Tochter der Hoffnung (German Edition)
Bewusstlosigkeit entschwunden war, konnte Ailish aus einem Stück Stoff, den sie aus ihrem Mantel herausriss, einen Verband um seinen Arm anlegen, ohne Angst zu haben, ihm zu sehr weh zu tun. Wenn der Pfeil wirklich vergiftet war, was sollte sie dann tun? Verzweifelt setzte sie sich neben den jungen Mann auf den Fußboden und legte ihren Kopf neben ihm auf die Liege. Sein Atem ging unregelmäßig und seine Haut schien zu glühen. Nachdem sie eine Weile still vor sich hin gegrübelt hatte, stand Ailish entschlossen auf und schaute sich in dem kleinen Raum um. Wenn hier mitten im Wald eine Hütte stand, musste es auch in der Nähe irgendwo Wasser geben. In der Ecke der Hütte standen verschiedene Tonkrüge bereit, daneben befand sich eine Art Kamin mit einer Feuerstelle. Ihre Mutter hatte ihr früher immer kalte Wickel gemacht, wenn sie hohes Fieber hatte. In einer Kiste fand sie die benötigten Stoffe, also nahm sie sich einen der größeren Tonkrüge und machte sich auf die Suche nach Wasser. Da wusste man doch erst richtig den Luxus von fließendem Wasser aus einem Wasserhahn zu schätzen, ging es ihr durch den Kopf. Und tatsächlich, nicht weit entfernt von der Hütte fand sie einen kleinen Bach mit glasklarem und eisig kaltem Wasser. Als sie gerade den Krug mit Wasser füllen wollte, fiel ihr Blick auf verschiedene Pflanzen und Kräuter, die am Ufer wuchsen. Ihre Großmutter hatte immer versucht, ihr etwas über Heilpflanzen und Kräuter beizubringen, nur leider blieb bei ihr nie etwas davon hängen. Vokabeln oder Matheformeln merkte sie sich kinderleicht, doch irgendwelche Wirkungen von Kräutern konnte sie sich nie merken. Lange starrte Ailish auf die Pflanzen, in der Hoffnung, das ihr irgendetwas einfiel, doch mit einem enttäuschten Seufzen wandte sie sich ab und füllte den Krug mit Wasser. In diesem Moment frischte der Wind auf und der Duft des Parfüms ihrer Großmutter umgab sie. Mit einem dankbaren Lächeln schaute sie in den Himmel. Langsam begann es zu dämmern und die Sonne verschwand hinter den riesigen Baumkronen. Da sie nun wusste, dass sie tatsächlich nicht alleine war, nahm sie einfach so viele verschiedene Pflanzen, wie sie neben dem schweren Krug tragen konnte und brachte alles zurück in die Hütte. Vor ihrem Aufbruch aus dem Lager hatte Duncan ihr ein kleines Messer gegeben, das sie sich um das Fußgelenk binden sollte. Dafür war sie jetzt sehr dankbar, denn damit schnitt sie Liamh`s Kleidung auf, sodass sie die nassen Tücher um seine Arme, seinen Brustkorb und seine Beine wickeln konnte. Danach breitete sie alle Pflanzen auf eine Decke aus. Grübelnd nahm sie einige in die Hand, rieb die Blätter zwischen ihren Händen und roch an ihnen. Nichts, sie hatte keine Ahnung, ob Heilkräuter darunter waren, oder ob nicht vielleicht alle samt giftig waren. Eine Pflanze mit etwas länglicheren Blättern und kleinen weißen Blüten fiel ihr jedoch sofort ins Auge. Konnte es sich bei dieser Pflanze um Bärlauch handeln? Eine andere Pflanze mit dunklen, kleinen Blättern, fiel ihr ebenfalls auf. Als sie diese Pflanze in die Hand nahm, kam sie ihr irgendwie vertraut vor. Ein leicht verschwommenes Bild einer wunderschönen Frau tauchte in ihren Erinnerungen auf. Sie trug ein langes elegantes Kleid, das in den Farben des Meeres schimmerte. Nur das Gesicht konnte sie nicht klar erkennen. Die Frau saß in einer kleinen Kammer und nahm eben dieses Kraut in den Mund. Langsam kaute sie darauf herum. Dann legte sie ihren Kopf auf ein Kissen und versank in eine Art Trance. Ailish wusste, dass sie nicht hier sein dürfte, immer wieder sagte man ihr, dass sie zu jung für so etwas sei, aber sie war doch so neugierig gewesen. Als diese Gedanken durch Ailish`s Kopf schossen, begann ein heftiger Kopfschmerz hinter ihrer Stirn an zu pochen. Erst, nachdem sie einige Minuten ihren Kopf auf ihre Beine gelegt hatte, legte sich das Schwindelgefühl wieder. Wow, was war das gewesen? Eine Art Deja Vue? Vielleicht war es einfach ein Zeichen gewesen. Besorgt schaute sie sich nach Liamh um. Dieser lag immer noch im Fieberwahn auf der Liege und bewegte sich unruhig hin und her. Sie hatte keine Ahnung, ob sie hier wirklich sicher waren, ob sie noch immer verfolgt wurden oder ob ihre Verfolger nicht schon längst die Hütte umstellt hatten. Sie hatte als Jugendliche zwar einmal einen Selbstverteidigungskurs gemacht, doch ob ihr das hier etwas nützen würde, wagte sie zu bezweifeln. Damals hatte sie ja auch nicht damit gerechnet,
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