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Tochter der Insel - Historischer Roman

Tochter der Insel - Historischer Roman

Titel: Tochter der Insel - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jutta Oltmanns
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Weile still. Bell setzte ihr Glas, das sie schon an den Mund führen wollte, wieder ab. Sie sah erst Lea und dann Nikolas an.
    »Ihr beide habt euch doch nicht für irgendeine heikle Sache gewinnen lassen und bringt euch in Gefahr, oder?«
    Lea blickte zur Seite, während Nikolas einen Finger an die Lippen hob. »Kommt, wir gehen besser.«
    Kühler Wind wehte ihnen entgegen, nachdem die Tür des Spielhauses sich hinter ihnen geschlossen hatte. Nikolas stellte den Kragen seiner Jacke hoch und die Frauen hüllten sich tief in ihre Mäntel ein.
    »Also, was ist nun? Bringt ihr euch in Gefahr?«
    »Ich nicht«, sagte Lea stockend.
    »Aber Sie, oder?« Bell funkelte Nikolas an. Ihr Mund näherte sich seinem Ohr. »Was ist es? Eine Vereinigung, die im Verborgenen dafür kämpft, dass die Indianer in den Reservaten besser behandelt werden?«
    Nikolas hob die Hand. »Wir sollten das Thema beenden. Es geht um Menschenrechte und die Einstellung zum Leben. Bei manchen Dingen, da fühlt man sich einfach verpflichtet, etwas zu tun.«
    »Ich nicht! Ich fühle mich nur für mich selbst verantwortlich. Vor meiner Nase könnten die Häscher mit einem entlaufenen Sklaven Katz und Maus spielen. Ich würde ihm nicht helfen, auch wenn das Mauseloch direkt vor meiner Nase wäre.«
    Lea verzog das Gesicht, und Bells Augen weiteten sich. »Das ist es, nicht wahr? Sie arbeiten als Fluchthelfer. Nikolas, wissen Sie eigentlich, was Sie da tun?«
    »Ja, verdammt noch mal.« Er drehte sich zu ihr um und jetzt lag ein Stolz auf seinem Gesicht, den Lea noch nie bei ihm bemerkt hatte. »Ich kann mein Leben riskieren für was und wen ich will. Mich hindert weder die Verantwortung für eine Frau noch für Kinder oder Eltern. Jeder hat ein Recht darauf, frei zu sein und menschenwürdig zu leben. Ich kann nicht anders, als dafür zu kämpfen. Die Versklavung von Menschen ist ein großes Verbrechen und wird irgendwann die Amerikaner entzweien. Spätestens dann wird sich jeder von uns die Frage stellen müssen, ob er für oder gegen die Sklaverei ist.«
    »Wie meinst du das, Nikolas?« Lea blickte ihn an.
    »Der Bruch zwischen den freien und den Sklavenstaaten ist unvermeidlich. Wenn es so weit ist, dann nützt es nichts mehr, die Augen zu verschließen.« Der Fotograf blieb stehen und sah Bell an. »Sie leben in St. Louis. Wenn es zum Bürgerkrieg kommt, auf welcher Seite werden Sie dann stehen?«
    Für einen Moment verharrte Bell reglos. Dann setzte sie sich gedankenverloren in Bewegung, ohne Nikolas eine Antwort zu geben.
    Schweigend schlenderten sie bis zum Gasthaus, in dem Bell sich einquartiert hatte. Es wirkte solide und einladend.
    »Gute Nacht, Lea. Wir sehen uns morgen.« Bell zog die Freundin an sich und hauchte einen Kuss auf ihre Wange. Dann streckte sie Nikolas die Hand entgegen. »Wissen Sie, was mir am Pokern besonders gefällt?«
    Nikolas schüttelte den Kopf.
    »Dass die Welt draußen bleibt. Es gibt nur die Spieler und die Karten. Niemand muss sich entscheiden, hinter welcher Fahne er marschiert.«
    »Sie sind wirklich eine kluge Frau, Bell.« Er hauchte einen Kuss auf ihren Handrücken.
    »Werden Sie dieses reizende Kind nach Hause bringen?« Sie nickte in Leas Richtung.
    »Selbstverständlich. Ihnen eine gute Nacht.«
    »Sie haben ein großes Herz, mein Freund. Passen Sie gut darauf auf.«

3
    E inen Tag nach Bells Abreise kam ein Brief von Hiske. Der Bote hatte ihn abgegeben und Lea konnte es kaum erwarten, mit der Post alleine zu sein. Die neugierigen Blicke der Witwe Dreesmann ignorierend nahm sie den Umschlag an sich und verschwand auf ihr Zimmer. Leas Finger zitterten, als sie das Kuvert öffnete und zwei Bögen herauszog. Dicht an dicht hatte Hiske ihre kindlichen Buchstaben gesetzt, die die Reihen füllten. Der Brief war lange unterwegs gewesen – schon seit Mitte Dezember. Lea begann zu lesen.
    Wie habe ich mich über deinen Brief gefreut. Gott sei Dank, wissen wir nun endlich, wo du bist und wie es dir geht. Ich habe mir solche Sorgen um dich gemacht, mein Kind.
    Der warmherzige Ton tat gut. Lea sah Hiskes liebes Gesicht vor sich. Begierig las sie weiter. Die alte Haushälterin schrieb von ihrer Erschütterung über Rebekkas Tod, ihrer Traurigkeit und dem Entsetzen darüber, dass Lea völlig auf sich gestellt gewesen war. Lea hatte berichtet, dass sie zunächst auf der Farm untergekommen war und dann in Quincy Arbeit gefunden hatte. Von ihrer Beziehung zu Joris wusste Hiske nichts.
    Wer hätte gedacht, dass du einmal für

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