TITANIC-WORLD
Nachforschungen auf Hinweise, die uns Schritt für Schritt der Aufklärung ein Stückchen näherbringen. Doch in diesem Fall verläuft jede Spur im Sand; Überwachungs-CD – Fehlanzeige, Software – gleichfalls Fehlanzeige. Dasselbe gilt für die Vorführräume, beziehungsweise das Equipment. Es gibt keinerlei Indizien, die darauf hindeuten, dass sich irgendjemand an den Sachen zu schaffen gemacht hat. – Und um dem ganzen die Krone aufzusetzen, haftet bis jetzt zumindest an keinem einzigen Ihrer Angestellten auch nur der Hauch eines Verdachtes. Es ist wie verhext!“ Der letzte Satz klang wie ein fernes Echo in Cecilias Ohren. Damals, am 7. April, als sie den Medien die TITANIC-WORLD exklusiv zu präsentieren gedachten, hatte Craig den gleichen Wortlaut benutzt; in Ermangelung einer besseren Erklärung, warum Heizungsanlage und Cyber-Welten nicht funktionierten. Einen Augenblick lang fühlte sie sich versucht, all ihre Bedenken über Bord zu werfen und Inspektor Parker über ihre Entdeckung und ihren Verdacht zu informieren. Aber irgendetwas hielt sie zurück. Vielleicht, weil es ihr selber so schwer fiel, sich einer Wahrheit zu stellen, deren Akzeptanz sich ihr Gehirn konsequent entzog.
Auch Jonathan Parker sprach längere Zeit kein Wort mehr und saß in Gedanken versunken da. Während seiner gesamten Laufbahn bei der Polizei war ihm nicht ein einziger, ähnlicher Fall begegnet. Das perfekte Verbrechen gibt es nicht, dass war sein Motto. Zwar gab es Täter, die sich schlauer als die Polizei wähnten und mit äußerstem Geschick zu Werke gingen. Aber – und das war bis jetzt immer der Fall gewesen – sorgte gerade diese Sicherheit, in der sie sich wiegten dafür, dass sie über kurz oder lang einen entscheidenden Fehler machten, der dann auch letztendlich zu ihrer Ergreifung führte. Bei den Vorkommnissen in der TITANIC-WORLD hegte er im Moment jedoch stumme Zweifel daran. Nichts passte zusammen, nichts ergab einen Sinn. Außer, dass alle Vorfälle nur dem einen Zweck zu dienen schienen, die Besucher in Angst und Schrecken zu versetzen. Es gab kein Muster; alle Zwischenfälle ereigneten sich willkürlich. Was ihn bei allem aber am meisten verwunderte, war die Tatsache, dass seine Kollegen von der Spurensicherung genauso im Dunklen tappten, wie er selbst. Innerlich seufzte Parker in ehrlicher Verzweiflungauf und fragte sich, welche Auswirkungen es wohl auf seine Karriere haben würde, wenn sich der nächste Vorfall ereignen sollte, bevor er ein wenig mehr als Nichts in der Hand hatte.
Und da stürmte Claire, ohne anzuklopfen, in Cecilias Büro. Nur zwei Minuten später standen die Geschäftsführerin der TITANIC-WORLD und Inspektor Parker völlig außer Atem in Salonsuite A-36 . Fassungslos blickten sie auf die Leiche von Emily Pearson.
Kein Alptraum konnte so schrecklich sein, wie dieser Tag. Nach dem Emily Pearsons Leichnam zur gerichtsmedizinischen Untersuchung abtransportiert worden war und die Spurensicherung ihre Arbeit in A-36 aufgenommen hatte, stand Cecilia erschüttert in der Überwachungszentrale von 2ProtectU-Security.
In der vergangenen Stunde hatten sie, Claire und Craig alles getan, um die Gemüter der Besucher zu beruhigen, die Zeuge geworden waren, als der junge Schauspieler, der Thomas Andrews verkörperte, die Tote fand. Obwohl Doktor Westwood – der umgehend gerufen worden war – einen Herzinfarkt als wahrscheinlichste Todesursache diagnostiziert hatte, wollte Parker kein Risiko eingehen. Der gesamte Bereich des hinteren Treppenhauses, dort wo sich die Salonsuite befand, war von der Polizei abgeriegelt worden. Auf Parkers Bitte hin, ließ Craig den Rauchsalon und das angrenzende Veranda Café räumen und stellte dem Inspektor die Räumlichkeiten für die Befragung zur Verfügung. Danach hatte er sich kurz mit Cecilia unterhalten. Seine Erschütterung war ihm anzumerken, aber in seinem Tonfall schwang eine gewisse Ungehaltenheit mit, als er sagte: „So langsam aber sicher glaube ich, dass irgendjemand einen Fluch über unsere Erlebniswelt verhängt hat. Zu Tode erschrockene Besucher in den Cyber-Welten, eine Frau der Salzwasser serviert wurde, ein Verletzter und eine Leiche – tolle Bilanz nach knapp drei Wochen. Ich werde Lloyd fragen, ob wir das nicht werbewirksam nutzen können, haha.“
Cecilia stimmte in sein Katastrophenlachen nicht ein. Sie fühlte sich so elend und konnte nur mühsam ihre Tränen unterdrücken. Wie durch Watte vernahm sie seine nächsten Worte. „Ich werde
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