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Tochter der Träume / Roman

Tochter der Träume / Roman

Titel: Tochter der Träume / Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathryn Smith
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Minuten Zeit. Doch nachdem ich heute Morgen schon zu spät gekommen war, konnte ich mir eine ausgedehnte Mittagspause nicht leisten, vor allem nicht, weil mich Dr.Canning für den restlichen Nachmittag in seinem Labor erwartete.
    Er war recht höflich, als ich eintraf, aber ich merkte ihm an, dass ihm der Besuch der Polizei am Vormittag die Laune gründlich verdorben hatte. Es war klar, dass er mich nicht nur dafür verantwortlich machte, sondern auch dafür, dass Noah aus der Studie ausgeschieden war. Und die Tatsache, dass ich nicht allein für die Arbeit in der Klinik lebte, wurmte ihn ebenso. Ich konnte es ihm nicht verübeln, er hatte ja recht. Noah war meinetwegen ausgeschieden, und seit Karatos sein Unwesen in der Stadt trieb, hatte ich angefangen, mich mehr um das nicht-menschliche Wesen in mir zu kümmern, das nicht das tägliche Brot verdiente.
    Ich war fest entschlossen, sämtliche Aufgaben, die er mir heute übertrug, wunschgemäß zu erfüllen und mich nicht aufzuregen – auch nicht über sein mieses Verhalten. Nicht das erste Mal erwog ich, mich nach einem neuen Job umzusehen. Es wurde Zeit für eine Veränderung. In der Klinik hatte ich zwar wertvolle Erfahrungen sammeln können, aber ich wollte künftig mehr beratend tätig sein, mehr Forschung betreiben und nicht mehr so häufig Leute im Schlaf beobachten.
    Ich wollte von diesem Mann weg, der einmal mein Mentor gewesen war, sich inzwischen aber als arroganter Schaumschläger entpuppt hatte.
    Doch es kam natürlich anders als geplant. Der gute Vorsatz, sämtliche Aufgaben musterhaft zu erledigen, war mit einem einzigen Telefonanruf schlagartig dahin. Ich saß gerade in einer Besprechung mit Dr.Canning und Dr.Revello, bei der es um einen Patienten mit ernster Schlafapnoe ging, als Bonnies Stimme durch das hausinterne Telefon knatterte, um mir mitzuteilen, dass ich einen Anruf auf Leitung zwei hätte.
    Die beiden Ärzte wirkten nicht gerade begeistert, als ich mich kurz entschuldigte, sagten aber nichts. Ich ging zum Telefon an der Wand hinüber, drückte auf die blinkende Taste und nahm den Hörer ab.
    »Dawn Riley. Nur ein Todesfall wäre ein guter Grund für diese Störung.«
    »Das meinst du nicht im Ernst, ich weiß.« Warren. Die Sorge, die in seiner Stimme mitschwang, verwandelte meinen Bauch sofort in einen brodelnden Kessel voller Angst. Ich konnte mir nur einen Grund vorstellen, warum er mich bei der Arbeit anrief.
    »Warren. Ist alles in Ordnung mit Noah?« Ich sprach leise und hielt mich zur Wand gedreht, da Dr.Canning mich die ganze Zeit beobachtete und ich meine Beziehung mit Noah ihm gegenüber mehr oder weniger abgestritten hatte.
    »Ich weiß nicht so recht«, antwortete er offen. »Hast du heute schon mit ihm gesprochen?«
    »Heute Morgen, ja. Er klang müde, aber gut.«
    »Ich mache mir Sorgen um ihn. Ich glaube, er hat sich einen Grippevirus eingefangen, er will aber nicht zum Arzt gehen. Er liegt einfach nur matt auf dem Sofa herum.«
    Wie konnte ich ihm bloß beibringen, dass sein Bruder wohlauf war, ohne ihm erklären zu müssen, woher ich das so sicher wusste? »Es ist wahrscheinlich wirklich nur ein Virus. Als ich gestern Abend mit ihm … gesprochen habe, ging es ihm noch ganz gut.«
    »Würdest du mir einen Gefallen tun? Ich bin gerade auf dem Weg aus der Stadt. Kannst du später nach ihm sehen? Ich lege dir den Schlüssel unter die Matte.«
    »Ich muss heute bis fünf arbeiten. Aber klar, ich sehe nach ihm, bevor ich nach Hause gehe.« Nun hatte ich einen guten Grund, bei Noah vorbeizuschauen, ohne anhänglich zu wirken.
    Ein leises Seufzen drang durch die Leitung an mein Ohr. »Danke. Gib mir bitte deine Handynummer, dann schreibe ich dir eine SMS mit dem Code für die Alarmanlage.«
    Gute Idee. Hätte mich auch gewundert, wenn er einfach nur den Schlüssel unter die Matte gelegt hätte, wo ihn jeder finden konnte.
    Ich gab ihm meine Handynummer und lauschte in den Hörer, während er sie wiederholte. Dann bedankte er sich noch einmal, und wir legten auf. Dr.Canning beobachtete mich noch immer.
    »Stimmt etwas nicht, Dawn?«
    »Nein, Sir.«
    »Nun, es klang aber ganz nach einem privaten Anruf.«
    Das hatte ihn gar nichts anzugehen. Schließlich war das hier kein Knast. »Da haben Sie sich wohl verhört, Sir«, erwiderte ich, so ruhig und professionell ich konnte, ohne seinem bohrenden Blick auszuweichen.
    Der spitze Unterton entging ihm nicht, und er errötete. Geschah ihm recht. Künftig würde er es sich hoffentlich

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