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Tochter der Nacht

Tochter der Nacht

Titel: Tochter der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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Frühstück.«
    Aber nur eine gebeugte, verschleierte Gestalt trat in die Gruft. Ohne Tamino zu beachten, ging sie geradewegs auf Papageno zu und sagte mit lieblicher, melodischer Stimme:
    »Man hat mich beauftragt, dir die Zauberglöckchen zurückzubringen.«
    Und was ist mit meiner Flöte? dachte Tamino und wollte schon danach fragen. Doch noch ehe er ein Wort hervorbringen konnte, warf die Gestalt die Schleier zurück, und vor ihnen stand eine Frau mit faltigem Gesicht, zahnlosem Mund und einem gekrümmten alten Körper.
    Trotzdem, dachte Tamino, es ist eine Frau, und die Regeln der Prüfung verbieten mir, mit ihr zu sprechen.
    Papageno nahm das Glockenspiel an sich. »Ich bin froh, es wieder zu haben«, erklärte er herausfordernd. »Bei den vielen Gefahren, die hier lauern, hätte ich es allerdings schon früher brauchen können.«
    »Aber man sagt, du seist sehr mutig«, sagte die alte Frau mit brüchiger Stimme.
    »O ja«, erwiderte Papageno.
    Tamino fuhr zusammen. Der alberne Bursche begann schon wieder zu prahlen und brach damit seinen Schwur. Er flü-
    sterte ihm energisch zu: »Still, Papageno! Du hast dein Versprechen schon einmal gebrochen und mit den Damen der Sternenkönigin gesprochen. Man gibt dir aber noch eine Chance! Sei vorsichtig.«
    ∗ ∗ ∗
    »Ich habe meinen Eid nicht gebrochen!« erwiderte Papageno heftig. »Ihr haltet sie doch wohl nicht für Frauen? Nein, die Damen der Sternenkönigin sind böse Geister aus der Unter-welt. Sie sind Dämonen, jawohl, das sind sie. Und die Priester haben nichts davon gesagt, daß wir nicht mit Dämonen sprechen dürfen!«
    Tamino mußte gegen seinen Willen lachen. Papageno wußte doch auf alles eine Antwort. Vermutlich würde das sein Untergang sein. Aber er war nun einmal wie er war, und Papageno mußte sein Schicksal auf sich nehmen.
    Die Alte fragte: »Kann ich etwas für dich tun, mein Schatz?«
    »Na ja, gegen ein Frühstück hätte ich nichts einzuwenden«, erwiderte Papageno, »oder gegen ein Glas Wein.«
    »Oh, nichts ist leichter als das«, sagte die Alte, zog einen Weinschlauch unter ihrem Mantel hervor, füllte ein Glas und hielt es Papageno entgegen.
    »Ah, bist du auch Mundschenk für all die Helden, die sich den Prüfungen unterziehen?«
    »Nein, nein, nicht für alle«, erwiderte die Frau, »ich bin nur gekommen, weil mein künftiger Gemahl hier irgendwo sein muß.«
    »Oho, du hast einen Geliebten, Mütterchen?« erkundigte sich Papageno.
    »Aber ja«, antwortete sie mit süßer Stimme. Tamino hätte schwören mögen, daß sich unter dem Mantel ein junges Mädchen verbarg; und doch sah ihr Gesicht wie ein Toten-kopf aus, uralt und wie aus Stein.
    »Und was tust du sonst hier?«
    »Ich singe, spiele Flöte, das Glockenspiel und die Harfe, ich tanze und jongliere…«
    »Du jonglierst?« Tamino hörte, wie Papageno sich verschluckte. »Na das möchte ich gern einmal sehen, Mütterchen.«
    ∗ ∗ ∗
    »Wenn du möchtest, bitte…« Die Alte griff nach dem Glok-kenspiel und begann mit den Glöckchen, dem Weinschlauch und einem Stiefel, den Papageno noch nicht wieder angezogen hatte, zu jonglieren. Tamino staunte über ihre Fertigkeit; die Alte war so geschickt wie ein junges Mädchen.
    »Wie alt bist du, Mütterchen?« wollte Papageno wissen.
    Die Frau kicherte, und wieder erklang eine mädchenhafte Stimme.
    »Zwanzig Jahre und ein Tag.«
    »Das«, bemerkte Papageno, »muß ein sehr langer Tag gewesen sein.«
    »Das kann man wohl sagen. Aber mein Geliebter ist so verständnisvoll und reizend, ihm macht das gar nichts aus.« Die Alte hob den Weinschlauch vom Boden auf und gab Papageno das Glockenspiel zurück. Dann griff sie nach dem Stiefel und warf ihn Papageno mit einer schelmischen Geste zu.
    »Dein Liebhaber muß wirklich ein netter Bursche sein«, er-klärte Papageno. »Ist er so jung und reizend wie du, Mütterchen?«
    »Oh, nein. Man hat mir gesagt, daß er älter ist«, erwiderte sie. »Beinahe zehn Jahre älter als ich.«
    »Ich bin sicher, ihr seid ein reizendes Paar.« Papageno hatte den Wein in seiner Hand völlig vergessen, hob nun das Glas an die Lippen, nahm einen Schluck und sagte: »Ich kenne nicht viele Leute in dieser Gegend, aber man kann ja nie wissen… Wie heißt er denn?«
    »Papageno«, antwortete sie klar und deutlich. Der Vogel-Mann prustete heftig und goß sich den Wein über das Hemd.
    »Wie?« fragte er, »soll das ein Scherz sein?«
    »Keineswegs. Sarastro hat versprochen, daß du mein Gemahl wirst. Ich bin

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