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Tochter der Träume / Roman

Tochter der Träume / Roman

Titel: Tochter der Träume / Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathryn Smith
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war.
    Ich sank in meinen Stuhl, schlug die Hände vor den Mund und unterdrückte ein nervöses Kichern. Wenn Noah Clarke seine Augen schloss, dann dachte er an mich.
    Was er wohl dachte, wenn ich sie ihm öffnete?
     
    Als ich mich in jener Nacht schlafen legte, war ich entschlossen, mit Morpheus Verbindung aufzunehmen.
    Mein Schlafzimmer hatte mediterranen Charakter. Die Wände waren in einem matten, aber kräftigen Orange gewischt, und vor dem Fenster hingen schwere, gold-blau gemusterte Vorhänge, die farblich zu dem seidigen Bettüberwurf auf meinem Doppelbett passten, auf dem helle Kissen lagen. Kunst an den Wänden suchte man vergebens, die einzige kunstvolle Verzierung stellte das Kopfteil meines Metallbetts mit seinen schmiedeeisernen Schnörkeln dar. Neben einer schwarzen Kommode, einem Kleiderschrank und einem Schminktisch gab es noch einen ebenfalls schwarzen, neunarmigen Kerzenständer, der rund eineinhalb Meter hoch vom Boden in den Raum ragte. Der Boden selbst war mit bunten Teppichen bedeckt.
    Mein Geschmack war vielleicht etwas eigenwillig, aber ich mochte mein Zimmer. Es war mein Zufluchtsort, meine kleine Oase der Ruhe in einer Stadt, die nie (oder nur selten) schlief.
    In Männerunterhemd und Boxershorts schlüpfte ich zwischen die dunkelvioletten Jerseylaken und seufzte wohlig. Es fühlte sich gut an.
    Manchmal konnte ich nur schwer einschlafen. Wenn ich mir nicht bewusst vornahm, in die Traumwelt zu gehen, dauerte es mitunter eine geraume Weile, bis ich Schlaf fand. Doch wenn ich mir vornahm, dass ich träumen wollte – bumm! –, schon schlief ich ein. Und heute Abend war so eine Nacht. Ich glitt ins Reich der Träume, sobald ich die Augen geschlossen hatte.
    Ich befand mich wieder innerhalb der Mauern, die ich errichtet hatte, aber dieses Mal fiel es mir sehr viel leichter, den Weg hinauszufinden – ich kannte ihn. Ich stellte mir den Ort als mein eigenes Schloss vor, und ein solches war es auch – ein riesiges, englisches Herrenhaus, das die Heimstatt aller Darcys, Rochesters und sogar Heathcliffs hätte sein können. Dieser Ort war mir vertraut, und er war tröstlich. Ihn zu verlassen fiel mir schwerer, als ich mir eingestehen wollte. Doch ich öffnete die Tür und trat hinaus.
    Es war sogar lächerlich einfach, wo ich doch zuvor die größte Mühe gehabt hatte, den Weg hinaus überhaupt zu finden.
    Wie es im Reich der Träume wirklich aussah, war schwer zu beschreiben. Jeder, der diese Welt betrat, erblickte sie mit eigenen Augen, und doch basierte ihre Erschaffung auf ihren eigenen Regeln und Eigentümlichkeiten.
    Man stelle sich seine eigene, ganz persönliche
Matrix
vor, ohne Keanu Reeves. Alles erschien, als spielte es sich in den eigenen Gedanken ab, war aber real. Sehr real.
    Es herrschte Nacht in der Traumwelt, wie üblich. Tageslicht gab es nur für wenige Stunden, es sei denn, der Träumende brachte es mit hinein. Als ein Geschöpf dieser Welt sah ich das Reich genau so, wie es war: ein riesiges, nebelverhangenes Königreich mit einer großen Stadt am Rand eines Felsvorsprungs, deren Zinnen und Turmspitzen silbern im Mondschein erstrahlten. Der Nebelschleier wirkte nun noch dichter, und ich erinnerte mich daran, was in diesem Nebel lauerte. Schnellen Schrittes marschierte ich los.
    Wären meine Fertigkeiten besser gewesen, hätte ich mich auf die Stufen vor Morpheus’ Schloss oder geradewegs hineintransportieren können. Doch es war zu lange her, und so konnte ich von Glück reden, überhaupt den Weg in sein Königreich gefunden zu haben. Bald näherte ich mich dem Schloss und stand schließlich vor den Toren aus Horn und Elfenbein – die denen am Rand zur Traumwelt sehr ähnelten – und wartete darauf, dass sie mich erkannten. Der Schein des Vollmonds erhellte mein Gesicht, warf seinen Glanz auf die edel verzierten Tore und erfüllte mich mit einem Gefühl der Stärke.
    Da stand plötzlich ein Mann vor mir. Ich sah auf, wollte etwas sagen und starrte in ein Paar bekannte blaue Augen mit schwarzen Rändern. Es war der Traumdämon, aber als ich sein Wesen erspüren wollte, fühlte er sich nicht so an, wie er sollte. Ich konnte es nicht genau benennen, aber etwas an seiner Erscheinung stank förmlich nach Falschheit.
    »Kleines Morgenlicht. Wie schön, dich wiederzusehen.«
    Das Herz schlug mir bis zum Hals und nahm mir fast die Luft. »Karatos.«
    Ein erfreutes Lächeln spielte um seine Lippen. »Du hast dir die Mühe gemacht, meinen Namen herauszufinden – wie

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