Titanic - Wie ich den Untergang ueberlebte
Möglichkeit, Ladung und Menschen
gemeinsam zu transportieren, oder eben etwa doppelt soviel Köpfe
unterzubringen. Als der Auswandererstrom zu Beginn des 19. Jahrhunderts
anwuchs, wurden dessen Individuen auch dort einquartiert, und so entstand der
Begriff der »Zwischendeckspassagiere«. Reiche Reisende logierten »in Kabinen«,
anfangs zusätzliche Deckshäuser auf dem Oberdeck. Ihr Fahrpreis schloß die
Mahlzeiten ein, während die Zwischendecker zunächst nur Anspruch auf eine
schmale Ration »Trinkwasser« für all ihre Bedürfnisse hatten. Wenn die Fahrten
länger dauerten als geplant – mehr als die üblichen zwei bis drei Wochen –,
reichten die Vorräte für mehrere hundert Menschen manchmal nicht aus, und es
kam zu Ausschreitungen; kurz gesagt, das Reisen war schon unter normalen
Umständen eine heute kaum vorstellbare Strapaze. Im Jahre 1841 brauchte die
Brigg Lady Hood 78 Tage für die Nordatlantik-Passage. Außerdem gab es
Seuchen an Bord und Schiffbrüche; allein in der Zeit zwischen 1847 bis 1851
kamen von englischen Häfen ausgehend 44 Schiffe nicht in der Neuen Welt an, 1
043 Menschen sind mit ihnen verschollen. Kein Wunder, daß jenseits und
diesseits des Atlantiks Menschen laut nach gesetzlichen Regelungen riefen,
welche Mindestanforderungen an die Unterbringung, die Verpflegung und die
Rettungsmöglichkeiten vorschreiben sollten. In den jungen USA gab es erste
Vorstöße schon 1819, in Europa dauerte es länger; eine Übersicht wichtiger
historischer Zusammenhänge zeigt die nächste Seite.
Da man die
Schwächen der Boote als Rettungsgerät kannte, suchten Seeleute und andere
Erfinder nach Alternativen. Es wurden unzählige »schwimmende Apparate«
entworfen, meist in Form einer bojenähnlichen Konstruktion, aber auch
Schimmbänke, Pontons, Flöße… Schwimmgürtel, -ringe und
-westen. Daraus läßt sich eine Einteilung ableiten, die kollektive und
individuelle Rettungsmittel unterscheidet. * Angesichts der großen Kopfzahlen an Bord von
Auswandererschiffen war es nicht nur eine Frage nach der sichersten
Konstruktion, sondern auch die der Finanzierung, welche Rettungsmittel
vorgesehen werden sollten. Für gutbetuchte Reisende war es Mitte des 19.
Jahrhunderts kein Problem, in den Häfen sogenannte »life-preserver« zu kaufen.
Das Heer der Auswanderer hatte kein Geld dafür übrig, die Menschen hatten meist
überhaupt keine Ahnung, was auf sie zukam, wenn sie über den großen Teich
fahren wollten oder mußten.
Auf Druck der öffentlichen
Meinung wurden die schiffahrttreibenden Länder dazu gedrängt, gesetzliche
Regelungen zu erlassen und Institutionen zu gründen, die sich mit der
Überwachung von Vorschriften befaßten, um den internationalen
Transatlantikdienst abzuwickeln. Dazu entstanden ab 1854 (erster British
Merchant Shipping Act) eine Reihe von Gesetzeswerken, die sich zum Beispiel mit
der Vermessung von Schiffen befaßten; eine Einteilung in »Klassen« vorsahen,
zum Beispiel für Bauvorschriften und Versicherungen; Besetzungs- und
Prüfungsordnungen von Besatzungen (Einführung des Dampfantriebs) und
Unfall-Verhütungsvorschriften erließen; Ämter für hydrographische und meteorologische
Dienste oder das Signalwesen gründeten und so weiter…
Die für alle
Handelsschiffe bis vor kurzem verbindliche Vermessung in Registertonnen ist ein
Raummaß vom 2,83 Kubikmetern. Es erfaßt, vereinfacht ausgedrückt, alle
geschlossenen Räume an Bord und ergibt als Ganzes die Vermessung in
Bruttoregistertonnen (BRT, englisch GRT= Gross Register Tons = tons). Der
nutzbare Raum (Nettoregistertonne NRT) wird errechnet, indem man alle zum
Betrieb des Schiffes notwendigen Räume von den BRT abzieht. Wegen der auf Seite
16 beschriebenen Änderungen weichen diese Maße bei den äußerlich gleichen
Schwesterschiffen der »Olympischen« Klasse ab. Das machte 1004 BRT mehr für die Titanic gegenüber der Olympic aus. Diese Angabe war wohl in
Beesleys Erinnerung, als er sein Manuskript verfaßte. Mit 46 328 BRT war die Titanic tatsächlich das räumlich größte Schiff der Welt. Ein echtes Gewichtsmaß ist
hingegen die Wasserverdrängung, gleich dem Gewicht des Schiffes. Als
Leergewicht der Olympic wurden etwa 52 000 englische Tonnen (ts = 1016
kg) kalkuliert, die Titanic sollte etwa 250 Tonnen (ts) mehr an Masse
aufweisen. Voll ausgerüstet dürften die Schiffe jeweils etwa 66 Millionen
Kilogramm auf eine imaginäre Waage gebracht haben.
Aber zurück in die Zeit um
die Mitte des 19.
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