TITANIC-WORLD
wolle die verschlossene Türe verhindern, dass jemand nach einhundert Jahren einen Blick in den dahinter liegenden Raum warf. Mit einem Schaudern richtete sie den Blick wieder auf ihre Freundin und fragte flehentlich: „Was ist passiert, Gina? Jetzt sag‘ schon was! Bitte! Hat dich da drinnen jemand belästigt?“
Ein ruckartiges Kopfschütteln beantwortete die Frage. Ginas Hand krallte sich fester um Philomenas Handgelenk und sie flüsterte mit Grauen in der Stimme: „Da war eine Stewardess. Aber sie war … unheimlich … ihre Bewegungen waren so … so steif. Kein einziger Laut ging von ihr aus und es roch nach Meer und Eis. Die ganze Atmosphäre wirkte plötzlich so kalt, so … feindselig. – Dann sah ich ihr Gesicht … es war das Antlitz des Todes!“
„Gina“, rief Philomena erschrocken aus. Sie ergriff einen Arm ihrer Freundin und zogsie ein paar Stufen hinauf. „Gina! Was redest du? Es gibt keine Geister! Das hast du eben noch gesagt!“
Langsam kullerten zwei Tränen über Ginas Gesicht und schluchzend erwiderte sie: „Ich weiß nicht, was da drinnen passiert ist. Aber diese Frau war tot !“
Cecilia stand im Eingangsbereich der ersten Klasse auf dem C-Deck und sprach mit dem Zahlmeister. Es war kurz vor halb sechs und nur wenige Besucher verließen die Erlebniswelt über die Gangways. Es waren hauptsächlich Familien mit Kleinkindern oder ältere Leute, die den Ausgang der TITANIC-WORLD benutzten. Von daher fielen ihr die beiden jungen Mädchen sofort auf. Mit leichenblassen Gesichtern hetzten sie zielstrebig auf den Ausgang zu. Cecilia ging ihnen einen Schritt entgegen und fragte besorgt: „Ist alles in Ordnung mit euch?“
Das eine, etwas pummelige Mädchen starrte sie einen Moment verwirrt an. Dann stammelte es: „ Si, si, signora. Bene, bene . Alles gut. Sie, mein Freundin hat getrunken türkisches Mokka und sein jetzt schlecht. Mussen gehen an Luft, um zu schnappen.“ Mit diesen Worten setzten sie sich wieder in Bewegung und verließen eilends die Erlebniswelt.
Cecilia starrte ihnen stirnrunzelnd nach und fragte innerlich aufseufzend, ob sich jetzt auch noch der türkische Mokka, als ein weiteres Haar in der Suppe entpuppen würde. Eiskalte Räumlichkeiten, Cyber-Welten, die nur zu funktionieren schienen, wenn es ihnen passte, türkischer Mokka der Überkeit hervorrief – was kam wohl als Nächstes? Sie seufzte leise auf. Als sie eine Bewegung hinter sich spürte, wandte sie den Kopf. Es war der Zahlmeister, der den beiden Mädchen ebenfalls hinterher gesehen hatte und jetzt kopfschüttelnd bemerkte: „Hab‘ noch nie gehört, dass einem von ’ner Tasse Mokka schlecht wird.“ Er zuckte mit den Schultern und fügte hinzu: „Die zwei sahen eher so aus, als wäre ihnen ein Gespenst über den Weg gelaufen.“
Craig räkelte sich gemütlich auf der Couch in Cecilias Appartment. Er fühlte sich gut. Dass die Polizei sofort ihre Ermittlungen aufgenommen hatte, bestärkte ihn in seinem Glauben, die richtige Entscheidung getroffen zu haben, um dem Spuk bei den Cyber-Adventures ein baldiges Ende bereiten zu können. Er erinnerte sich des Telefonates, dass er am Samstagmittag mit seinem Onkel geführt hatte. Nathan, der die Aktivitäten von 1.503 lost souls via Internet mit Argusaugen verfolgte, hatte seinen Neffen zu seinem Entschluss nicht nur zugestimmt, sondern ihm auch Rückendeckung zugesichert. ’Ich werde mit Henry sprechen, damit er gleich den richtigen Ton bei diesem Commissioner anschlägt‘, hatte Nathan versprochen. ‘Falls das zu keinem zufriedenstellenden Ergebnis führt, werde ich mich persönlich um die Sache kümmern, mein Junge‘ und Craig wusste, dass die Angelegenheit damit so gut wie erledigt war. Er trank einen Schluck Bourbon. Als er das Glas wieder auf den Tisch stellte, fiel sein Blick auf Cecilias Bericht für die Mai-Ausgabe des TITANICWORLD- BULLETIN . Er nahm die Seiten auf und begann zu lesen.
Von Kristallkugel-Deutern und Kaffeesatz-Lesern
Die Filmreihe Final Destination führt es dem Kinobesucher unserer Tage vor Augen: Es gibt sie doch, die Voraussehung einer Katastrophe!
Im Jahr 1912 rankten sich, auch ohne phantasieanregende Filmproduktionen, bereits während des Baus der TITANIC, viele düstere Prophezeihungen um das Schiff. So sahen die irischen Werftarbeiter – allesamt gläubige Katholiken – in der Baunummer 390904 ein böses Omen. Denn schrieb man diese Nummer hastig von Hand und las sie spiegelverkehrt, so erschien die Botschaft ’No
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