TITANIC-WORLD
was mir heilig ist, dass es sich genauso zugetragen hat. Jeder einzelne meiner Jungs stand mehr oder minder unter Schock, das konnte ich deutlich sehen. Doch die Intensität, mit der sie das Erlebte dann schilderten, ließ erst gar keinen Zweifel aufkommen. – Ich sag’s dir äußerst ungern, Cil. Aber das, was in der vergangenen Nacht geschehen ist, wurde keinesfalls von Menschen aus Fleisch und Blut inszeniert!“
Nach diesem bedeutungsvollen Schlusssatz schwieg Cecilia lange. Sie empfand es einerseits als tröstlich, das Joe ihre Überlegungen der letzten Tage in einem anderen Licht erscheinen ließ. Denn seit dem vergangenen Sonntag hatte sie mehrfach an ihrem Geisteszustand gezweifelt, weil es ihr nicht gelungen war – trotz der Beweise , die sie gefunden zu haben glaubte – sich selber wirklich davon zu überzeugen, das in der TITANIC-WORLD übersinnliche Kräfte am Werk waren. Jetzt saß Joe hier und festigte ihren Glauben daran, dass es Dinge zwischen Himmel und Erde gab, die der menschliche Verstand nicht zu erklären vermochte. Andererseits wurde diese Erkenntnis nun zu einer noch quälenderen Last; denn wie, zum Teufel, wird man Geister wieder los?
Joe unterbrach Cecilias Gedanken. Er beugte sich vor und nahm ihre Hände in die seinen und sagte: „Es tut mir Leid, dass ich dir mit der Geschichte noch mehr Sorgen aufgehalst habe. Du hast, weiß Gott, genug um die Ohren. Aber ich konnte dir dieseSache auch nicht verheimlichen, denn irgendetwas muss geschehen, Cil. So kann es nicht weiter gehen.“
„Ich weiß!“ Sie sah Joe hilflos an. „Ich weiß!“ Sie holte tief Luft und sprach weiter:
„Fest steht, dass ich dir und deinen Jungs glaube. Hier sind in letzter Zeit so viele mysteriöse Zwischenfälle geschehen, dass das, was in der vergangenen Nacht passiert ist, nur allzugut ins Schema passt.“
Das stimmte. Alle Vorfälle, die sich seit der Eröffnung ereignet hatten, besaßen eine Besonderheit – keiner war rational zu erklären, geschweige denn zu beweisen!
„Was wirst du jetzt tun? Wirst du Craig informieren? Oder die Polizei?“ Joe blickte die Geschäftsführerin der TITANIC-WORLD fragend an. Cecilia dachte einen Moment nach. Joe hatte ihr die Pistole auf die Brust gesetzt und sie fühlte sich ein bisschen überrumpelt. Gleichzeitig musste sie aber zugeben, dass sie ihr Bedürfnis zu handeln, seit Sonntag vor sich herschob. Selbst heute Morgen – nach dem sie in der Nacht den felsenfesten Entschluss gefasst hatte, Inspektor Parker anzurufen – war nichts passiert. Sie hatte das Telefon angestarrt, mehr nicht. Hätte Joe nicht den Mut aufgebracht, ihr die Sache zu erzählen, dann würde sie wahrscheinlich immer noch da sitzen und eine Ausrede nach der Anderen suchen, warum sie die Polizei nicht anrufen konnte. Joe hatte Recht – sie musste handeln und zwar schnell.
Freitag, 27. April 2012
Es war bereits kurz nach neun Uhr Abends, als Cecilia die Empfangshalle des South Western House betrat. Normalerweise hielt sie jedesmal einen Moment inne, um die Großartigkeit des alten Foyers auf sich wirken zu lassen. Auch wenn die Rezeption und die Sitzecken – die es zu Zeiten, als es noch das South Western Hotel gewesen war, gegeben hatte – heutzutage nicht mehr existierten, erinnerten doch die Weite der Halle, die Säulen und die hohe stuckverzierte Decke an die Noblesse längst vergangener Tage. Heute Abend jedoch hatte Cecilia keinen Blick für die immerwährende Imposanz der Empfangshalle übrig. Nach ihrem Gespräch mit Joe hatte sie sofort Craig angerufen und ihn um eine private Unterredung gebeten. Es hatte sie nicht sonderlich überrascht, dass seine Einwilligung zu diesem Treffen eher zögerlich gekommen war. Relativ gleichgültig hatte er das Ranchos vorgeschlagen. Ein gutes Steakhouse in der Nähe der Docks, auf der Bernard Street , wo sie schon des Öfteren zusammen zu Abend gegessen hatten. Doch Cecilia, die keinesfalls wollte, dass ihr Gespräch überhört werden konnte, hatte zu Craigs größtem Erstaunen abgelehnt und darauf bestanden zu ihm zu kommen. Da er von dieser Idee alles andere als angetan schien, hatte sie ihre gesamten Überredungskünste aufbringen müssen, um ihn umzustimmen.
Jetzt wartete sie, tief in Gedanken versunken, auf den Fahrstuhl. Sie hatte die einzig richtige Entscheidung getroffen. Dass zumindest glaubte Cecilia und ihr alter Freund Trevor hatte ihr zugestimmt. Als sie am vergangenen Abend niedergeschlagen nach Hause gekommen war, hatte Trevor
Weitere Kostenlose Bücher