TITANIC-WORLD

Damit war für ihn die Sache endgültig abgehakt. Die paranormalen Aktivitäten hatten sich als harmlos geoutet und so waren sie eine hervorragende – und obendrein kostenlose – Werbecampagne. Lloyd schien der gleichen Meinung zu sein, denn er hatte heute Nachmittag lautstark durch die Büros gebrüllt: „Ich liebe, liebe, liebe diesen Geist! Die Welt rennt uns förmlich die Bude ein und schreit nach Tickets – wir sind bis Ostern 2013 komplett ausgebucht! Champagner für alle!“
    Dem Ruf hatte er zur Überraschung aller die Tat folgen lassen und Cecilia kam nicht umhin zu denken, dass jeder, der bis Mittwoch noch ein mulmiges Gefühl gehabt hatte, nun plötzlich diesen Geist als neuen Kollegen betrachtete. Selbst Craig – der bis vor kurzem noch jeden am liebsten gevierteilt hätte, der es auch nur wagte anzudeuten, dass es sich vielleicht, möglicherweise, eventuell, um übersinnliche Begebenheiten handeln könnte – tat jetzt so, als wäre alles in bester Ordnung. Insgeheim musste sie sich aber selbst die Schuld an der momentanen Gespenster-Euphorie geben, denn sie hatte ja vorgeschlagen, dass die Kids ihre Story der Zeitung erzählen sollten. Dabei war es ihr in der Hauptsache aber darum gegangen, den beiden Mädchen und Jungs eine Möglichkeit aufzuzeigen, das Erlebte zu verarbeiten. Ihr Erlebnis der breiten Öffentlichkeit erzählen zu können, würde ihnen bei der Bewältigung helfen; darin hatte ihr auch Doktor Westwood zugestimmt. Es sei ein gutes Ventil, hatte er gesagt, aber das Wichtigste wäre, dass ihnen durch ein Interview mit einer Zeitung die Angst genommen würde, für verrückt gehalten zu werden. Man schenkte ihnen Glauben und dass war für die Jugendlichen momentan alles, was zählt. „Du trinkst ja gar nichts“, riss Craigs Stimme sie aus den Gedanken. „Guck mal, mein Pint ist schon fast leer.“
    Er hatte gute Laune, dass konnte sie deutlich hören. Sie zündete sich eine Zigarette an, trank einen Schluck und sagte ernsthaft: „Ich habe lange mit Dr. Kirby gesprochen – du erinnerst dich, der Physiker von Scotland Yard ? – weil ich noch einmal eine fachliche Meinung zu unserem Geist haben wollte. Er betonte zwar, dass er ohne eine Untersuchung nur wenig Sicheres sagen könnte, aber dennoch meinte er, wir dürfen diese Phänomene nicht auf die leichte Schulter nehmen.“
    „Klar, was soll er denn sonst sagen“, unterbrach Craig sie verächtlich. „Der will doch nur unsere schöne Erlebniswelt auseinander nehmen. Wann wird dem schon so ’ne Chance geboten? Die paar ömmeligen Spukhäuser, die der bislang mal unter die Lupe nehmen durfte, sind doch nix im Vergleich zur TITANIC-WORLD ! Ich meine …“
    „Du bist schlecht informiert“, fiel ihm Cecilia ins Wort. „Ich würde den Tower of London , die Houses of Parliament und das Schloss Hampton Court kaum als ömmelig bezeichnen.“
    „Liebste Cissy! Von mir aus könnte er selbst das Bett der Queen nach Dingens-Aktivitäten untersucht haben … Trotzdem bleibe ich bei meiner Meinung, dass die TITANIC-WORLD so ziemlich das attraktivste Spukhaus der Welt ist und allein aus dem Grund will er bei uns ‘rum forschen.“
    „Weißt du, was ich glaube? Dr. Kirby hat einfach ein bisschen mehr Erfahrung mit übernatürlichen Begebenheiten und wir sollten ihn ernst nehmen.“ Sie trank erneut einen Schluck Bier. In einem Ton der schlecht ihre Ungehaltenheit verbarg, sprach sie weiter: „Dr. Kirby hat mir erklärt, dass es sich bei unserem Psi um ein äußerst seltenes Phänomen handelt. Normalerweise sind nämlich nur gewisse Bereiche oder Räume spukintensiv ; nicht gleich das ganze Haus. In der TITANIC-WORLD aber, scheint Psi an keine Räumlichkeiten gebunden zu sein und obendrein taucht es nicht nur an historischen Plätzen auf. Die Cyber-Welten hat’s auf der echten TITANIC ja nicht gegeben! Auffällig fand er auch, dass unser Psi mit den unterschiedlichsten Erscheinungsformen aufwartet – durch Geruch, Geräusche und sichtbare Gestalten. Einen Apport hatten wir auch schon – das gesamte Gedeck war nach der Salzwasser- Attacke verschwunden. Am bemerkenswertesten fand Dr. Kirby aber die Tatsache, dass die TITANIC-WORLD nur ein original getreuer Nachbau des legendären Luxusliners ist – woher, bitte schön, kommt Psi?“
    Für einen Moment starrte Craig sie sprachlos an. Er wollte gerade zu einer Erwiderung ansetzen, aber Cecilia ließ in nicht zu Wort kommen. Sie war jetzt in Fahrt und fuhr aufgeregt fort: „Siehste! Darauf