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erscheinen sahen, der ganz mit Staub bedeckt war, wie einer, der einen langen Weg zurückgelegt hat. »Sire,« sagte er, »Sie sehen einen Mann vor sich, der in Verzweiflung ist, Ihnen eine solche Kunde zu bringen. Wir sind auf allen Punkten geschlagen, voneinander getrennt, auf völligem Rückzug oder vielmehr auf vollständiger Flucht, und unsere einzige Hoffnung auf Euer Majestät Rettung besteht darin, daß Sie sogleich nach Neapel abreisen. Wenn ich dann frei von der Sorge bin, die mir Ihr teures Haupt verursacht, werde ich versuchen, die Armee wieder zu sammeln und Rache zu nehmen.« – »Der elende, übermütige Wicht!« murmelte die Königin. – »Sie können, Madame,« fuhr der Herzog fort, »sich die Bestürzung des Königs bei einer solchen Nachricht denken. Er sah Mack ohne zu antworten und mit verstörtem Gesicht an, dann erhob er sich plötzlich und schwankte aus der Loge hinaus. Glücklicherweise hatte man vom Zuschauerraume aus nichts gesehen, und man glaubte, der König sei in dem Zimmer neben seiner Loge. Es durfte nicht das Ansehen der Flucht haben. Die römischen Jakobiner, die sich für die Taten, die der König befohlen, rächen wollten, hatten ihn scharf im Auge und konnten, da Mack geschlagen war, eine rasche Tat versuchen. Ehe man unsere Abwesenheit bemerkt und sich die Nachricht verbreitet hatte, waren wir im Palast Farnese. Dort stieg der König mit zwölf Offizieren und einigen seiner treuesten Diener, in welche Zahl er die Gnade hatte, mich mit einzuschließen, zu Pferde. Wir ritten durch das Volkstorhinaus und schlängelten uns die Mauern entlang bis an das Tor San Giovanni. Hier angekommen ritt der König mit sieben oder acht Mann Begleitung im Galopp weiter und gegen elf Uhr abends kamen wir in Albano an. Der König erkundigte sich bei dem Postmeister, ob ein Wagen da sei. Der Postmeister hatte aber nur ein Kabriolett. Während man anspannte, nahm mich Seine Majestät beiseite und bat mich, die Kleider mit ihm zu wechseln, was ich augenblicklich tat.« – »Und wozu dies? Warum sollten Sie die Kleider mit ihm tauschen?« fragte die Königin. – »Ich weiß es nicht, Madame,« antwortete der Herzog, »da aber eine Bitte Seiner Majestät so gut wie ein Befehl ist, so gehorchte ich.« – »Ein Befehl, ein Befehl,« wiederholte die Königin, »aber zuletzt hatte dieser Befehl doch einen Zweck!«
Der Herzog verneigte sich, ohne zu antworten. »O! ich möchte es doch gerne wissen,« sagte die Königin, indem sie ungeduldig mit dem Fuße stampfte, »was der König von dieser Maskerade hoffte.« – »Sie wünschen zu wissen, was ich davon hoffte, Madame?« sagte der König, indem er eintrat und sich in einen Lehnstuhl warf, gerade als ob er von der Jagd käme. »Ich hoffte, daß, wenn wir von den Jakobinern ergriffen werden würden, sie Ascoli und nicht mich aufknüpften.« – »Und?« – fragte die Königin. – »Nun, während man ihn aufgeknüpft, hätte ich mich doch retten können!« – Die Königin hob die Hände zum Himmel und bedeckte sich dann das Gesicht damit. »O! O!« murmelte sie. – »Aber,« sagte der König, der den Ausruf der Königin nicht ordentlich verstanden, »sie hätten es wirklich gemacht, wie sie es sagten, diese Schurken von Jakobinern.« – »Und Sie hätten Ihren Freund an Ihrer Stelle hängen lassen?« rief Karoline. – »Das denke ich wohl und sogar lieber zwei- als einmal.« – »Und Sie, Herzog, Sie hätten sich wirklich an des Königs Stelle hängen lassen?« sagte die Königin, indem sie sich erhob und auf den Herzog zuging. – »Ist es nicht die Pflicht eines Untertanen, sein Leben für seinen Herrn zu opfern?« sagte der Herzog einfach. – »Ach, mein Herr,« rief die Königin, indem sie sich an ihren Gatten wendete, »Sie sind sehr glücklich, einen solchen Freund zu haben. Schätzen Sie ihn hoch. Es ist sehr wahrscheinlich, daß Sie, wenn Sie ihn verlören, keinen andern fänden.« Dann sagte sie, nachdem sie sich nach mir herumkehrte: »Im übrigen habe ich mich nicht zu beklagen, denn ich bin gewiß, daß Emma, wenn es nötig sein würde, für mich täte, was der Herzog bereit war für Sie,Majestät, zu tun.« Und indem sie den Arm um meinen Hals schlang sagte sie: »Komm', Emma, komm'. Es ist schön, einen solchen Höfling, aber traurig, einen solchen König zu sehen.«
82. Kapitel.
Nachdem die Königin in ihr Zimmer zurückgekehrt war, klingelte sie und befahl anspannen zu lassen. Als ich sie anblickte, um in ihren Gedanken zu
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