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Titanus

Titanus

Titel: Titanus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eberhardt del'Antonio
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dieser Reise wie der Punkt zu einem Satz!
    In der Leitungsbesprechung, die Nasarow sofort nach dem Übergang zur normalen Beschleunigung einberief, gab es darüber keine Diskussion.
    »Ziel: Titanus zwei!« Das war die einstimmige Meinung.
    Mit Spannung sahen die Männer dem zweiten Punkt der Tagesordnung entgegen. Staffords Umgang mit den Titanen, der Versuch, Jansens Rakete zu starten, das hatte nun an Bedeutung gewonnen. Wollte er mit den Verbrechern paktieren, ihnen die Rakete in die Hand spielen und in ihrem Auftrag die Menschen schädigen?
    Stafford spürte das Mißtrauen, obwohl bisher niemand eine Bemerkung gemacht hatte.
    Romain war hellwach. Staffords Gesicht dagegen war müde und traurig, und doch glaubte Romain eine gewisse Entschlossenheit darin zu lesen. Es schien ihm, als trüge Stafford eine Last, mit der er allein nicht fertig würde.
    »Ich schlage vor«, sagte Romain, »wir lassen Kollegen Stafford selbst berichten. Sollte es nötig sein, kann Genosse Canterville später gehört werden.«
    Die Genossen stimmten zu.
    »Gestatten Sie mir, etwas weiter auszuholen«, begann Stafford unsicher. Doch bald gewann seine Stimme an Festigkeit. Seine schlichte Art überzeugte die Zuhörer davon, daß er die Wahrheit sprach. Die gespannte Aufmerksamkeit war wie ein trockner Schwamm, der gierig jeden Tropfen aufsaugt.
    De Varenne, der als Berichterstatter das Tonbandgerät bediente, vergaß das laufende Band. Ungläubig blickte er Romain an, als Stafford in großen Zügen seine Jugend erzählte. Doch der Gruppensekretär nickte vor sich hin – also mußte es wahr sein.
    Tagsüber hatte Stafford studiert und nachts gearbeitet, um das Studium zu bezahlen. Bezahlen – unfaßbar!
    »Als mein Vater starb, mußte ich die Universität verlassen. Meine Mutter war krank, und die Geschwister wollten essen und brauchten Kleidung. Die Miete mußte bezahlt werden. Ich war glücklich, als ich einen Job bekam. Trotzdem war es nicht leicht, denn die Krankheit meiner Mutter verschlang viel Geld.«
    Ob Stafford in der Erinnerung nicht unbewußt übertrieb? Kranke mußten die Kosten für ihre Heilung selbst bezahlen?
    De Varenne verstand auch nicht, daß jemand Angst hatte, arbeitslos zu werden. Maschinenautomaten hatte er bisher nur als Mittel angesehen, die Arbeit zu erleichtern und die Arbeitszeit zu verkürzen – nicht, um die Arbeiter zu entlassen.
    Das war alles anders, wenn man es nacherlebte, als wenn ein Dozent davon als von etwas Vergangenem sprach. Wenn er ehrlich war, bis zur letzten Konsequenz hatte er die ökonomischen Vorlesungen auf der Hochschule nie durchdacht – es gab ja so viele Probleme beim Aufbau der eigenen Gesellschaft zu lösen, daß er sich wenig Gedanken über die andere Gesellschaftsordnung gemacht hatte. Aber eines erkannte er jetzt – richtig war das nicht gewesen.
    »Ich leistete mehr als die andern, wollte unter allen Umständen angenehm auffallen, damit ich nicht entlassen wurde, wenn wieder einmal Schwierigkeiten auftraten. Ich wollte weiterkommen. Als ich es bis zur Aufsicht am Fließband gebracht hatte, ließ mich eines Tages der Direktor kommen. Mein Ehrgeiz war ihm aufgefallen – und meine Härte gegenüber den Kollegen. Er eröffnete mir, daß ich auf Kosten des Werkes mein Studium beenden und darüber hinaus eine Unterstützung für meine Familie bekommen könnte. Ich müßte mich nur verpflichten, nach Abschluß des Studiums im Werk zu bleiben und die Arbeit zu übernehmen, die mir zugewiesen würde.
    Was gab es da zu überlegen! Eine schlechtere Arbeit, als ich sie hatte, würde ich als Diplomingenieur und Kernphysiker nie bekommen! Ich konnte also nur gewinnen, unermeßlich gewinnen. – Daß ich verlieren mußte, habe ich erst hier in der Kosmos erkannt.«
    Stafford schwieg und fuhr sich über die Stirn. Er zögerte. Es fiel ihm schwer. Doch er ermannte sich.
    »Nach dem Studium kam ich in ein Institut für Kernphysik. Als man dort mit mir zufrieden war, wurde ich nach Australien versetzt in ein unterirdisches Werk. Dort wurden…« Er sah zu Boden. »Dort wurden Atombomben hergestellt«, sagte er tonlos.
    Den Männern verschlug es für einen Augenblick die Sprache.
    »Trotz der Ächtung?«
    »Trotz der Verträge?«
    Von allen Seiten des langen Tisches kamen Zwischenrufe.
    Stafford schwieg verwirrt. Romain erhob sich.
    »Bitte, Genossen, haltet Disziplin«, sagte er ruhig. Er wartete, bis wieder Stille herrschte, und wandte sich dann an Stafford. »Bitte fahren Sie

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