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Titanic - Wie ich den Untergang ueberlebte

Titanic - Wie ich den Untergang ueberlebte

Titel: Titanic - Wie ich den Untergang ueberlebte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lawrence Beesley
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daß er selbst den Ernst der vorausliegenden Gefahr
erkannte… und das Anerkennen der Tatsache, daß man auch bei klarer Nacht nicht
immer Kurs und Geschwindigkeit beibehalten kann, wenn man in einer
eisgefährdeten Region unterwegs ist.« Bekanntermaßen besprach Smith mit dem abends
wachhabenden Lightoller das klare, ruhige Wetter und die damit verbundene
Gefahr, Eisberge nicht rechtzeitig zu erkennen. Die Definition »klares Wetter«
war also in diesem Fall ein zusätzlicher Risikofaktor! Der Zeitpunkt der akuten
Gefahr war beiden ebenfalls klar, obwohl sie nicht alle Eiswarnungen kannten.
    Lord William
war ein kritischerer Richter als der konservative Lord Mersey, dessen
»Empfehlungen« der ersten Untersuchung eindeutig reederei-freundlich geprägt
waren, und so kam die White Star Line aus der zweiten Untersuchung schlechter
heraus, als sie vorher dastand. Ein anderer Punkt allgemeiner Kritik hätte
möglicherweise die richtigen Entscheidungen von Smith nach sich gezogen: wenn
er in der Nacht auf der Brücke gestanden und sich um die Eislage persönlich
gekümmert hätte. Dann wäre die Eiswarnung der Mesaba von 21.40 Uhr
vielleicht nicht im Funkraum liegengeblieben, die von Eisbergen zwischen 42°
und 41° 25’ N und 49° und 50° 30’ W berichtete. Dann hätte er einsehen müssen,
daß sein Kurs nicht südlich des ausgedehnten Eisfeldes liegen würde, sondern
mitten hindurchführte, und es scheint immerhin möglich, daß er dann die
Geschwindigkeit gedrosselt hätte. So aber wähnte er sich auf der sicheren Seite
der um diese Jahreszeit üblichen Eismeldungen und ergriff keine weiteren
Vorsichtsmaßnahmen. Die Meldung der Mesaba blieb aber bei Phillips in
der Funkstation liegen, und ebenso unbeachtet, wie die nicht durchgekommene
Eiswarnung der Californian, die der Titanic voraus bereits im
tödlichen Eisfeld festlag. Dieser Aspekt ist ein wirklich gravierender Fehler
im System, denn bis dahin waren die Unzulänglichkeiten alle noch tragbar und
folgenlos.
    Aber der
erste Funkoperateur der Titanic war im Streß. Am Vortag war ein
Transformator ausgefallen und Phillips mußte ihn reparieren, so daß er einen
Rückstau an Privat-Telegrammen am Abend des 14. April noch nicht aufgearbeitet
hatte. Jeder Anruf eines anderen Schiffes wurde folgerichtig als Störung seiner
wichtigen Arbeit empfunden, und man muß annehmen, daß auch Eiswarnungen dazu
zählten.
    Ein erster
indirekter Kontakt zur Californian hatte schon gegen 19.30 Uhr
bestanden, als Phillips eine Eismeldung für den Dampfer Antillian mithörte
und das auch bestätigte – ohne weitere Reaktion. Die Californian war auf
einem etwas nördlicheren Kurs nach Boston unterwegs und hatte um 18.30 Uhr drei
große Eisberge auf einer Länge von 49° 09’ W gesichtet. Die Titanic erreichte
dieses Gebiet um etwa 21.30 Uhr, fast genau zum überlieferten Zeitpunkt, an dem
Smith und Lightoller sich auf die akute Eisgefahr einstellten! Aber zurück zu
Phillips: Sein eigenes Wissen bezüglich der eingelaufenen Eiswarnungen mag ihn
dazu verleitet haben, das Problem der Weiterleitung an die Schiffsführung der Titanic als nachrangig erscheinen zu lassen.
    Gegen 23.00
Uhr versuchte Evans, der alleinige Funker der Californian seinem
Kollegen auf der Titanic direkt eine aktuelle Eiswarnung zukommen zu
lassen, aber Phillips fuhr ihm dazwischen: »Sei still, ich bin beschäftigt, ich
bin in Verbindung mit Cape Race, du störst mich [hier wohl funktechnisch
gemeint, da die Signale der in der Nähe stehenden Californian unnatürlich
laut kamen]« – und unglücklicherweise tat Evans, wie ihm geheißen, und
schaltete bald darauf seine Station ab, denn seine Dienstzeit dauerte von 7.00
bis 23.00 Uhr.
    Was wollte Evans loswerden?
Seine Meldung lautete: »Wir liegen gestoppt und sind von Eis umgeben – Position
42°05’ N 50°07’ W.« Dort lag die Californian seit etwa 22.20 Uhr fest,
und ihr Kapitän war klug genug, die Weiterfahrt durch das ausgedehnte
Packeisfeld mit eingelagerten Eisbergen erst bei Tageslicht zu wagen. Und auf
dieses Eisfeld fuhr mit Höchstgeschwindigkeit der neue Luxusliner zu und hatte
bis zur Kollision noch etwa 40 Minuten Zeit! Wäre Evans unbeeindruckt von der –
vielleicht gar nicht so unhöflich gemeinten – Abfuhr seines Kollegen geblieben,
hätte er immerhin der Meldung – nach Rücksprache mit dem Kapitän – durch den
vorangestellten Zusatz MSM (Master Service Message) mehr Nachdruck verleihen
können, und Phillips hätte zuhören

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