Tochter der Träume / Roman
wir hoffentlich bald los, denn sein Schatten bedrohte unsere Beziehung. Und diese, so wünschte ich mir, sollte so normal wie möglich sein.
Fast wünschte ich, der Dämon bliebe uns noch eine Weile erhalten, so dass Noah und ich weiterhin gezwungen wären, zusammenzuarbeiten. Würde die Anziehung zwischen uns genug sein, wenn der Dämon erst einmal weg war?
Noah sah mich noch immer aus sanften, dunklen Augen an, das leichte Lächeln um die Lippen. »Ich liebe dich«, sagte er.
Mir blieb fast das Herz stehen – aber nicht, weil ich an seiner Liebeserklärung gezweifelt hätte. Nein, ehe ich mich versah, hatte er mich auf die Laken geworfen, war über mir und hielt mit übermenschlicher Kraft meine Arme fest.
»Und wehe, du holst deinen Schweinestecher hervor, kleines Morgenlicht«, murmelte er belustigt, während seine dunklen Augen eine blassblaue Farbe annahmen. Nur die dunklen Ränder blieben. Dunkle, spinnenhafte Ränder. Diese Augen waren grauenerregend in Noahs Gesicht.
Verdammt. Ich hätte wissen müssen, dass es ein Traum war, hätte gleich durchschauen müssen, dass es Karatos war, der mich aushorchte und meine Sinne täuschte.
Wieso begriff ich das erst jetzt? Weil er sich anfühlte wie Noah, weil er roch wie Noah. Verstand er es wirklich so gut, mich zu täuschen, oder hatte er bereits Energie aus Noah gesaugt?
»Runter mit dir!«, rief ich.
»Och, komm schon.« Das schiefe Lächeln verzog sich zu einem schmierigen Grinsen. »Es war doch so schön beim letzten Mal. Und stell dir vor, wie es jetzt erst werden könnte, mit meinem Talent in Noahs Hülle.«
»Ich sagte, runter!«
»Was willst du tun? Deinen Daddy rufen?«
Das sollte ich vielleicht tun, ja. Aber bevor ich auch nur einen Lidschlag täte, wäre Karatos unter seiner Tarnung verschwunden, und mein Vater hätte keine Chance, ihn zu finden. Ich hätte gestern Abend eine Pille nehmen sollen. Und Noah hatte ebenfalls keine genommen, wie mir gerade einfiel.
O mein Gott, was, wenn Karatos erneut über Noah herfiel?
Es schien fast, als hätte er meine Gedanken gelesen. »Keine Bange, Dawnie. Noah ist in Sicherheit. Vorerst jedenfalls.«
Vorerst? »Runter.« Doch ich wehrte mich nicht. Denn hätte ich mich unter ihm gewunden und gestrampelt, hätte ihn das nur erregt. »Sofort!«
Er grinste über beide Wangen, so dass von Noahs Gesicht kaum mehr etwas zu sehen war. Panisch beschrieb nicht annähernd den Zustand, in dem ich mich befand. Doch ich zuckte mit keiner Wimper und sah auch nicht zur Seite. »Sonst was?«
Ich hielt seinem Blick stand und fühlte eine leichte Selbstzufriedenheit, und das, obwohl ich nackt und verletzlich unter ihm lag. »Das hier.«
Und ich tat das, was ich mit Verek geübt hatte, als ich seine Kette fortzwang – nur, dass ich dieses Mal Karatos fortzuzwingen versuchte. Ich ging tief in mich, spürte die Kraft in meinem Innern auf und zog ganz fest. Hätte Karatos damit gerechnet, hätte es nicht funktioniert. Doch darauf war er nicht gefasst.
Sein Blick, als sich sein Griff um meine Arme lockerte, war unbezahlbar, und noch besser war, als er von meinem Körper fortgezogen wurde. Die Kraft in mir schwoll an, durchfloss mich heiß vom Kopf bis in die Zehenspitzen. Ein Gefühl, als würde ich jeden Moment explodieren. Ich musste diese Hitze wieder loswerden. Und das tat ich. Für einen Moment kostete ich den Triumph aus, die schockierte Miene des Dämons zu sehen, als er in die Luft gewirbelt wurde und quer durch den Raum flog, bevor er mit einem lauten Schlag gegen die Wand donnerte und zu Boden fiel.
Ich wartete nicht, bis er sich aufgerappelt hatte. Denn sobald er sich erholt hatte, würde er zornentbrannt auf mich losgehen. Und das würde mich überfordern. So weit war ich noch nicht. Ich musste schleunigst nach Noah sehen. Und ich musste Antwoine treffen. Ich musste mich auf alles gefasst machen.
Da wachte ich auf.
Noah – der echte Noah – saß auf der Bettkante. Er hatte sich nur ein Handtuch umgelegt, und seine Haut und sein Haar waren noch feucht vom Duschen. Er war frisch rasiert und roch verführerisch nach Nelke und Vanille. Wenn ich nicht das Zittern dieses Alptraums in allen Gliedern gespürt hätte, dann hätte ich ihn auf der Stelle vernaschen wollen.
»Alles in Ordnung?«, fragte er zärtlich und sah mich aufmerksam an.
Ich nickte. Meine Kehle war wie zugeschnürt, mein Magen spielte verrückt, und ich hätte am liebsten losgeheult. Aber ich nickte nur. »Schlecht geträumt.«
Er sah
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