TITLE
Ministerium wechselt und Mr. Fox, der mein Universitätsfreund ist und mir wohlwill, nicht mehr Minister ist, so verliere ich die fünfzehnhundert Pfund Sterling Gehalt, welche mein Posten mir einbringt, und ich habe dann weiter keine Zuflucht, als eben meinen Onkel. Wohlan, liebe Emma, dieser Onkel hat mir geschrieben, um mir zu sagen, was ich Ihnen eben mitteile, und mir das Amt eines ersten Gesandtschaftssekretärs in Neapel und später nicht bloß die Nachfolge auf seinem Posten, sondern auch die Aussicht auf sein unermeßliches Vermögen zu bieten. Einen Augenblick lang bin ich unschlüssig gewesen, ob ich annehmen oder ablehnen soll. Ich habe aber gefühlt, daß es mir unmöglich sein würde, fern von Ihnen zu leben, und deshalb habe ich abgelehnt.« – »Da haben Sie sehr unrecht daran getan.« – »Und Sie haben den Mut, mir das zu sagen?« – »Ja. Durch Ihre Weigerung haben Sie eine erste Torheit begangen, und wenn Sie mich heiraten – denn, wenn es wirklich wahr ist, daß Sie um meinetwillen geblieben sind, so werden Sie mich heiraten – und wenn Sie mich heiraten, sage ich, werden Sie eine zweite begehen.« – »Sie sprechen nicht sonderlich trostreich, Emma.« – »Ich spreche die Wahrheit. Glauben Sie mir, Mylord; wenn der Brief an Ihren Onkel noch nicht fort ist, so zerreißen Sie denselben; ist er fort, so schicken Sie einen zweiten nach, welcher den ersten widerruft. Wenn wir einander heiraten, so würden wir beide ein schlechtes Geschäft machen. Ich würde vielleicht höhersteigen, Sie aber würden ganzgewiß sich tiefergestellt sehen.« – »Soll dies heißen, daß Sie das Versprechen, welches Sie mir gegeben, wieder zurücknehmen und daß ich, selbst wenn ich mich erbiete, Sie zu heiraten, von Ihnen nichts zu hoffen habe?« – »Davon sage ich kein Wort, Mylord. Mein Versprechen ist gegeben, und ich werde es halten.« – »Ach,« sagte Lord Greenville, »das Unglück ist, daß es mir nicht einmal freisteht, eine Torheit, wie Sie es nennen zu begehen. Mein Vater wird, ehe ich volljährig bin, mir niemals erlauben, daß ich eine andere heirate, als die, welche er mir selbst gewählt haben wird, und selbst wenn ich volljährig bin, werde ich, wenn ich nach meinem Gutdünken heiraten will, einen harten Stand mit ihm haben und das Gesetz zu Hilfe rufen müssen.« – »Wie alt sind Sie jetzt?« – »Erst zweiundzwanzig und ein halbes Jahr.« – »Aber, Mylord,« entgegnete ich lachend, »ich für meine Person finde im Gegenteile, daß sich dies sehr glücklich trifft. Während der dritthalb Jahre, die Sie noch bis zu Ihrer Volljährigkeit zurückzulegen haben, werden Sie Zeit haben, sich zu überzeugen, ob Sie mich wirklich lieben, und dann in dritthalb Jahren wird sich das Weitere finden.« – »Wie, Sie sehen, welche Qualen ich leide und können auf diese Weise über mich spotten?« – »Ich sehe gar nicht, daß Sie Qualen leiden. Ich höre, was Sie mir sagen; dies ist alles.« – »Und Sie glauben meinen Worten nicht.« – »Erinnern Sie sich dessen, was Hamlet zu Polonius sagte: Worte! Worte! Worte!« – »Glauben Sie an meine Ehre, Miß Emma?« fragte Lord Greenville in ernstem Tone. – »Mehr als an Ihre Liebe, Mylord.« – »Glauben Sie an mein Wort als Edelmann?« – »Auf so lange als nötig ist, um einem Schwure Zeit zum Verdunsten zu geben.«
»Dann glauben Sie also an gar nichts?« – »O doch, ich glaube an die Unbeständigkeit der menschlichen Dinge.« – »Gesetzt, Miß Emma, ich machte mich positiv verbindlich, Sie, sobald ich volljährig bin, zu heiraten.« – »Dies würde allerdings etwas ernsthafter sein, ohne jedoch positiver zu werden.« – »Wieso?« – »Weil eine Person in meiner Stellung keinen gerichtlichen Prozeß anhängig macht, wenn ein ihr gegebenes Eheversprechen unerfüllt bleibt.« – »Wenn ich aber mein Versprechen nun so abfaßte, daß ich ehrlos würde, wenn ich es nicht erfüllte?« – »Dann könnte man sich die Sache weiter überlegen.« – »Würden Sie dies tun?« – »Wenn ich das Versprechen hätte, vielleicht.« – »Gut, noch heute abend sollen sie es haben.« – »Führen Sie mich nichtin Versuchung, Mylord.« – »Miß Emma,« sagte Sir Charles, indem er sich erhob, »ich liebe Sie mehr als irgend etwas auf der Welt, und wenn Sie nur durch eine Heirat die Meine werden können, wohlan, so sollen Sie mein Weib werden.« – »Ich will Ihnen noch einen letzten Gefallen tun, Mylord. Ich werde weder heute abend noch morgen
Weitere Kostenlose Bücher