Tochter der Hoffnung (German Edition)
Leicht benommen schüttelte sie ihren Kopf. Hatte sie das gerade wirklich erlebt? Als ihr Blick auf die Pflanzen fiel, schossen ihr sofort alle Namen und die dazugehörigen Heilmethoden durch den Kopf. Wow, anscheinend war das gerade eben ein Schnellkurs in Sachen Kräuterheilkunde gewesen. Ohne noch mehr Zeit zu verlieren, nahm sich Ailish die Kräuter, die bei Vergiftungen halfen, vermengte diese mit etwas Wasser und flößte sie Liamh ein. Andere Kräuter vermischte sie zu einer Art Brei und schmierte ihn auf die noch immer blutende Wunde am Arm. Im Laufe der Nacht wechselte sie mehrfach die kalten Wickel, um das Fieber weiter zu senken. Nun konnte sie nur noch abwarten und sich selbst etwas ausruhen. Müde streckte Ailish sich neben Liamh`s Bett auf dem Boden aus und fiel noch ehe ihr Kopf den Boden berührte in einen tiefen Schlaf.
Ailish träumte wieder einmal. Ob das jemals ein Ende nahm, fragte sie sich. Sie stand an einem Waldrand, von dem aus man einen herrlichen Blick auf ein riesiges Haus hatte, das über und über mit Efeu überwachsen war. Ein breiter Kiesweg führte von dem Hauptgebäude zu einem ebenfalls großen Stall. Sie konnte das Scharren von Hufen hören und nahm den Geruch von frischem Heu wahr. Die Sonne war fast untergegangen und ein eisiger Wind wehte aus dem Wald hinter Ailish in Richtung der Idylle.
Sollte sie einfach hier stehen bleiben oder sollte sie zum Haupthaus rüber gehen? Als Ailish diesen Gedanken jedoch vollendet hatte, hörte sie hinter sich ein leises Rascheln. Verwundert drehte sie sich um und erblickte mehrere Männer, die sich mit Schwertern und Dolchen in der Hand an das Haus anschlichen. Die Tiere im Stall schienen die nahende Gefahr zu bemerken, denn einige Pferde stießen ein ängstliches Wiehern aus, andere wiederum scharrten nervös mit den Hufen auf dem Boden. Ailish selbst konnte sich in diesem Moment kaum rühren. Obwohl sie wusste, dass es ein Traum war, rann ihr ein eisiger Schauer der Angst über den Rücken. Keiner der Männer in den schwarzen Kutten schien sie zu sehen. Dann ging auf einmal alles ganz schnell. Die Männer stürmten fast lautlos an ihr vorbei auf das Haus zu. Wie schwarze Schatten verschwanden sie durch die Haupttür ins Innere des Hauses. Ailish lief nach kurzem Zögern ebenfalls dorthin, doch als sie gerade die Tür erreicht hatte, kamen die Männer bereits wieder heraus und rannten in Richtung Wald davon. Als sie den Männern verwundert nachblickte, hörte sie von drinnen ein lautes Schluchzen und Weinen einer Frau. Vorsichtig öffnete sie die Tür und sah einen Mann, der einige Schritte von ihr entfernt auf dem Boden lag. Eine riesige Blutlache hatte sich um ihn ausgebreitet. Es gab keinen Zweifel daran, dass er tot war. Neben ihm kniete eine Frau und rüttelte an seinen Schultern. Ihre Klagelaute wurden immer lauter. Mitfühlend trat Ailish einen Schritt auf sie zu, doch von oben hörte sie leise Schritte. Kurz darauf erschien auf der Treppe ein kleiner dunkelhaariger Junge, sie schätzte ihn auf ungefähr sechs oder sieben Jahre. Seine Hand umklammerte die eines kleinen Mädchens mit wirren roten Haaren im Alter von ungefähr zwei oder drei Jahren.
Weinend rannten sie zu der auf dem Boden sitzenden Frau. Die Mutter, nach der Ähnlichkeit mit den Kindern zu schließen, nahm beide in die Arme. Tränen rannen der Frau die Wangen hinunter und das Schluchzen zerriss die Stille der Nacht. Ailish zog sich bei diesem Anblick das Herz zusammen.
Der kleine Junge strich der Frau beruhigend mit seinen kleinen Händen über den Rücken. Mit einem Mal schaute er auf und blickte ihr mit vor Wut verzerrtem Gesicht direkt in die Augen. Dann wurde auf einmal alles um sie herum dunkel.
Kurz darauf lag sie in einem riesigen Bett mit vielen Kissen und Decken. Sie feierte heute ihren fünften Geburtstag und durfte deshalb etwas später ins Bett gehen. Die Tür wurde aufgerissen und jemand zerrte sie aus dem Bett. Zwei Männer in schwarzen Kutten zogen sie aus dem Zimmer in Richtung der Treppe, die wie sie wusste in den großen Ballsaal führte. Noch ganz benommen vor Müdigkeit versuchte sie sich aus dem schmerzhaften Griff der Männer zu befreien. Als dies nicht gelang und der eine Mann sie nur hämisch angrinste, versuchte sie den Wind zu bündeln, der durch die offenen Fenster hereinwehte und Gegenstände wie Vasen und Kerzenständer flogen auf die schwarzen Männer zu. Obwohl einige ihr Ziel erreichten, schien es den
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