Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tochter der Insel - Historischer Roman

Tochter der Insel - Historischer Roman

Titel: Tochter der Insel - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jutta Oltmanns
Vom Netzwerk:
natürlich auch dir. Ihr Name ist Carlotta. Wir beide haben im letzten halben Jahr viel Zeit miteinander verbracht.«
    »Eine Freundin?«
    »Ja. Sie ist einfach zauberhaft. So ganz anders als alle Frauen, die ich kenne. Carlotta ist wunderbar verrückt. Sie trägt die unglaublichsten Kleider und schert sich keinen Deut darum, was andere davon halten. Ich war lange Zeit sehr einsam in der Stadt. Das hat sich geändert, als ich sie kennengelernt habe. Wo Carlotta ist, da ist das Leben.« Immo ergriff erneut Leas Arm, und während er sie mit sich fortzog, schwärmte er weiter: »Carlotta nimmt einfach nichts ernst – und alles wird leicht. Diese Frau ist wie warmer Wind, der einen im Sommer streichelt. Wir waren zusammen im Theater und an der See. Durch sie habe ich die interessantesten Menschen kennengelernt, Künstler, Musiker und Tänzer. Anfangs dachte ich, ein zukünftiger Lehrer wäre nicht gut genug für Carlotta. Sie kommt aus reichem Hause, musst du wissen. Aber ihre Eltern haben mich sehr freundlich empfangen.«
    Er blieb abrupt stehen und strahlte Lea an. »Ich glaube, sie liebt mich.«
    Er wartete auf eine Reaktion. Sie kam nicht. Lea wich seinem Blick aus. Für einen Herzschlag dachte Immo, sie würde gleich anfangen zu weinen, doch kurz darauf schien es ihm, als habe er sich das nur eingebildet.
    »Das freut mich für dich. Ich muss mich erst an den Gedanken gewöhnen. Du hast nie von ihr erzählt, Immo. Es kommt alles so überraschend«, sagte sie schließlich mit brüchiger Stimme.
    »Ich wünsche mir so sehr, dass ihr Freunde werdet.«
    Lea drehte sich von ihm weg. Sie steckte ihre Hände in die Jackentaschen und zog fröstelnd die Schultern hoch. »Immo, der Himmel zieht sich zu. Ich glaube, wir sollten uns lieber auf den Heimweg machen. Es könnte Regen geben.«
    Ohne ein weiteres Wort wandte Lea sich um. Mit raschen Schritten holte Immo sie ein. Sie kamen am Anger vorbei, auf dem das Vieh weidete, am Leuchtturm, dessen Kupferkuppel im Sonnenlicht glänzte, und immer noch schwieg Lea. Schließlich blieb sie an der Weggabelung stehen.
    »Ich wünsche dir, dass deine Träume in Erfüllung gehen und du mit Carlotta glücklich wirst.«
    Immo zog Lea an sich und drückte seine Wange an ihr kühles Gesicht. Eine Abschiedsgeste aus Kindertagen.
    »Danke! Du musst nicht glauben, dass sich durch Carlotta zwischen uns etwas ändert. Lea, wir werden immer die besten Freunde sein. Ich werde dir Carlotta vorstellen. Du wirst sie mögen!«
    Als Lea gegangen war, blieb Immo unentschlossen stehen. Er wusste nicht, warum, aber seine freudige Erregung war einer Beklemmung gewichen. Immo schlug den Kragen seiner Jacke hoch und machte sich auf den Heimweg. Kälte umfing ihn. Vor die Sonne hatten sich Wolken geschoben und verdunkelten den Tag.

2
    H iske warf einen Blick auf die Uhr an der Wand über dem Küchentisch. »Die Frau Brons ist aber heute spät dran.«
    Lea nickte nur und legte mechanisch die Wäsche zusammen. Ihre Gedanken waren nicht bei Großmutter, deren Rückkehr von Bremen sie erwarteten, sondern drehten sich einzig und allein um Immo. Sie war immer noch wie gelähmt vor Entsetzen. Warum war ihr nie der Gedanke gekommen, Immo könnte sich verlieben? Hatte sie wirklich erwartet, dass er sich nicht für andere Frauen interessieren, dass die Freundschaft mit ihr ihm genügen würde? Diese Zeit war lange vorbei und Immo ein erwachsener Mann, der ein Recht darauf hatte, sein eigenes Leben zu leben, sich eine Frau nach seinem Sinn zu suchen. Es war dumm von ihr gewesen, darauf zu hoffen, dass er sie eines Tages mit anderen Augen sehen und lieben würde.
    Lea merkte, wie ein leichtes Zittern sie befiel. Sie musste die Zähne zusammenbeißen. Niemand durfte etwas von ihrer Enttäuschung merken.
    Ich wünsche mir so sehr, dass ihr Freunde werdet. Freunde! Lea wusste nicht einmal, wie sie die Begegnung mit dieser Fremden überstehen sollte. Sie spürte, wie sich ungeweinte Tränen in ihr sammelten.
    Der Türklopfer draußen wurde angeschlagen und lenkte Lea ab. Sie bedeutete Hiske, beim Brotteig zu bleiben. »Ich geh schon.«
    An der Tür erkannte sie die wuchtige Gestalt des Inselvogtes. Die silbernen Knöpfe an seiner blauen Jacke blitzten. Der Mann nahm den breitrandigen Hut ab. Er wirkte bedrückt.
    »Darf ich hereinkommen?«
    »Natürlich.«
    »Lea, es fällt mir nicht leicht, derjenige zu sein … Ich habe es auch gerade erst erfahren.« Erst jetzt hob er den Kopf und sah sie an. »Leider muss ich dir sagen,

Weitere Kostenlose Bücher