Tochter der Hoffnung (German Edition)
ähnlich sehen. Da hatte Liamh sie völlig aus dem Konzept gebracht und schon vergaß sie, sich Schuhe anzuziehen. Mit vor Wut zusammen gekniffenen Lippen nahm sie den Saum ihres Kleides in beide Hände und riss sich Stofffetzen ab. Der Riss, den sie sich an der Treppe zugezogen hatte, kam ihr somit jetzt zu Gute. Die einzelnen länglichen Stoffe band sie sich so dick um die Füße, dass sie sicher sein konnte, damit laufen zu können ohne sich weiter die Füße zu verbrennen. Zum Schluss riss Ailish sich den Unterrock an der Naht ab und band sich diesen um den Kopf zum Schutz vor der prallenden Sonne. Was nun? Sollte sie erst einmal hier sitzen bleiben und abwarten, was passierte? Oder sollte sie planlos los laufen? Ein großer schwarzer Skorpion, der sich auf sie zubewegte, nahm ihr jedoch die Entscheidung ab. So schnell sie nur konnte stand Ailish auf und flüchtete sich in die entgegen gesetzte Richtung des Skorpions. Hier war der Sand einigermaßen fest, sodass sie zwar etwas langsam dennoch stetig vorwärts kam. Nach kurzer Zeit und einigen Litern Schweißes ließ sich Ailish am Stamm eines hochgewachsenen Akazien-Baumes hinuntergleiten und schloss kurz die Augen. Ob das hier eine Art Prüfung war? Mit einem Stirnrunzeln blickte Ailish sich um und konnte außer Sand, einigen Dünen-und Wüstengräsern und vereinzelten Akazien-Bäumen jedoch nichts weiter entdecken. Moment mal. Wenn hier Bäume und Gräser überlebten, musste es auch Wasser geben. Wenn sie nur tief genug an den Wurzeln graben würde, könnte sie vielleicht sogar eine Wasserader erreichen. Sie kam fast um vor Durst, doch durch ihre Idee beflügelt, machte Ailish sich sogleich ans Werk und schaufelte den Sand mit ihren wiederum mit Stoff umwickelten Händen zur Seite, bis sich ein kleines Loch gebildet hatte. Doch der Sand war so feinkörnig, dass Ailish nur sehr langsam voran kam. Wenn das so weiter ginge, wäre sie vor Wassermangel gestorben, ehe sie auch nur ein Loch gebuddelt hätte, das so groß war, als dass es ihr als Grab dienen könnte. Ihr Kleid bewegte sich leicht in dem Wind, der vor kurzem aufgekommen war. Das brachte Ailish jedoch auf eine Idee. Im Kampf mit den Arrach-Wölfen hatte sie schon einmal den Wind zu Hilfe genommen, vielleicht klappte es diesmal ja wieder. Ailish schloss die Augen und konzentrierte sich auf die Bewegung des Windes um sie herum. Sie stellte sich genau vor, wie der Wind mit seiner Kraft den Sand aus dem Loch beförderte, bis sie eine kleine Kuhle mit Wasser hatte. Als Ailish jedoch ihre Augen wieder öffnete, tat sich nichts in dem Loch. Im Gegenteil, immer mehr Sand rieselte zurück und das Loch wurde somit immer kleiner. Vielleicht musste sie wie im Haus von Liamh`s Onkel einen Spruch aufsagen. In Gedanken krempelte sie also ihre Ärmel hoch, schloss wieder die Augen und nach kurzem überlegen sprach sie laut:
Ich bitte um Hilfe den Wind. Das Wasser zu suchen, tief in der Erde. Um Leben zu retten und dies nun geschwind.
Ok, es war vielleicht nicht der einfallsreichste Spruch, doch wie Ailish mit einem breiten Grinsen bemerkte, er hatte gewirkt. Die Bewegungen des Windes hatten rund um sie herum deutlich zugenommen und wurden immer stärker. Immer mehr Sand flog regelrecht aus dem Loch, sodass Ailish sich ihr Kopftuch schützend vor das Gesicht halten musste, um nicht noch mehr Sand und andere Sachen, über die sie lieber nicht nachdenken wollte, in den Mund, die Nase und die Augen zu bekommen . Als Ailish das glitzern von Wasser erkennen konnte, stieß sie einen Jubelschrei aus und beugte sich etwas weiter über das Loch. Der Wind nahm nun wieder ab und Ailish erkannte, dass, obwohl das Loch immer tiefer wurde, nicht mehr Wasser erschien. Als die Luft um sie herum wieder vollkommen ruhig geworden war, nahm Ailish das Tuch, welches sie sich vorher um den Kopf gewickelt hatte, in die Hand und senkte es in das kostbare Nass. Das Loch war zu klein, als dass sie ihren Kopf hinein stecken konnte. Zudem musste sie den Arm ganz schön strecken, um an den Boden und damit an das Wasser zu kommen. Gierig ließ sie die Feuchtigkeit aus dem Tuch in ihren Mund und auf ihr Gesicht fallen und dachte dabei, dass Wasser noch nie so gut geschmeckt hatte. Als sie gerade das Tuch ein zweites Mal in das Loch senken wollte, tauchte vor ihr im Blickfeld ein Kamel auf. Hatte sie jetzt Halluzinationen? Wie nannte man das, eine Fata Morgana? Als ihr das Tier jedoch seinen warmen Atem ins Gesicht blies, war Ailish sich sicher, dass
Weitere Kostenlose Bücher