Tochter der Finsternis: Die Chroniken des Magnus Bane (04) (German Edition)
Und unterstehen Sie sich, mich eine Schattenjägerin zu nennen. Ich bin keine von ihnen. Ich weigere mich, es zu sein.«
»Wie Sie wünschen, Madam. Sie haben Ihren Anti-Schattenjäger-Standpunkt sehr deutlich zum Ausdruck gebracht«, antwortete Magnus. »Was ich allerdings immer noch nicht weiß, ist, warum Sie glauben, dass ich Ihnen helfen werde.«
Magnus war vieles, aber ganz sicher nicht blöd. Der Tod einiger Schattenjäger war nicht das eigentliche Ziel. Dafür hätte sie sich nicht an Magnus zu wenden brauchen.
Der einzige Grund, weswegen sie dafür einen Hexenmeister benötigte, war, dass sie vorhatte, den Tod dieser Schattenjäger für etwas weitaus Finsteres zu benutzen, dass sie ihre Leben in Magie für einen Zauber umwandeln wollte. Das war allerschwärzeste Magie, und die Tatsache, dass Tatiana diesen Zauber kannte, verriet Magnus, dass sie wohl nicht zum ersten Mal mit schwarzer Magie zu tun hatte.
Was Tatiana Blackthorn, deren Schmerz sie von innen aufgefressen hatte wie ein Wolf in ihrer Brust, damit bezweckte, wusste Magnus nicht. Er wollte auch gar nicht wissen, was sie mit dieser dunklen Macht schon alles angestellt hatte. Am allerwenigsten wollte er aber, dass sie in den Besitz von Kräften geriet, deren Auswirkung verheerend sein konnte.
Tatiana runzelte verwundert die Stirn und sah damit zum ersten Mal wieder aus wie Benedict Lightwoods verwöhnte und verhätschelte Tochter.
»Gegen Bezahlung, versteht sich.«
»Sie glauben ernsthaft, ich würde fünf Menschen töten und Ihnen zu unermesslicher Macht verhelfen?«, wollte Magnus wissen. »Und das alles für ein bisschen Geld?«
Tatiana winkte ungeduldig ab. »Oh, nun versuchen Sie nicht, den Preis in die Höhe zu treiben, indem Sie so tun, als wären Sie etwas Besseres und hätten irgendwelche moralischen Bedenken oder ein weiches Herz, Sie Dämonenbrut. Nennen Sie mir den Betrag, den Sie verlangen, und fertig. Die Stunden der Nacht sind ein kostbares Gut und ich habe nicht vor, sie noch weiter an so etwas wie Sie zu verschwenden.«
Die Beiläufigkeit, mit der sie das sagte, ließ Magnus das Blut in den Adern gefrieren. Tatiana war vielleicht verrückt, aber an diesem Punkt war von Tobsucht oder Verbitterung keine Spur. Sie hielt sich einfach an die Fakten, wie sie sich aus Sicht der Schattenjäger darstellten: Für sie waren Schattenweltler von Natur aus so korrupt, dass sie sich nicht einmal im Traum vorstellen konnte, dass er ein Gewissen hatte.
Selbstverständlich hielt der Großteil der Schattenjäger ihn für eine Art minderwertiges Lebewesen, das so weit unter den Kindern des Engels stand wie Affen unter den Menschen. Hin und wieder konnte er ganz nützlich sein, aber er war trotz allem eine verabscheuungswürdige Kreatur, die man benutzte und dann wegwarf und die man auf gar keinen Fall berührte, weil sie unrein war.
Unterm Strich war er ja auch für Will Herondale von großem Nutzen gewesen. Will war nicht zu ihm gekommen, weil er einen Freund gesucht hatte, sondern weil er einen möglichst unkomplizierten Zugang zur Magie gebraucht hatte. Selbst die besten Schattenjäger unterschieden sich nicht sehr vom ganzen Rest.
»Lassen Sie mich Ihnen sagen, was ich schon einmal, wenn auch in einem vollkommen anderen Zusammenhang, zu Katharina der Großen gesagt habe«, verkündete Magnus. »Gnädigste, ich bin viel zu teuer für Sie; und im Übrigen lassen Sie doch bitte das Pferd in Ruhe. Gute Nacht.«
Er verneigte sich und verließ dann mit schnellen Schritten den Raum. Als die Tür hinter ihm vernehmlich ins Schloss fiel, hörte er Tatiana ebenso laut blaffen: »Los, geh ihm nach!«
Daher war er nicht sonderlich überrascht, als er hinter sich leise Schritte die Treppe hinabtapsen hörte. An der Haustür drehte er sich um und blickte in Graces Gesicht.
Ihre Schritte waren so leise wie die eines Kindes, aber sie sah nicht aus wie ein Kind. In ihrem porzellanglatten Gesicht schienen ihre grauen Augen wie tiefe Löcher, wie verlockende Seen, in deren Tiefe Sirenen lauerten. Sie sah Magnus fast gleichgültig an, womit sie ihn einmal mehr an Camille erinnerte.
Es war wirklich bemerkenswert, dass ein Mädchen, dass dem Anschein nach nicht älter als sechzehn sein konnte, einer jahrhundertealten Vampirin in Sachen Selbstbeherrschung in nichts nachstand. Sie lebte noch nicht lange genug, um innerlich so abzustumpfen, dass sie keinerlei Mitgefühl mehr spürte. Hinter all diesem Eis, dachte Magnus, musste doch noch etwas sein.
»Sie
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