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TKKG 073 - Hilflos in eisiger Nacht

TKKG 073 - Hilflos in eisiger Nacht

Titel: TKKG 073 - Hilflos in eisiger Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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Gestalt. Der Architekt hatte sich nicht viel einfallen lassen.
    Der Zaun war aus Drahtmaschen. Ein Tor führte zu einer kleinen Garage, in der aber kein Wagen mehr stand. Denn in der ungepflasterten Zufahrt hatten sich anspruchslose Sträucher schon bis zu Kniehöhe entwickelt.
    Stattdessen parkte ein schwarzer VW am Bordstein. Ein Mann stieg aus und sohlte durch die geöffnete Gartenpforte zum Haus.
    Tim und Gaby waren noch knapp 100 Meter entfernt. Doch der TKKG-Häuptling hatte den Typ erkannt.
    "Du, Pfote, mich pudert die Waldfee! Das ist Selbig."
    "Der Knasti?"
    "Gaulgesicht. Der, bei dem Karl und Klößchen jetzt Wache schieben."
    "Was will der hier?"
    "Vielleicht ist es ein Brief mit Rückantwort und... nee! Das kann nicht funktionieren, weil Robert Paulmann nicht mehr unter uns weilt."
    Langsam fuhren sie näher. Selbig trug eine schwarzgrau-karierte Joppe und ausgebeulte Hosen. Der Hintern der Hose hing zwar nicht bis in die Kniekehlen, doch viel fehlte nicht.
    Gaulgesicht hatte geklingelt. Tim und Gaby hielten an einer Linde. Als Versteck war sie kläglich, aber Gaulgesicht drehte sich nicht um, sondern starrte, die Hände in den Taschen der Joppe, nur auf die Tür.
    "Wir können mithören", sagte Tim leise. "Es sei denn, dort wird geflüstert."
    Die Entfernung betrug etwa 20 Meter. Und jetzt öffnete Martina Paulmann die Tür. Die junge Frau trug einen pfirsichfarbenen Jogginganzug, der sicherlich noch keine sportliche Aktivität erlebt hatte, Pantoffeln mit Fellbesatz und eine Schleife im Haar.
    "'n Morgen", knurrte Selbig.
    "Guten Morgen, Herr Selbig", erwiderte Martina freundlich. "Ich kann Sie leider nicht reinbitten. Ich will gerade baden. Das Wasser läuft schon ein."
    "Da will ich nicht stören. Ich hätte nur eine Frage."
    "Wenn ich sie beantworten kann, tue ich das gern."
    "Ihr Onkel hat mir einen freundlichen Brief geschrieben. Von alten Zeiten und so. Ich bin ihm zutiefst dankbar. Er war ein Kumpel. Ein dufter Typ. Ehrlich! Ist ein Jammer um ihn. Schade, meine ich. Musste es denn ausgerechnet ihn zerreißen? Jedenfalls will ich meiner... äh... Seele Zucker geben. Ich will dem alten Robert Blumen aufs Grab stellen."
    "Das ist nett von Ihnen."
    "Aber er hat in dem Brief nicht geschrieben, wo er liegt."
    "Das konnte er auch nicht wissen. Als er den Brief schrieb, lebte er noch. Und eine Grabstelle schon zu Lebzeiten kaufen - nein, das hätte ihn nervös gemacht. Besonders in diesem Beruf. Also, mein Onkel liegt auf dem Westfriedhof, in der 47. Reihe. Dort ziemlich weit hinten. Der Grabstein aus weißem Marmor steht schon. Er ist hübsch geworden."
    "Robert würde sich freuen, wie?"
    "Ja, wenn er ihn sehen könnte."
    "Dann vielen Dank! Das war's eigentlich. Schönen
    Sonntag noch. Und nehmen Sie Fichtennadel! Fürs
    Badewasser, meine ich. Hähäh! Tschüs!"
    Gaulgesicht Selbig machte den Abgang, indem er sich umdrehte und zur Straße schlurfte. Martina hatte die Tür geschlossen und das mit deutlichem Zweifel in der Miene. Vermutlich wurde die Empfehlung nicht
    aufgegriffen, und die junge Frau würde Rosmarin als Zusatz fürs Badewasser nehmen anstelle von
    Fichtennadel.
    "Zitronenmelisse! " sagte Gaby.
    "Was meinst du?" fragte Tim.
    "Badewasser mit Zitronenmelisse - darin sitze ich am liebsten."
    "Ich auch." Tim grinste, verzichtete aber auf jede Ausweitung des Themas. Und erwiderte auch nichts auf Gabys eher leise Behauptung, er dusche ja nur und sitze wegen überaktiver Ungeduld eigentlich nie in der Wanne.
    Beide versteckten sich hinter dem Stamm der Linde. Das war nicht einfach, aber ausreichend, denn Selbig blickte nicht in ihre Richtung, sondern quetschte sich in den schwarzen VW und fuhr ab - in die andere Richtung. Sie führt zum Westfriedhof.
    "Er will zum Friedhof", stellte Tim fest. "Mit dem Wagen braucht er fünf Minuten. Wir brauchen zehn. Ich würde gern sehen, was für Blumen er da aufs Grab stellt."
    "Ob er die schon im Wagen hat?"
    Tim wiegte den Kopf und hob erst die linke, dann die rechte Schulter.
    "Ich glaube, Gaby, es geht nicht um einen letzten Blumengruß. Es geht um was anderes. Das spüre ich."
    "Worum geht's?"
    "Keine Ahnung. Aber vielleicht können wir was feststellen."
    Sie fuhren nebeneinander, flott, aber ohne hektische Eile. Sie kamen an einer Plakatwand vorbei, auf der Faschingsbälle mit grellen Kostümen und bunter Schrift lockten. Alle organisierten Gruppen, Clubs und Vereine, die auf sich hielten, wollten einmal im Jahr lustig sein. So klangen auch die

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