Tochter der Schatten - Vara, M: Tochter der Schatten
dunkle Magie alle Fruchtbarkeit zerstört hatte. Vergiftete Wasser, Wüsten, Armut.«
»Und diese Barriere, von der alle sprechen?«
»Sollte die Überlebenden daran hindern, ihren Unfrieden und den Tod bis zu anderen Völkern zu tragen. Fast wäre es so weit gekommen«, sprach er leise, wie zu sich selbst. »Bis die Alten aus dem Vergessen stiegen, um uns in unser eigenes zerstörtes Reich zu verbannen.« Er wandte sich achselzuckend ab und ließ sich auf einer mit Kissen belegten Steinbank nieder.
»Und Sie, Markus?«, fragte Gabriella. »Wir hatten solche Sorge um Sie.« Wir . Er wusste, dass sie Rita damit meinte, und für einen Moment schien es, als sackte er ein wenig zusammen.
»Darran sagte mir einmal, dass die meisten von den Nebeln getötet werden«, setzte sie nach.
Er schwieg so lange, dass sie schon glaubte, er würde nicht antworten, bis er tief Luft holte. »All jene, die die Barriere durchbrechen und deren Körper sich verändert, werden getötet, aber … die Nebel sind mächtig.«
»Mächtig genug, um Sie zu heilen?«
»Wenn ihnen daran liegt.«
Gabriella lächelte, als sie sich neben ihn setzte. »Und das war offenbar der Fall.«
Markus’ Blick wurde verdrossen. »Sie haben mein Innerstes nach außen gekehrt, jeden Winkel meines Bewusstseins durchforscht. Sie wissen mehr über mich als ich selbst.« Er holte tief Luft. »Es war entsetzlich. Schlimmer als die Barriere. Lieber wäre ich gestorben.«
»Aber Sie sind am Leben geblieben.« Gabriella legte die Hand auf seine und lehnte den Kopf an seine Schulter. Mit einem Mal fühlte sie sich mit ihm verbunden, nahm seine Gefühle und seine freundschaftliche Verbundenheit wahr. Sie hob den Kopf und sah ihn erstaunt an. Dies war eine neue Erfahrung, die sie bisher nur mit Darran geteilt hatte.
Sein Lächeln war warm. »Das ist die Magie in Ihnen, Gabriella. Wir spüren das alle. Das ist der Grund, weshalb wir einander seltener berühren, als das in Ihrer Welt der Fall ist.«
Gabriella ließ das freundschaftliche Band zwischen ihnen auf sich einwirken, dann grinste sie. »Sie dürfen mich Gabi nennen.« Sie sahen sich an, lachten, und dann wurden sie beide schlagartig ernst und vermieden es, einander anzusehen. Es war, als stünde plötzlich Rita mit ihnen im Raum.
»Rita hat sich den Wintermantel gekauft«, sagte Gabriella sanft.
Er lachte leise.
»Sie trägt ihn für Sie. Und sie hat sich von diesem Kerl getrennt.« Sie spürte, wie er sich anspannte, und rieb ihre Wange an seiner Schulter. Das hätte sie daheim nie bei jemandem gemacht, aber bei Markus schien es so natürlich zu sein, ihm so nahezukommen. Es war ihr, als kenne sie ihn ihr ganzes Leben lang, und dieselbe Empfindung ging auch von ihm aus – eine fast brüderliche Verbundenheit. »Das heißt, er sich eher von ihr, nachdem er von diesen Schlägern eine Tracht Prügel einstecken musste.«
»Schade, dass ich es nicht war«, brummte Markus.
»Ich wünschte so sehr, sie hätte mit mir kommen können, und vielleicht hätte ich sie fragen sollen?«
»Nein.« Markus schüttelte vehement den Kopf. »Sie könnte hier nicht leben. Unsere Körper haben sich angepasst, schon vor sehr langer Zeit. Sie sind anders, Sie sind Strabos Tochter.« Er legte den Arm um sie, drückte sie sanft an sich, sie fühlte einen Atemzug lang seine Wange auf ihrem Haar, dann ließ er sie los. »Ich werde immer Ihr Freund sein, Gabi.«
»Das haben Sie schon bewiesen.«
Er nickte, plötzlich traurig geworden. »Nicht genug. Oder zu spät.« Er holte tief Luft, als würde er daraus Kraft schöpfen für seine nächsten Worte. »Es gibt etwas, das Sie wissen sollten: Ich war früher Ramesses’ Schatten.« Ein kleines Lächeln ließ Fältchen um seine Augen erscheinen, als er ihren verständnislosen Blick sah. »So etwas wie Alderan für Levana, sein Beschützer, obwohl diese Beziehung weit darüber hinausgeht. Der Schatten wird bereits in den ersten Lebenswochen oder Lebensmonaten eines Kindes bestimmt und verbringt dann den Rest seines Lebens mit ihm.«
»Und wenn einer heiratet und wegzieht?«, fragte Gabriella verblüfft.
»Dann ziehen eben alle zusammen.«
Sie spitzte die Lippen. »Klingt für mich ein bisschen wie Leibeigenschaft.«
Markus dachte nach, versuchte offenbar, die Konzepte zu vergleichen, dann schüttelte er entschieden den Kopf. »Nein. Der Schatten könnte die Wahl auch ablehnen. Und die Beziehung zu dem Kind ist eine sehr enge – als hätte er oder sie einen Sohn oder eine
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