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TITANIC-WORLD

TITANIC-WORLD

Titel: TITANIC-WORLD Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sigrid Aust-Jones
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hinter der Rezeption gestanden und sich, wieüblich erkundigt, ob es etwas Neues gäbe. Aus einem Gefühl heraus hatte sie ihn um Rat gefragt, allerdings ohne ihre Geistertheorie zu erwähnen. Denn Trevor – ein Mann, der mit beiden Beinen felsenfest auf der Erde stand – fand den ganzen Rummel über eine angebliche Gespensterheimsuchung ausgemachten Blödsinn. Also hatte Cecilia ihm lediglich gesagt, dass sie eventuell auf eine Spur gestoßen sei, die vielleicht Licht in die Angelegenheit bringen könnte. Trevor hatte aufmerksam zugehört und ihr am Ende beigestimmt. Außerdem hatte er zu bedenken gegeben, dass Craig, als Geschäftsführer, ein Recht hatte, vorab informiert zu werden. Wenn sie – ohne seine Zustimmung – mit dem Inspektor über ihren Verdacht sprechen würde, wäre die Hölle los. Trotzdem sah Cecilia dem Gespräch alles andere als froh entgegen. Was würde passieren, wenn sie scheiterte?
    Als der Aufzug endlich kam und sie nach oben fuhr, spürte Cecilia einen unangenehmen Druck in der Magengegend. Sie war nervös. Als ihr dann auch noch der erwartungsfrohe Tonfall einfiel, mit dem sich Craig am Nachmittag von ihr verabschiedet hatte, wuchs ihre Anspannung. Sie konnte nur inständig hoffen und beten, dass er sich keinen falschen Illusionen hingegeben hatte und glaubte, sie käme zu ihm, um in seine Arme zu sinken. Die Lifttüren öffneten sich geräuschlos und Cecilia stieg aus. Einen Moment stand sie in sich gekehrt da. Dann ging sie mit entschlossenen Schritten auf die Penthouse-Suite zu und klingelte.
    Nach einer zurückhaltenden Begrüßung, die Cecilia vage an ihre erste Zeit mit Craig erinnerte, stand sie nun auf der Terrasse und starrte in die Abenddämmerung. Ein weiterer wunderschöner Frühlingstag ging zu Ende und in der hereinbrechenden Dunkelheit leuchteten die bunten Lichter der TITANIC WORLD hell auf. Sie blickte sinnend auf den Nachbau des Schiffes, das zum Synonym für Katastrophen geworden war. Wie auf ein Stichwort hin, musste sie plötzlich an den jüngsten Vorfall denken, der die Mitglieder des Securityteams so erschreckt hatte. Die erschütternde Szene, die auf den Monitoren zu gesehen gewesen war, ließ Cecilia nicht los. Auch wenn sie niemals einen Beweis für ihre Theorie in den Händen halten sollte, so war sie sich doch sicher, das Artie und Sammy Zeugen der letzten Minuten im Leben der zwanzigjährigen Stella Sage und ihren vier jüngsten Geschwistern geworden waren. Die Familie Sage – Eltern und neun Kinder im Alter von zwanzig bis vier Jahren – kam aus Peterborough, England. Wie die meisten ihrer Mitreisenden in der dritten Klasse, so hatten auch die Sages die Brücken in der alten Welt abgebrochen, um in Amerika einen Neuanfang zu wagen. In Jacksonville, Florida, hatten John George und Annie Sage eine Zitrusplantage erworben. Als selbstständige Obstbauern erhofften sie sich bessere Lebensbedingungen und träumten von bescheidenem Wohlstand.
    In ihrer Laufbahn als Titanic-Historikerin hatte sich Cecilia schon häufig mit der Frage beschäftigt, warum gerade jene Zwischendeckpassagiere – die wie die Sages einen Bestimmungsort und ein Ziel vor Augen hatten – nicht mit mehr Vehemenz versucht hatten, ihrem Schicksal auf dem sinkenden Schiff zu entgegehen. Die von Artie und Sammy beobachtete Sequenz auf den Überwachungsmonitoren, bot ihr zumindest eine mögliche Teilantwort.
    Wie es zu Anfang des vorigen Jahrhunderts üblich war, wurden alleinreisende Männer in der dritten Klasse weit entfernt von weiblichen Mitreisenden und Familien untergebracht. Obwohl die drei ältesten Söhne der Familie Sage – George , 19, Douglas , 18 und der sechzehnjährige Frederick – de facto mit ihren Eltern und Geschwistern reisten, ist doch anzunehmen, dass sie, gleich den anderen, nicht verheirateten Männern, im Bug der TITANIC einquartiert waren. Der Rest der Familie bewohnte vermutlich zwei Kabinen im Heck – eine ganze Schiffslänge von ihnen entfernt. Als die TITANIC mit dem Eisberg kollidierte, herrschte im Zwischendeck bereits Nachtruhe, da das Licht um zweiundzwanzig Uhr einfach abgeschaltet wurde. Der Zusammenstoss mit dem Eisberg – der auf den oberen Decks kaum wahrgenommen worden war – muss tief unten im Bauch des Schiffes wie Donnergrollen geklungen und die meisten Passagiere der dritten Klasse unsanft aus dem Schlaf gerissen haben. Schon nach etwa einer Stunde gab es hier kaum noch jemanden, der nicht wusste, dass das Schiff ernsthaft beschädigt worden

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