Tochter der Insel - Historischer Roman
genau der Typ Maschine, an dem ich mein Handwerk gelernt habe.«
Es dauerte nicht lange, und die Druckpresse war einsatzbereit.
»Sehen Sie nur, wie leicht sie zu bedienen ist.« Kalle kurbelte die leere Druckform hoch und senkte den Tiegel einmal ab. »Jetzt fehlen nur noch die Lettern, Papier und Druckerschwärze, dann ist die Druckerei komplett.«
»Das werden wir gleich haben!«
In der Nähe des Fensters, wo mehr Licht hereinfiel, baute Nikolas das Zubehör für die Setzmaschine auf: den Schriftsatz, den Setzkasten, den Winkelhaken und die Lederschürze.
»Und jetzt zeig mal, was du kannst!«
Kalle zog die Jacke aus, krempelte seine Ärmel auf und band sich die Lederschürze um. Er nahm den Winkelhaken in seine linke Hand und begann zu setzen. Lea hörte das Klickklick, als er nach den Lettern griff, und erstarrte vor Staunen. Kalles rechte Hand bewegte sich so schnell, dass sie ihm kaum folgen konnte. Innerhalb kürzester Zeit war der Winkelhaken mit Lettern gefüllt. Der junge Bursche verlegte den Block von drei Zeilen auf ein flaches Holzbrett.
»Das ist das Setzschiff«, erläuterte er, während seine Hände weiterhuschten.
Als Kalle den Bericht fertig hatte, fügte er ihn in den Formrahmen ein und fixierte alles mit Schließkeilen. Dann kippte er die Platte, um die Justierung zu überprüfen. Schließlich färbte der Rotschopf die Walzen ein, lud die Presse und drehte die Kurbel. Dann zog er ein bedrucktes Blatt in die Höhe. Seine Augen leuchteten.
»Eine fabelhafte Presse! Sie druckt sauber und verteilt die Schwärze völlig gleichmäßig. Sehen Sie nur!« Er reichte Lea das noch feuchte Blatt.
»Wunderbar!«
»Du bist der beste Druckergeselle, den ich je gesehen habe. Die Einrückungen sind gleichmäßig, das Druckbild sauber und ohne Fehler. Dazu dieses schnelle Arbeiten!«, lobte Nikolas respektvoll.
»Da hast du einen guten Griff getan«, stimmte Rupert ihm zu.
Kalle verbeugte sich leicht. Sein Gesicht hatte eine rote Färbung angenommen.
»Nikolas, was hältst du davon, wenn wir die erste in Quincy gedruckte Ausgabe als Werbeexemplar kostengünstig herausgeben? Es kann ja ruhig eine dünne Nummer sein. Wir würden uns einen guten Ruf erwerben und den Lesern den Mund wässrig machen für die nächsten Ausgaben.« Lea blickte begeistert auf den Probedruck.
»Vorschlag angenommen!«
»Wollen wir nicht über die Druckerei berichten, die hier ihr Zuhause gefunden hat? Und vielleicht in dem Zusammenhang auch über den neuen Stadtteil?«
»Ich könnte mit den Männern sprechen, die so emsig an den neuen Bauten arbeiteten, und mit den Kaufleuten, die dort ihre Geschäfte abwickeln wollen«, bot Rupert an.
»Gute Idee.« Niklas zauberte eine Flasche hervor und holte vier Gläser. »Auf den Erfolg der Mannigfaltigkeit! «
Am frühen Morgen hatte es gestürmt und geregnet. Auf den Wegen lagen noch abgebrochene Äste, aber die Sonne und der blaue Himmel versprachen einen schönen Tag. Es roch nach feuchtem Laub und Frühlingsblumen.
Durch den Regen hatte der Staub sich gelegt. Das würde für ihr Vorhaben von Vorteil sein. Lea schloss eine der Kisten, in denen sich die Illustrierten befanden, und trug sie nach draußen. Seit der Ankunft der Presse vor vier Tagen waren sie ausschließlich mit dem Erstellen und Drucken der Mannigfaltigkeit beschäftigt gewesen. Heute nun sollten die Bilderblätter verkauft werden.
»Kalle und Rupert haben sich auf den Weg zu den Ochsentreibern gemacht. Die Laufburschen habe ich überall in der Stadt verteilt. Was meinst du, Nikolas, wo sollten wir uns aufbauen?«
Der Fotograf stellte vorsichtig einen großen Aufsteller ab, während er eine der Kutschen heranwinkte. »In der Nähe der Dampfboote. Vielleicht unter der großen Eiche. Dort müssen alle vorbei, die zu den Schiffen wollen.«
»Dann stehen wir ja fast auf der Straße.«
»Stimmt! Da werden wir garantiert nicht übersehen.«
Eine Kutsche hielt und Nikolas half zunächst Lea in den Wagen und verstaute dann die Kisten mit den Zeitschriften und den Aufsteller. Kurze Zeit später richteten sie sich unter den ausladenden Zweigen der Eiche ein. Der Verkehr rauschte an ihnen vorbei. Kutschenräder ratterten über die Steine, Ochsen brüllten und Treiber fluchten. Frauen kamen mit gefüllten Einkaufskörben von den Booten, die direkt am Anleger Waren verkauften.
Während Lea Kisten öffnete und Nikolas den Aufsteller in Position brachte, scharte sich erstes Publikum um die beiden. Lea schichtete zwei
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