Tochter der Schatten - Vara, M: Tochter der Schatten
geht es hier weiter?«
»Hier gibt es alte Kellerabteile mit Gerümpel. Und um einige Ecken herum führt eine Treppe noch ein Stockwerk tiefer.«
Er sah sich nachdenklich um, immer noch Ritas Blick vermeidend. »Für den Augenblick ist das ganz gut, aber wenn sie kommen, könnte das zu einer tödlichen Falle werden.«
Gabriella dachte nach. »Ich war schon mehrmals unten. Der ganze Häuserblock ist unterirdisch verbunden. Wir können bei einem anderen Ausgang, in der Parallelgasse, wieder hinaus. Vorausgesetzt natürlich, die andere Tür ist nicht versperrt.«
»Das könnte funktionieren.« Er streckte Gabriella die Hand hin. »Den Schlüssel bitte.«
»Was wollen Sie damit?«
»Ich werde mich um diese Männer kümmern. Sie beide gehen weiter, ich komme später nach.«
Als Gabriella zögerte, nahm er ihr wortlos den Schlüsselbund aus der Hand und zog den Schlüssel für die Kellertür ab. »Ich sperre von außen zu. Würden Sie von innen verriegeln, könnte ich nicht mehr nachkommen.«
»Die Männer waren hinter mir her.« Rita war so lange still gewesen, dass die anderen beiden zusammenzuckten, als sie sprach. »Sie haben mich verfolgt.« Sie sah von einem zum anderen, aber Markus starrte an ihr vorbei an die Wand. »Als ich nach Hause gekommen bin, lag Georg auf dem Boden. Er …«, sie schluckte, »blutete. Hier«, sie deutete auf ihren Kopf. »Er hat sich aber bewegt und geschimpft. Und Papa saß in seinem Lehnstuhl. Ganz verängstigt war er und wollte nichts sagen.« Sie holte tief Luft. »Ich bin hinausgelaufen, zur Nachbarin, aber da kamen die Männer die Treppe hinauf. Das heißt, einer nur. Aber er hat umgedreht, als er die Polizeisirenen gehört hat. Und ich …«
Gabriella hörte Markus’ Zähne knirschen. »Und weiter?«, fragte sie sanft.
Ritas Lippen zuckten, als würde sie weinen wollen. »Ich hatte plötzlich Angst. Also bin ich hinunter und wollte zum Haustor hinaus. Aber da standen drei Männer auf der anderen Straßenseite. Und bei ihnen eine Frau. Sie haben mich gesehen. Und da hörte ich, wie die Frau sagte: Dort ist sie . Also bin ich durch den Hof gelaufen und beim zweiten Haustor hinaus. Und zu dir, weil ich nicht wusste, wohin sonst.«
»Das war vernünftig.« Markus starrte konsequent an Rita vorbei. Er nickte Gabriella zu und wollte die Treppe hinaufsteigen.
»Markus?« Ritas Stimme war nur ein Flüstern.
Er blieb stehen, als wäre er gegen eine Wand gerannt, drehte sich jedoch nicht um. Sie machte einen Schritt auf ihn zu und berührte seinen Rücken. Gabriella sah, wie er tief Atem holte, dann wandte er sich Rita zu. Im nächsten Augenblick zerrte er sie an sich, presste sein Gesicht in ihr Haar und murmelte etwas Unverständliches, während er sie hielt und in den Armen wiegte wie ein Kind. Sie hörte Rita aufschluchzen, aber da hatte er sie auch schon wieder losgelassen, strich ihr zart über das Haar, drehte sich um und stapfte die Treppe hinauf. Die Tür schlug hinter ihm zu. Sie hörten den Schlüssel. Dann wurde es still.
Gabriellas Herz schlug bis zum Hals. Ihre Knie zitterten, und sie musste sich an der feuchten Kellermauer abstützen, weil sie Angst hatte, ihre Beine könnten nachgeben.
Rita lehnte sich ebenfalls an. »Wie … kommt er hierher? Ich verstehe nicht …«
»Er hat gesagt«, sagte Gabriella, »dass er geschickt worden ist, um mich zu töten.«
Ritas Augen weiteten sich vor Entsetzen. »Nein, so etwas würde er nie tun. Nie!« Sie fasste nach Gabriellas Hand.
»Und die Männer haben es nicht auf dich abgesehen, sondern auf mich. Falls ich auch nur ein Wort von dem verstanden habe, was dein Markus mir erzählt hat«, setzte Gabriella einschränkend hinzu, »dann wollten sie ihn mit dir erpressen, um mir den Garaus zu machen.«
»Aber was haben sie denn gegen dich?«
»Irgendeine Feindschaft mit meinem Vater, aber ich weiß nichts Genaues«, wehrte sie weitere Fragen ab.
Rita seufzte. »Na schön. Verschwinden wir jetzt erst mal von hier, reden können wir auch später.« Sie setzte sich in Bewegung, und Gabriella blieb, wenn sie nicht allein hier oben auf Markus warten wollte, nichts anderes übrig, als ihr zu folgen. Ihr war schwindlig. Und schlecht. Sie hatte Angst. Und sie wünschte, Darran wäre bei ihr. Sie wunderte sich, wie ruhig Rita wirkte.
Nach einigen Metern teilte sich der Gang. Beide Seiten endeten in Dunkelheit. Rita suchte nach dem Lichtschalter.
»Hier scheint es kein elektrisches Licht mehr zu geben.« Gabriella ging zwei
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