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Tochter der Schatten - Vara, M: Tochter der Schatten

Tochter der Schatten - Vara, M: Tochter der Schatten

Titel: Tochter der Schatten - Vara, M: Tochter der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mona Vara
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leicht erreichen konnte. Dann zog er sich einen Stuhl heran, setzte sich und beugte sich etwas vor. Gabriella musterte scheu den blutigen Kratzer, den sie ihm zugefügt hatte. Das musste brennen, aber Markus schien ihn nicht einmal wahrzunehmen.
    »Ich habe Sie beobachtet«, sagte er in seiner ruhigen Art. »Er ist immer in Ihrer Nähe.«
    »Sie … sehen ihn?«
    Er schüttelte den Kopf. »Nein, aber Ihr Verhalten hat Sie verraten.« Er hob die Augenbrauen. »Sofern man weiß, wonach man Ausschau halten muss.«
    »Und woher wissen Sie das?«
    »Weil ich von Amisaya gekommen bin, um Sie zu töten.«
    Gabriella umfasste die Nagelschere fester. Markus sah darauf, und ein kurzes Lächeln huschte über sein Gesicht.
    »Ich war einer von ihnen. Wie der Jäger, in dessen Begleitung Sie sich die ganze Zeit über befanden. Ehe ich …« Er unterbrach sich.
    »Ehe Sie was?«
    »Ehe ich zu fühlen begann und nach Amisaya zurückkehren musste.« Er beugte sich leicht vor. »Sie sind in Gefahr, Gabriella. Ich war nicht der Erste und bin bestimmt nicht der Letzte, der geschickt wird, um Sie zu ermorden. Sie … Ihr Vater hat Feinde. Aber das ist alles im Moment zu kompliziert.« Er blickte um sich. »Sind Jäger hier? Im Raum?«
    »Sie können sie nicht sehen?«
    Er schüttelte den Kopf. »Ich habe nicht Ihre Fähigkeiten.«
    Gabriella holte tief Luft. »Drei. Drei sind hier.«
    Er lächelte, diesmal breiter, und erhob sich. Er glaubte ihr kein Wort. »Falls Sie einen sehen …« Er zögerte. »Nein, nur wenn Sie Ihren Jäger sehen – hören Sie, das ist sehr wichtig – nur Ihren , keinen anderen, dann erzählen Sie ihm, dass man Sie töten will. Und bis dahin bleiben Sie hier in Ihrer Wohnung. Verriegeln Sie die Tür und öffnen Sie niemandem. Ich komme zurück, so schnell ich kann.«
    »Was? Sie können doch nicht …«
    »Ich komme wieder, muss nur noch etwas erledigen. Danach sprechen wir weiter.« Er ging zur Tür, Gabriella sprang auf und lief ihm nach.
    »Und der?« Ihr zitternder Finger wies auf den am Boden liegenden Mann. Er lag da wie zuvor, die Zunge hing heraus. Aber … hatten sich nicht seine Augen bewegt?
    »Der tut Ihnen nichts. Das ist auch kein Mensch. Zumindest keiner aus Ihrem Volk.«
    Sie starrte ihn an.
    Markus nickte. »Die Jäger werden sich bestimmt bald um ihn kümmern.« Er wollte die Tür öffnen, aber Gabriella sprang vor und packte seinen Arm. »Sie können doch nicht einfach weggehen!«
    Er sah ernst auf sie herab. »Lassen Sie mich, sonst geschieht Rita etwas. Mit ihr wollen sie mich zwingen, Sie zu töten. Ich muss sie in Sicherheit bringen.«
    »Rita? Aber was …« Und dann begriff sie. Für einen Atemzug schloss sie die Augen. »Sie sind Ritas … Jäger. Derjenige, der eines Tages verschwunden war.«
    »Sie hat Ihnen von mir erzählt?« Etwas wie Freude klang in seiner Stimme mit.
    »Erst kürzlich.« Gabriella bückte sich mit abgewandtem Gesicht nach ihrer Handtasche, die neben dem … Wesen lag. Sie fühlte sich elend. Aber allein hierzubleiben war noch schlimmer. Die Augen des Mannes rollten hin und her, als wäre er in Panik. Er versuchte zu sprechen, aber es kam nur ein unverständliches Gurgeln hervor. Sie griff nach ihrer wattierten Jacke und zog sie über. »Ich komme mit.«
    »Das kommt nicht infrage.« Markus schob sie zur Seite, ehe er die Tür öffnete. »Ich bin nicht lange fort.«
    Sie zwängte sich aus der Tür, ehe er sie zurückhalten konnte. »Ich bleibe nicht allein hier!«
    »Dann kommen Sie eben mit, aber halten Sie mich nicht länger auf.« Markus klang ungeduldig.
    Im Aufzug drängte Gabriella sich an die Seite, um nicht mit Markus in Berührung zu kommen. »Ich habe noch nie gesehen, wie ein Mensch getötet wurde«, flüsterte sie. »Und noch dazu so … gekonnt …« Sie schluckte und verzog den Mund. Wenn doch alles nur ein böser Traum wäre!
    Markus betätigte den Aufzugknopf. Dann wendete er sich Gabriella zu und hob die Schultern. »Ich war ein Krieger. Wir haben gelernt, auf vielerlei Art zu töten. Mit Waffen. Und mit den bloßen Händen. Und – wie ich schon sagte – er ist nicht tot.«
    Hoffentlich war er fort, wenn sie zurückkam. Mitsamt den fremden Jägern, die sich angeblich um ihn kümmern sollten.
    Der Aufzug wurde langsamer. Erdgeschoss. Eilig klappernde Absätze, ein Hüsteln. Jemand stand vor der Aufzugtür.
    Die Tür glitt auf.
    Markus gab ein überraschtes Ächzen von sich. Vor ihnen stand Rita, aufgelöst, atemlos. »Gabi! Gott sei Dank!

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