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Hinrichtung verhindern konnte, es aber nicht für gut befunden hat, es zu tun.« – »Doktor, die Königin hat den Verurteilten ihre Gnade anbieten lassen, sie haben jedoch diese zurückgewiesen.« – »Ja,ich habe so etwas erzählen hören; das geht mich jedoch nichts an, denn ich bin hier weiter nichts als Arzt. Die Hinrichtung hat gestern um vier Uhr stattgefunden und gestern um vier Uhr ist die Königin krank geworden.« – »Wer hat Ihnen denn das gesagt?« – »Sir William Hamilton: Sie sehen, daß ich für keinen Zauberer gelten will, er hätte mir es aber gar nicht zu sagen brauchen, denn diese Nacht, als ich hier war, zuckte die Königin, als sie die Uhr die dritte Stunde schlagen hörte, zusammen und rief: ›Gut, wir haben noch eine Stunde!‹ Das ist aber noch nicht alles, denn wie Sie mir sagten, hat sie heute morgen noch eine heftige Aufregung gehabt, nicht wahr?« – »Ja, eine sehr heftige!« – Er sah mich an. »Sie wird erfahren haben, daß der Fürst von Caramanico vielleicht an Gift sterben muß.« – »Seien Sie still!« rief ich, »seien Sie still!« – »Ich sage Ihnen aber, daß sie mich nicht hören kann.« – »Woher wissen Sie denn aber von diesem Vorfall?« – »Auf die einfachste Weise. – Die Fürstin war vor zwei Stunden bei mir. Sie fragte mich, ob ich mit ihr nach Palermo reisen könnte, ich aber erwiderte ihr, daß es mir unmöglich sei, da ich die Königin nicht verlassen dürfte. Ich habe die Fürstin zu Cirillo geschickt, dem ich das schuldig war, da er gestern Ihren Gemahl zu mir geschickt hatte. Die Fürstin und Cirillo müssen jetzt abgereist sein, und wenn es ein Mittel gibt, den Fürsten zu retten, so wird Cirillo es in Anwendung bringen, denn er ist ein geschickter Arzt. Während ich nun mit der Fürstin sprach, plauderte ihr Diener mit dem meinigen, und da der Mann keinen Grund hatte, ein Geheimnis daraus zu machen, so sagte er, daß er mit der Fürstin soeben von Caserta käme. Demnach ist die Aufregung der Königin durch die Nachricht, daß der Fürst vergiftet worden sei, verursacht worden. Ich hätte Sie in dem Glauben lassen können, ich hatte alles erraten, das wäre jedoch Scharlatanerie, und Gott sei Dank, ist wohl Gatti, aber nicht Cottugno ein Scharlatan. Soll ich Ihnen jetzt meinen Feldzugsplan gegen die Krankheit der Königin mitteilen? Er ist sehr einfach. Die Nachricht von der Vergiftung des Fürsten von Caramanico ist bei ihr gleichsam ein Traum. Sie weiß nicht, ob sie geträumt hat, daß sie die Fürstin gesehen oder ob sie dieselbe wirklich gesehen hat. Diese beiden Ideen kann sie nicht miteinander verbinden, und das darf sie auch gar nicht, deswegen habe ich sie auch, als sie sich über allzugroße Schwäche beklagte, durch den Aderlaß, noch mehr geschwächt. Ich wäre stark genug, gegen die gestrige Hinrichtungoder die heutige Vergiftung zu kämpfen, wenn jede Sache für sich allein stände. Da die beiden Aufregungen aber zusammentreffen, so ist Cottugno wie ein ungeschickter General zwischen zwei Feuern gefangen und geschlagen. Cottugno muß es machen wie der verwundete Horatier. Er muß wie dieser die Curiatier nacheinander angreifen. Sie verstehen mich wohl? Mein erster Curiatier ist die gestrige Hinrichtung, mein zweiter die heutige Vergiftung und mein dritter ist der am wenigsten zu fürchtende, nämlich die Krankheit.«
»Wirklich, mein Herr,« sagte ich, indem ich ihn anblickte, »Sie sind ein wunderbarer Mann.«
»Nun, nicht wunderbarer als jeder andere; ich habe Praxis und Beobachtungsgabe, das ist alles. Jetzt hören Sie: Meine ganze Arbeit wird sich darauf beschränken, die Königin zu verhindern, sich zu erinnern. Wenn mir das in drei Tagen gelingt, so ist durchaus nichts mehr zu befürchten. Das, was ich ihr gebe, ist nur ein Beruhigungsmittel, jedoch ein solches, das man ihr mit der größten Vorsicht und Regelmäßigkeit reichen muß, denn sobald die Dosis eine zu starke wäre, würde dieselbe allzusehr beruhigen.« – »Mein Gott, was wollen Sie denn der Königin geben?« – »Ganz einfach Belladonna.« – »Ich dächte aber, Belladonna wäre Gift?« – »Es ist auch Gift; wenn es aber eingenommen wird, wie die Königin es einnehmen soll, so ist es ein Einschläferungs-, ja nur ein Beruhigungsmittel. Sie müssen der Königin alle Stunden einen Kaffeelöffel voll geben. ... Ah, Ihre Majestät kommt wieder zu sich! Vergessen Sie nicht, daß die Hinrichtung der drei jungen Männer vor vierzehn Tagen stattgefunden hat und
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