TITANIC-WORLD
beigetragen, dass er sich jetzt ein klares Bild über den Geschäftsführer machen konnte. Es lag in Craigs Natur, Befehle zu erteilen und nicht sie zu empfangen. Damit würde sich ihre zukünftige Zusammenarbeit schwierig gestalten. Die Worte sorgfältig wählend, sagte er: „Ich möchte, dass Sie in Erwägung ziehen, die Cyber-Welten vorläufig zu schließen, Mr. Forrester. Ich sehe leider keinen anderen Weg, um den Vorgängen auf die Spur zu kommen. Die Spurensicherung, sowie unsere Leute vom technischen Labor können dann vor Ort die gesamten Räumlichkeiten, die komplette Ausrüstung und natürlich die ganze Technik – Computer, Software, einfach alles – sorgfältig unter die Lupe nehmen.“
Bevor Craig etwas erwidern konnte, schaltete sich Cecilia ein. Zuerst wandte sie sich an Parker und fragte rasch: „Wie ist es, Inspektor. Schieben Ihre Jungs von der Spurensuche auch mal eine Nachtschicht?“
„Ja, wenn die Situation es erfordert.“
Dann suchte sie Craigs Blick und sagte, um einen überzeugenden Tonfall bemüht: „Wenn die Polizei jetzt gleich mit ihrer Arbeit beginnen kann, dann wissen wir vielleicht morgen früh schon mehr. Aber selbst, wenn die Überprüfung zwei oder drei Tage dauert – es spielt keine Rolle. Über kurz oder lang, bekommen die Leute es doch mit der Angst zu tun. Insbesondere, wenn sich dass, was heute geschehen ist, wiederholt. Du wolltest ohnehin mit Lloyd und Nick an einer Verlautbarung arbeiten. Mit einer vorübergehenden Schließung der Cyber-Welten und einer Überprüfung dergesamten Anlage, reagieren wir nicht nur schnellst möglich, sondern wir beweisen Verantwortungsbewusstsein – und das ist es, was die Menschen hören wollen.“
Craig antwortete nicht direkt. Er leerte erst sein Glas, bevor er sagte: „Mir liegt sehr viel an einer raschen Aufklärung, denn mit der TITANIC-WORLD leite ich ein Unternehmen, das gewinnbringend sein soll. Ich werde Ihnen keine Steine in den Weg legen. Tun Sie, was Sie für richtig halten, Inspektor – aber ich erwarte Ergebnisse; und die möglichst schnell.“
Mit diesen Worten erhob er sich und verließ ohne Abschiedsgruß Cecilias Büro. Sergeant Hays stand gleichfalls auf. Er besprach sich kurz mit seinem Partner und ging. Im Hinausgehen hörte Cecilia, wie er bereits mit seinen Kollegen telefonierte. Sie sah Parker an. Aus seinen intelligenten grau-blauen Augen sprach Verständnis, doch sie widerstand dem Impuls, sich bei ihm für Craigs Verhalten zu entschuldigen. Craig war ein erwachsener Mann und für sein Tun selbst verantwortlich. Dass sie anders über diese ganze Angelegenheit dachte, wusste der Inspektor und so ließ sie die Sache auf sich beruhen.
Sie wollte Inspektor Parker gerade fragen, ob es noch etwas gäbe, was sie tun könnte, als ihr Telefon klingelte. Das Gespräch dauerte nicht lange und nach dem sie aufgelegt hatte, sagte sie an den Inspektor gewandt: „Das war Dr. Westwoods Assistentin. Sie hat mich gebeten Ihnen auszurichten, die Praxis auf dem D-Deck aufzusuchen – Ihre Zeugin wäre jetzt vernehmungsfähig.“
Parker erhob sich sofort. Doch dann zögerte er und stand einen Moment unschlüssig da. Schließlich sagte er: „Diese junge Frau scheint gesehen zu haben, was Mr. Simmons zugestoßen ist. Möchten Sie mich zu Dr. Westwood begleiten und hören, was sie zu sagen hat?“
Cecilia schüttelte leicht den Kopf. „Nein, das möchte ich nicht. – Aber ich tu’s trotzdem.“
Die Räumlichkeiten der Ersten Hilfe Station lagen vorne im Bug auf dem D-Deck; genau dort, wo sich einst auch die Praxisräume der TITANIC befunden hatten. Als Cecilia und Parker das Sprechzimmer betraten, erhob sich Dr. Westwood hinter seinem Schreibtisch. Er begrüßte sie in seiner ruhigen, freundlichen Art und bat beide Platz zu nehmen, bevor er in dem angrenzenden Behandlungszimmer verschwand. Sie konnten ihn reden hören; aufmunternde Worte, aus denen ärztliche Fürsorglichkeit sprach. Kurz darauf führte er eine junge Frau ins Zimmer. Nach dem er sie auf den letzten freien Stuhl gesetzt hatte, ging er zu einem Arzneischränkchen. Mit einiger Verwunderung sah Cecilia, dass er vier kleine Gläschen herausholte und sie mit einer bernsteinfarbenen Flüssigkeit aus einer großen Medizinflasche füllte. Lächelnd verteilte er die Gläser, wobei er augenzwinkernd sagte: „ Remy Martin – das beste Beruhigungsmittel, dass je erfunden wurde.“
Parker und Cecilia schmunzelten, aber die junge Frau blickte stumpf in ihr Glas.
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