des
Passagierschiffes, befuhr die südliche Fahrrinne und drehte nach Steuerbord ab
und die zahlreichen Zuschauer an Bord und an den Ufern nahmen an, daß

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