Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

TITLE

Titel: TITLE Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Dumas
Vom Netzwerk:
meine Briefe öffnen, so daß Sie bis übermorgen Zeit haben, Ihr Wort zurückzunehmen. Da ich zwei Monate gewartet habe, so kann ich auch noch vierundzwanzig Stunden warten.«
    Lord Greenville küßte mir die Hand und entfernte sich. Er stand im Rufe der größten Redlichkeit, so daß ich, wenn auch an der Erfüllung seines Versprechens, doch nicht an seinem guten Willen zweifeln konnte. Ich meinerseits fühlte, daß ich, indem ich so handelte, wie ich tat, mich weder von einer eigennützigen Berechnung noch von einem ehrgeizigen Wunsche leiten ließ, sondern, daß ich vielmehr wieder in die Gewalt jener unerklärlichen und unbekannten Macht geriet, welche über mein Schicksal verfügte und mich vorwärtsdrängte, indem sie mich fast bei jedem meiner Schritte im Leben eine Stufe der sozialen Leiter erklimmen ließ. Allerdings war ich schon einmal gefallen und der Sturz war ein sehr tiefer gewesen. Dennoch aber hatte ich mich von demselben wieder erhoben, wenigstens in gewisser Beziehung. Sir Johns und Sir Harrys Liebe war nur die Verherrlichung meiner Schönheit, Romneys Liebe dagegen war die Weihe der Kunst. Ich sagte mir, daß die Geschichte selbst für die Kurtisanen ihre Stufen hat. Nachdem ich Phryne gewesen, war ich Lais geworden, und nachdem ich Lais geworden, blieb mir weiter nichts übrig, als bis zur Aspasia zu steigen. Aspasia, die Freundin des Sokrates und des Alcibiades, Aspasia, die Gemahlin des Perikles, die das Gewicht ihres Wortes in die Angelegenheiten Griechenlands warf und über die Kriege von Samos, Megara und des Peloponnes entschied – Aspasia war mehr als eine gewöhnliche Kurtisane. Wohlan, ich weiß nicht welche Stimme mir leise zuflüsterte, daß es für mich nicht genug sei, Lais zu sein, sondern, daß ich auch Aspasia werden würde.
    Romney trat ein. Er war zu sehr mein Freund, als daß ich ihm etwas von dem Geschehenen verschwiegen hätte. »Mein lieber Romney,« sagte ich zu ihm, »welchen Rat würden Sie einer Frau in meiner Stellung geben, welche Gelegenheit findet, einen künftigen Pair von England zu heiraten und Mylady zu werden?«»Ah!« sagte Romney, »hat Lord Greenville sich vielleicht endlich erklärt?«
    – »Sie hatten wohl bemerkt, daß er mich liebt?«
    – »Wie sollte ich das nicht bemerkt haben.«
    – »Gleichwohl aber haben Sie nie etwas davon gesagt.«
    – »Ich war überzeugt, daß Sie, sobald der geeignete Augenblick gekommen wäre, mir selbst davon sagen würden.«
    – »Mein lieber Romney, Sie sind ein liebenswürdiger Mann, und in der Tat, ich glaube, ich werde niemals den Mut haben, mich von Ihnen zu trennen.«
    – »Ja, liebe Emma, Sie können in der Tat überzeugt sein, daß wir niemals werden getrennt werden.«
    – »Aber dennoch, wenn ich Lord Greenville heirate?«
    – »Nicht die Körper sind es, die sich trennen, sondern die Seelen. Wird von dem Augenblicke an, wo Sie sich mit Vergnügen meiner erinnern und wo ich Ihrer mit Wonne gedenke, dies nicht die wahre wirkliche Gegenwart und, wie die Kirche in ihrer symbolischen Sprache sagt, die Gemeinschaft der Seelen sein? Fünfhundert, ja tausend Meilen voneinander entfernt, werden wir einander vielleicht mehr gegenwärtig sein, als Leute, die einander niemals verlassen haben.«
    – »Sie sprechen wie ein platonischer Philosoph, Romney.«
    – »Die Alten sagten: Wer jung stirbt, wird von den Göttern geliebt. Wohlan, ich habe immer geglaubt, daß es eine reizende Liebe sein müßte, welcher man nicht Zeit ließe alt zu werden, welche man in ihrer Blüte gepflückt und in eine Erinnerung eingesargt hat, so daß sie im Vergleich zu jeder andern jung und frisch bleibt, wie die Morgenröte des Frühlings.«
    – »Dann, meinen Sie also, Romney.« – Ich redete nicht aus.
    »Ich meine, daß Sie Ihrem Schicksal folgen, Emma.«
    – »Sie glauben also, daß ich einst die Gemahlin eines Pairs von England sein werde?«
    – »Was Sie sein werden, weiß ich nicht, wenn man mir aber nach einer Abwesenheit von vier oder fünf Jahren bei meiner Rückkehr sagte, daß Sie Königin von Großbritannien geworden seien, so würde mich dies nicht in Erstaunen setzen. Ich wäre nicht Romney, das heißt ich wäre nicht der erste Maler Englands, wenn ich nicht an die Allmacht der Schönheit glaubte.«
    – »Romney, es ist seltsam, aber was Sie mir da sagen, hat eine innere Stimme mir schon oft gesagt. Romney, ich gestehe ihnen beinahe mit Schrecken, ich glaube an mein Fatum.«
    – »Nun, dann folgen Sie diesem Fatum.

Weitere Kostenlose Bücher