TITANIC-WORLD
bekommen.“
Die TITANIC sank mit dem Bug voran und als sie wieder zum E-Deck hinab stiegen, standen sie knietief im Wasser. Diesmal rannten sie die Scotland Road entlang, wobei sie sich immer wieder umdrehten, um zu sehen wie schnell ihnen das Wasser folgte. Plötzlich blieb Carl so abrupt stehen, dass Jill gegen ihn prallte. „Was“, schrie sie atemlos, aber er hörte sie kaum, sondern zeigte triumphierend auf eine schmale Stiege, die nach oben führte. Carl ergriff ihren Arm und zog sie mit sich. Das schmale Messingschild For Crew only sahen sie nicht und es hätte sie in diesem Moment auch nicht interessiert. Hand in Hand flitzten sie die Stufen hoch. D-Deck, C-Deck – und dann standen sie wieder vor einer verschlossenen Türe. Ohne darüber nach zu denken, warf Carl sich dagegen. Die Türe gab nach, öffnete sich jedoch nicht. Er versuchte es noch einmal. Wieder bewegte sie sich ein bisschen. Mit aller Kraft, die er noch aufbringen konnte, warf er sich ein drittes Mal dagegen – und mit dem Knirschen von zersplitterndem Holz sprang die Tür endlich auf. Carl prallte gegen die gegenüberliegende Wand und schlug sich den Ellbogen an. Er schrie auf. Dann sah er Jill. Langsam, wie in Trance, stieg sie die letzten Stufen rückwärts nach oben. Er rieb sich seinen Arm und wollte gerade fragen, warum, zum Teufel, sie nicht schnellermachte – da schwappte bereits der Atlantik um seine Füße.
„Jill!“ Carl schrie eine Begleiterin an. „Jill! Los! Wir müssen hier weg!“
Als sie nicht reagierte, sondern fassungslos auf das immer höher steigende Wasser starrte, ergriff er wieder ihren Arm und zog sie mit sich. Seine Freude erneut einen Aufgang gefunden zu haben, verging schnell. Sie waren immer noch auf dem C-Deck und kein weiterer Aufgang in Sicht. Sie rannten hier hin und dort hin; aber die TITANIC war riesig und in ihrer Panik übersahen sie zweimal ein Schild, das auf ein weiteres Treppenhaus wies. Das Wasser rauschte mit unverminderter Macht und Carl spürte deutlich, wie der Boden unter ihren Füßen immer steiler wurde. Auf einmal blieb Jill mitten im Lauf stehen. Carl verlor den Halt und taumelte zwei Schritte rückwärts. Um ein Haar wäre er gestürzt, doch er konnte sich gerade noch an einem Türrahmen festhalten. Er hatte kaum Zeit sich von dem Schrecken zu erholen, als Jill schrie: „Da! Wir müssen da lang!“ Und dann sah er die Messingtafel, auf der stand: C-Deck – First Class Aft Staircase !
Sie brachen in lauten Jubel aus und umarmten sich. Dann liefen sie durch die Tür und standen im Treppenhaus der ersten Klasse. Sie liefen glücklich die Stufen hoch. BDeck, A-Deck – gleich geschafft! Nur noch ein Deck und wir sind in Sicherheit, dachte Jill überglücklich. Herrje, ist das schwer die Stufen hoch zu gehen. Ich hab‘ das Gefühl bei jedem Schritt nach hinten über zu kippen. Die TITANIC muss schon verdammt tief im Wasser liegen. Sie blickte auf und blieb jählings stehen. Vor ihr lag einsam und verlassen der letzte Treppenaufgang; doch wo war Carl? Sie wandte sich panisch um – und dass, was sie sah, ließ ihr das Blut in den Adern gefrieren.
Carl stand auf dem A-Deck, gleich vor dem Rauchsalon . Die Türen waren geöffnet und Jill sah einen einzelnen Mann am Kamin stehen, der ihr den Rücken zuwandte. Der Raum war in ein diffuses Licht getaucht und sie glaubte, die Schemen anderer Gestalten zu erkennen. Doch es waren nicht die Schatten, die ihre Aufmerksamkeit erregten. Es waren die beiden Gentlemen im Smoking, die Carl, wie einen Schraubstock umklammert hielten. Der Atlantik plätscherte munter die Stufen hoch, während Carl verzweifelt versuchte, sich zu befreien. Jill stand eine Sekunde fassungslos da. Dann packte sie die Wut! Sie hatten es mit Ach und Krach nach oben geschafft! Sollte ihre Rettung jetzt durch diese zwei Pinguine im Frack vereitelt werden? Vorsichtig, um ja nicht zu stürzen, ging sie die Treppe wieder hinunter. Mit weit aufgerissenen Augen sah sie, dass der Atlantik schon die letzten Stufen umspülte und Carl bereits bis zu den Oberschenkeln im Wasser stand. Sie musste sich beeilen. Gerade, als sie den ersten Fuß ins Wasser setzte, krängte die TITANIC mit einem markerschütternden Geräusch und dann herrschte nachtschwarze Finsternis.
Sonntag, 22. April 2012
Cecilia saß niedergeschlagen auf der Couch. Vor ihr stand ein goßer Becher Kaffee; der dritte an diesem Morgen und sie war gerade erst vor anderthalb Stunde aufgestanden. Sie hatte sich lange auf
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