Tochter der Träume / Roman
eigentlich wollt ihr es nicht. Wir Männer wollen es auch nicht wissen.«
»Entweder verstehst du mehr von Frauen als ich, oder du hast dich zwei Stunden, bevor ich kam, noch mit einer anderen vergnügt und willst es mir nicht sagen.«
Er lachte laut auf. »Du bist aber misstrauisch.«
Ich zuckte mit den Schultern. »Na und?«
Er stützte die verschränkten Arme auf die Tischkante und beugte sich zu mir vor. »Es gibt einen Unterschied zwischen mit jemandem schlafen und jemanden flachlegen. Du bist die erste Frau, mit der ich seit meiner Scheidung geschlafen habe.«
Oh. Heiße, süße Freude durchdrang mich. Eigentlich hätte diese Erklärung reichen sollen. »Und worin besteht der Unterschied?«
Er seufzte, schnappte ein Stück Speck von meinem Teller und hielt es mir hin. Ich nahm es. »Der Unterschied ist, dass wir gemeinsam frühstücken.«
Ich lächelte und griff nach dem Ketchup. Na ja, ich grinste wahrscheinlich dümmlich vor mich hin, aber das war mir egal. »Ich frühstücke gern.«
Noah blickte kurz auf seinen Teller, bevor er mich ansah. Was ich dort in den kohlschwarzen Tiefen seiner Augen entdeckte, war wunderbar. Er wirkte etwas weniger unerschütterlich als gerade eben noch, was mich sehr rührte. »Ich auch.«
Als meine Kleider schließlich trocken waren, war ich bereit zum Aufbruch – frisch geduscht und pappsatt. Noah brachte mich noch zur Haustür und küsste mich zum Abschied. Er wollte noch ein wenig malen und am Nachmittag seine Mutter zum Kaffee treffen. Ich ging die Straße hinunter und fühlte mich zum ersten Mal seit Wochen wieder leicht und beschwingt. Ich sah mich noch einmal um.
Noah stand in der Haustür und winkte mir nach. Ich winkte breit grinsend zurück.
Zu Hause angekommen, war das sanfte Nachglühen meiner heißen Liebesnacht fast verloschen, und meine Gedanken schweiften wieder zu Karatos und der Frage, was ich bloß gegen ihn unternehmen sollte. Noah und ich würden nie eine normale Beziehung haben, bevor der Dämon nicht ausgelöscht war. Mein oberstes Ziel musste also sein, ihn zu vernichten. Nicht nur um meiner selbst willen, sondern auch, weil das Leben vieler Menschen davon abhing.
Ich hörte meinen Anrufbeantworter ab. Nichts. Ob meine Familie mich wohl informieren würde, wenn der Termin mit dem Spezialisten feststand? Vielleicht war es besser, wenn ich nicht Bescheid wusste. Dann müsste ich mich nicht für die eine oder andere Seite entscheiden und mich wie eine Verräterin fühlen.
Ich rief die Nummer an, die Antwoine mir gegeben hatte. Nach dem dritten Freizeichen nahm er ab. Den Hintergrundgeräuschen nach zu urteilen, stand er gerade an der Kasse im Supermarkt. Er sagte, dass er mich in zwei Stunden treffen könne, und so legte ich auf, um mich fertig zu machen.
Komischerweise hatte es mich nicht gestört, dass Noah mich ungeschminkt gesehen hatte. Vielmehr regte mich auf, dass ich vor dem Zubettgehen mein Gesicht nicht gewaschen hatte. Das passierte mir sonst nie, denn es war schlecht für die Haut. Ich griff zum Telefon und vereinbarte einen Termin mit der Kosmetikerin, um es wieder gutzumachen.
Antwoine und ich hatten vereinbart, uns bei Starbucks an der Fifth Avenue zu treffen, und ich hatte noch eine Stunde Zeit, bis ich das Haus verlassen musste. Ich dachte über Karatos nach, was sonst, aber auch über Verek, meinen Vater und Noah. Sie alle schienen zu glauben, dass ich ein hohes Potenzial besaß, aber wirklich genutzt hatte ich diese Kräfte noch nicht. Nun, was mir heute Morgen mit Karatos gelungen war, konnte man als echten Fortschritt bezeichnen, das glaubte ich zumindest. Aber es gab noch so viele Dinge, die ich eigentlich beherrschen müsste. Wie konnte ich meine Kräfte schulen? Angeblich waren sie mir angeboren, aber ich hatte keine Ahnung, wie ich sie wecken sollte.
Ich brauchte einen Mentor. Ich musste ein älteres, erfahrenes Traumwesen finden, das mir helfen konnte, dieses Potenzial zu erschließen. Ob es so etwas wie Hilfsprogramme für Traumwesen gab? Mein Vater hatte sich redlich bemüht und mir wirklich geholfen, aber er war der König und nicht gerade unbefangen. Am besten wäre es, ich fragte Verek, der mir aus Loyalität zu meinem Vater, und damit auch zu mir, bestimmt helfen würde.
Es war Zeit zu gehen. Ich schlüpfte in meine schwarzen Lederstiefel und wählte einen passenden Ledermantel. Das Schwarz passte gut zu meinem rubinroten Rollkragenpulli und den Jeans, die ich dazu trug. Dann hängte ich mir noch eine
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