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die Königin, einen großen Entschluß zu fassen. Als sie sah, daß der Kaiser Franz nichts für sie stipuliert, als sie sah, daß die Engländer wohl Sizilien verteidigten, dessen Häfen sie benutzen konnten, aber Neapel aufgaben, weil ihnen dieses nichts nützen konnte, beschloß sie, nach Petersburg zu gehen und den Kaiser Paul um Unterstützung zu bitten. Dieser Schritt hatte den Erfolg, welchen die Königin davon gehofft. Paul der Erste war infolge der Veränderlichkeit seines seltsamen Charakters für den Augenblick mit Bonaparte im besten Einvernehmen und es war augenscheinlich, daß letzterer, auf eine so mächtige Freundschaft eifersüchtig, alles tun würde, was der Kaiser von ihm verlangte. Paul der Erste schrieb dem ersten Konsul einen sehr eindringlichen Brief, forderte aber von Karoline, wenn es ihm gelänge, einen Friedenstraktatzwischen Frankreich und Neapel zur Unterzeichnung zu bringen, den Schwur, daß dieser Vertrag streng beobachtet werden würde. Der General Lawascheff, Oberjägermeister des Kaisers Paul, ward mit dem Briefe desselben an den ersten Konsul gesendet, so daß am 6. Februar 1801 ein Waffenstillstand, auf den bald ein definitiver Friedensvertrag folgte, in Foligno zwischen dem Chevalier Micheroux und dem General Murat abgeschlossen ward. Einer der Artikel dieses Vertrags enthielt die Bestimmung, daß die wegen politischer Vergehen verbannten, eingekerkerten oder zur Flucht genötigten Untertanen des Königs von Neapel frei und ungehindert in ihr Vaterland zurückkehren und den Genuß ihres Eigentums wieder erlangen sollten. Zum Unglücke war dies für viele derselben schon zu spät! Die Tribunale waren tätig gewesen und das ganze Jahr 1799 und der Anfang des Jahres 1800 hatten furchtbare Hinrichtungen gesehen, unter andern die des unglücklichen Domenico Cyrillo, welcher, wie man sich erinnert, sich geweigert, die Königin infolge ihres Besuchs, den sie mit mir in der Vikaria gemacht, in Behandlung zu nehmen, und den wir nicht vor dem Zorne Ferdinands retten konnten, obschon die Königin auf meinen Antrieb ihn fußfällig um die Begnadigung des Unglücklichen bat.
Unser Aufenthalt in Wien war, wie ich schon gesagt, ein ununterbrochenes Fest. Der Fürst und die Fürstin Esterházy, welche während ihres Verweilens in Neapel im Hotel der englischen Gesandtschaft auf die zuvorkommendste Weise aufgenommen worden, wollten sich ganz besonders für diese Gastfreundschaft abfinden. Wir wurden demzufolge eingeladen, eine Woche in dem Palaste des Fürsten in Eisenstadt zuzubringen. Hier sahen wir etwas sehr Seltsames, wodurch man uns wahrscheinlich eine Ehre zu erweisen beabsichtigte. Während der ganzen Zeit, die wir in diesem Schlosse zubrachten, gab es hier nämlich eine Wachmannschaft von hundert Grenadieren, von welchen der kleinste seine sechs Fuß maß. So wie sie in ihrem Dienste aufeinanderfolgten, setzten die, welche die Wache bezogen, sich an eine reichlich und gut besetzte Tafel, bis eine zweite Abteilung von fünfundzwanzig Mann sie ablöste. In der Kapelle des Schlosses ward für uns ein großes Konzert unter der Direktion des ehrwürdigen, damals neunundsechzig Jahre alten Haydn aufgeführt. Man hatte dazu sein berühmtes Oratorium: »Die Schöpfung« gewählt. Nach ihrer Rückkehr von Petersburg bat die Königin von Neapel mich inständig, wie man eine Freundin bittet, deren Nähe man für unentbehrlich hält, mit ihr nach Italienzurückzukehren. Alles war ruhig, der König war wieder in Neapel eingezogen, der Frieden war hergestellt und sie versprach mir die Rückkehr der schönen Tage, welche auf meine erste Ankunft und die bezaubernde Morgenröte unserer Freundschaft gefolgt waren. Dann hätte ich aber Nelson verlassen müssen und es wäre, während er um meinetwillen alles verloren, die schwärzeste Undankbarkeit von mir gewesen, wenn ich so schnell hätte vergessen wollen, daß er eine Karriere wie die seinige seiner Liebe zu mir geopfert. Ich blieb daher unerbittlich. Die Königin, welche sah, daß ich fest entschlossen war, weiter zu reisen, bat mich hierauf, zum Angedenken an ihre königliche Wohlgewogenheit eine lebenslängliche Rente oder Pension von tausend Pfund Sterling jährlich anzunehmen. Bei dem ersten Worte aber, welches ich darüber zu Sir William sprach, antwortete er: »Wir sind selbst reich genug und übrigens würde eine solche Freigebigkeit den Argwohn der englischen Regierung erwecken.« Die Stunde der Abreise schlug. Die Trennung war schmerzlich und
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