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gekommen waren, um ihre Aufwartung zu machen, den Baron von Rosenheim, zu den österreichischen Generalen und ließ ihn von zwei Kurieren begleiten, die er zurückschicken sollte, sowie er Nachrichten von der Armee erhielte. Am 17. abends kam Herr von Sommariva von Florenz. Von ihm erfuhr man, daß Bonaparte die französische Armee in eigener Person kommandierte, was man bis jetzt noch nicht ganz bestimmt gewußt; daß die Franzosen sehr stark seien und Kavallerie hätten, und daß die beiden Armeen zwischen Alessandria und Tortona auf dem Punkte stünden, handgemein zu werden. Auf alle Fälle war, wie Herr von Sommariva hinzufügte, die Königin in Livorno vollkommen sicher. Dennoch war leicht zu sehen, daß der Mann, der uns auf diese Weise zu beruhigen suchte, selbst sehr wenig beruhigt war. In der Nacht reiste er wieder nach Florenz zurück. Am folgenden Tage verbreitete sich das Gerücht, die Franzosen seien vollständig geschlagen. Das, was man wünscht, glaubt man gern, und die Königin teilte uns daher allen diese gute Nachricht mit. In der Nacht vom 18. zum 19. empfing Nelson jedoch einen von Lord Keith abgesendeten englischen Offizier mit einem Briefe, welcher zunächst meldete, es sei zwischen der französischen und der österreichischen Armee ein Waffenstillstand abgeschlossen und dabei stipuliert wurden, daß die Österreicher sämtliche feste Plätze des Gebietes von Genua räumen und den Franzosen übergeben sollten. Dieser erste Teil des Briefes des englischenKommandanten stimmte nicht mit dem überein, was man uns am Abend vorher von einer angeblichen Niederlage der Franzosen erzählt; der Rest der Depesche aber war für uns noch weit beunruhigender. Lord Keith befahl nämlich im weitern Verlaufe seines Schreibens Nelson, sofort alle Schiffe, die er unter seinem Befehl hätte, zusammenzurufen und sich mit denselben in den Golf von Spezzia zu begeben, um aus sämtlichen Forts, besonders aus dem Fort Santa Maria, sämtliche Geschütze hinwegzuführen, oder sie wenigstens für die Franzosen unbrauchbar zu machen.
Diese Nachrichten machten uns nicht wenig bestürzt. Augenscheinlich konnte eine solche Übereinkunft nur infolge einer Schlacht unterzeichnet worden sein und in dieser Schlacht waren die Österreicher ohne Zweifel geschlagen worden. Der Nelson erteilte Befehl, alles zu verlassen, um sich nach Spezzia zu begeben, war für uns ganz besonders betrübend. Die Königin sah in Nelson mit Recht ihre einzige Stütze und hielt sich ohne ihn für verloren. Er ließ uns jedoch nicht lange in dieser Unruhe. Er erklärte, daß er die Königin in der Lage, in welcher sie sich befände, auf keinen Fall verlassen würde, und schickte demzufolge, um zugleich Lord Keiths Befehle auszuführen, den »Alexander« und die »Dorothea« nach Spezzia, während er selbst mit dem »Donnerer«, mit dem »Vasco de Gama«, einem portugiesischen Schiff, und mit den sizilianischen Fregatten und Korvetten, die sich im Hafen von Livorno befanden, hier zurückblieb. Dieser Entschluß beschwichtigte einen Augenblick lang unsere Besorgnis in bezug auf die Sicherheit der Königin. Es dauerte jedoch nicht lange, so kam der Baron von Rosenheim zurück, welcher, wie man sich erinnert, ausgesendet worden war, um zu rekognoszieren. Er erzählte, er habe in Genua mit dem österreichischen General Hohenzollern gesprochen, und dieser habe ihm einen Vertrag zu lesen gegeben, der zwischen dem General Melas und dem General Berthier geschlossen worden. In diesem Vertrag sei ein Waffenstillstand zwischen den beiden Armeen vereinbart, welche die Feindseligkeiten nicht vor Ablauf von zehn Tagen wieder aufnehmen sollten. Mittlerweile sollten die Österreicher sämtliche feste Plätze, welche sie inne hätten, nämlich Genua, Savona, Coni, Alessandria, Tortona, Mondovi, die Zitadelle von Mailand, die von Turin und das Fort Urbino den Franzosen überlassen, und nur Mantua, Ferrara, Peschiera, Verona und Ancona behalten. Die Ursache, welche man für diesen verzweifelten Waffenstillstand anführte, war eine Schlacht, welche am 14. beiMarengo zwischen der Formida und der Scrivia stattgefunden, und in welcher Melas, nachdem er anfangs im Vorteil gewesen, zuletzt vollständig geschlagen worden. Man kann sich denken, wie groß die Verzweiflung der ganzen königlichen Familie bei einer solchen Nachricht war. Die Königin bekam einen Nervenzufall, der eine vollständige Erschöpfung zur Folge hatte, die mit sich bis zum Delirium steigernden
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