TITLE
daß die Vergiftung des Fürsten eine Fabel ist.... Still!«
In diesem Augenblicke schlug die Königin die Augen groß auf und sah sich um. »Das ist gut,« sagte Cottugno, indem er sich erhob, »das Befinden Eurer Majestät ist herrlich! Mylady, vergessen Sie nicht, Ihrer Majestät von Zeit zu Zeit einen Kaffeelöffel von dem Tranke zu reichen, den ich ihr verschrieben habe. Am besten geschieht es so schnell wie möglich. Sehen Sie, da kommen die Damen mit der Arznei. Geben Sie mir einen kleinen Löffel, Ihre Majestät werden mir die Ehre erweisen, den ersten Löffel von meiner Hand anzunehmen.«
Und ohne der Königin Zeit zu lassen, sich zu besinnen, schob er ihr den Löffel in den Mund und gab ihr den Trank ein.
»Morgen werde ich zu derselben Stunde wiederkommen,« sagte er. Zehn Minuten später lag Karoline in festem Schlafe.
Alles was der Doktor vorausgesagt, geschah. Drei Tage lang lag die Königin in halbem Schlafe, in einem Zustand von Schlafsucht, der weder Wachen noch Schlummer war. Dann, nach Ablauf dieser drei Tage, erlaubte Cottugno, daß der Tag allmählich in ihrem Geist dämmerte, und bei dem bleichen Schimmer dieses Tages zogen alle Ereignisse der Gegenwart an ihr vorüber, jedoch mit der unbestimmten und undeutlichen Färbung vergangener Begebenheiten. Da ich die Königin keinen Augenblick verließ, so war ich die Vertraute ihrer Rückkehr zum Leben und zum Schmerz. Drei oder vier Tage hatte sie kein Wort von dem Fürsten gesprochen. Eines Morgens aber sagte sie mit einer gewissen Anstrengung: »Hat die Fürstin von Caramanico mir während meines Deliriums keinen Besuch abgestattet?«
»Ja, Madame,« erwiderte ich, »sie hatte erfahren, daß ihr Gemahl leidend war und da sie nach Palermo abreise, so wollte sie Eure Majestät fragen, ob Sie nicht etwas an den Vizekönig zu bestellen hätten.« Die Königin, welche meine Hand gefaßt hielt, drückte dieselbe und fragte mich, indem sie mir ins Gesicht blickte: »Emma, die Fürstin ist nicht wiedergekommen?« – »Nein, Madame.« – »Sie hat auch nicht geschrieben?« – »Nein, Madame.« – »Gib Befehl, daß man sie bei ihrer Rückkehr sogleich zu mir lasse, sobald sie mich zu sprechen verlangt.« – »Wenn nun aber die Nachrichten, die sie bringt, schlechte wären, würden Sie sich dann stark genug fühlen, dieselben ohne Nachteil für Ihre Gesundheit zu hören?« – »Ja, sei unbesorgt; mit der Ruhe ist auch meine Stärke wiedergekommen. Erweise mir nur einen Dienst.« – »Befehlen Sie, Madame.« – »Hier ist der Schlüssel zu meinem Sekretär; du kennst doch das geheime Fach –« »Ja, Madame.« – »Gut, dann hole mir mein teures Kästchen; ich sehne mich, es bei mir zu haben.« – »Ich gehe sogleich.« – »Ja, gehe und komme schnell wieder! Wenn du dem König zufällig begegnen solltest und er so neugierig wäre, sich nach mir zu erkundigen, so sage ihm, daß es mir gut geht, daß ich aber noch einige Tage der Ruhe und Einsamkeit bedürfte. Nichts würde mir unangenehmer sein, als ihn gerade jetzt wiederzusehen.
»Gut, Madame.« Ich sah nach meiner Uhr. »Es ist jetzt neun Uhr, zu Mittag werde ich wieder hier sein.« – »O, ich danke. Ich wüßte nicht, was aus mir werden sollte, wenn ich dich nicht hätte!« – Ich faßte ihre Hände und küßte dieselben. »Vergiß nicht beim Fortgehen die Befehle in bezug auf die Fürstin zu geben.« – »Nein, Madame, seien Sie unbesorgt.« – »Und füge hinzu, daß man die Pendule wieder aufziehen kann; meine Nerven sind wieder Genug gestärkt, daß ich die Uhr schlagen hören kann; selbst die vierte Stunde.«
Ich verließ die Königin und entledigte mich der beiden Aufträge, die sie mir erteilt. Dann stieg ich in den Wagen, indem ich dem Kutscher anempfahl, so schnell als nur möglich zu fahren, und fuhr davon. Am Maddalone begegnete ich einem schwarzen Wagen, auf dem ein in Trauer gekleideter Kutscher und Lakaien sich befanden. Ich schauderte, eine Ahnung sagte mir, daß eine Witwe in diesem Wagen säße. Ich erreichte Neapel. Ich sagte im Gesandtschaftshotel nur meinem Gemahle einige Worte, begab mich sofort in das Palais, wo ich den Auftrag der Königin vollführte, ohne das Unglück zu haben, dem Könige zu begegnen. Um ebenso schnell wieder nach Caserta zu kommen, hatte ich beim Aussteigen befohlen, die Pferde zu wechseln. Wenige Minuten vor Mittag war ich wieder in Caserta. Unter der Vorhalle hielt ein schwarzer Wagen, um welchen die schwarzgekleideten Diener standen,
Weitere Kostenlose Bücher