Titanus
aufwiesen. Es gab keinen Schornstein, keine Hochspannungsleitung, kein Gleisgewirr. Es gab nicht einmal gepflasterte Fabrikhöfe. Zwischen den Hallen – gläserne Wände, gläserne Dächer, reckten mächtige Bäume ihre weitausladenden Palmenfächer und gaben der Anlage das Aussehen einer Gewächshauskolonie. Lediglich ein dumpfes Brausen verriet tausendfältige Bewegung in den Hallen.
Nach der Begrüßung des Bedienungspersonals bestiegen die Besucher einige Fahrzeuge und fuhren zu einem Gebäude im Zentrum der Anlage. Von hier liefen nach allen Seiten schmale Fahrbahnen auseinander.
In dem hohen Gebäude befand sich das Herz des Betriebes, die elektronische Steuerzentrale. Von hier aus überwachte ein riesiges Elektronenhirn den gesamten Produktionsprozeß des Industriegiganten. Die Titanen griffen nur dann ein, wenn eine Ultraschallhupe um Hilfe rief, weil irgendwo eine mechanische Störung den Produktionsfluß unterbrach oder eine Abweichung vom Produktionsprogramm bewirkte, die das Elektronenhirn selbst nicht ausgleichen konnte.
Dann blickten die Titanen auf den leuchtenden Werkplan, wo die Art der Störung und der Störungsort bezeichnet wurden, bestiegen eins der vor dem Hause parkenden Fahrzeuge und drückten dessen Bereitschaftstaste. Das Elektronenhirn schaltete die richtige Fahrstraße ein und setzte das Fahrzeug in Bewegung. Unterirdische Kabel, die auch die Steuerung übernahmen, strahlten dem Elektromotor des Fahrzeugs die Antriebsenergie zu. Das erklärte ihnen der Leiter des Werkes, ein älterer Titan.
»Was produzieren Sie hier?« fragte Romain.
»Verzeiht, daß wir das vergaßen! Es ist uns so geläufig, jedes Kind weiß es, daß wir gar nicht darauf kamen, daß ihr es natürlich nicht wissen könnt. Es ist unser Kohle-Kalk-Kombinat. Hier wird fast alles hergestellt, was sich aus diesen zwei Stoffen gewinnen läßt: Kunststoffe, Textilien, Farbstoffe, Medikamente, Kunstkautschuk, Nahrungsmittel, Düngemittel, Halbfabrikate…« ,
»Aber woher kommen die Rohstoffe?« fragte Stafford. Er wartete gespannt auf die Antwort. Welche Mengen mußten bewegt werden – und nirgends Bahnen!
»Nicht weit von hier werden Vorkommen erschlossen. Unterirdische Förderanlagen besorgen den Transport und schaffen die Fertigprodukte weg. Eine vollautomatische Versorgungszentrale verteilt die fertigen Erzeugnisse elektronisch auf die Städte. Diese beliefern dann die kleinen Orte. Die Zentrale registriert, was die Städte anfordern, und regelt den Umfang der Produktion entsprechend dem Bedarf. Die Werke werden also automatisch von der Verteilungszentrale aus gesteuert. Jede Fertigungsstraße kann sechs verschiedene Artikel herstellen; die Zentrale hat die Auswahl und kann die Straßen auf den Artikel umstellen, der gerade benötigt wird.«
Romain war derart versunken, daß er nicht bemerkte, wie sich ein Insekt auf seine Wange setzte. Erst als es ihn stach, zuckte er zusammen und griff in sein Gesicht. Die Männer wurden aufmerksam.
Kisi betrachtete das Insekt, das auf Romains Hand lag. »Ihnen ist ein seltener Fang gelungen! Dieses Insekt, das wir Bretse nennen, gibt es nur noch in wenigen Exemplaren, seitdem wir aus hygienischen Gründen einen Ausrottungsfeldzug geführt haben.«
Abends verließen die Männer müde das Werk. Die Vielzahl der Eindrücke hatte sie überwältigt. Und trotz der Filme, die sie gedreht hatten, fürchteten sie, Wesentliches übersehen zu haben.
Nach einem kurzen Flug landeten sie in der Nähe einer Stadt, deren Lichter weithin zu sehen waren.
Ursu, ein titanisches Mädchen, das sie begleitete, brachte die Männer zu ihrem Quartier, das am Stadtrand lag. Ursu war noch jünger als Kisi und verbreitete eine Atmosphäre des Frohsinns um sich. Sie war ebenso lustig wie Kisi, und wenn sie ins Mikrofon lachte, dann steckte sie die Männer unwiderstehlich an, obwohl der Sprachwandler ihre Laute tonverändert wiedergab. Mehr noch bestach die Männer jedoch ihre ungezwungene Anmut.
So wurde die Fahrt vom Flugplatz zum Quartier ein fröhlicher Abschluß des anstrengenden Tages.
Im Quartier, einem kleineren Kuppelbau, wartete eine neue Überraschung auf die Männer. Die Zimmer waren mit irdischen Einrichtungsgegenständen ausgestattet.
Alle waren sprachlos. Ursu lachte über die verdutzten Gesichter und strich sich mit einer schnellen Bewegung eine Locke aus der Stirn.
»Wie ist das möglich, Genossin Ursu?« fragte Romain. »Ihr konntet doch in der kurzen Zeit seit unserer Ankunft nicht
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