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Tochter der Träume / Roman

Tochter der Träume / Roman

Titel: Tochter der Träume / Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathryn Smith
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Knochen durchdrang. Für den Bruchteil einer Sekunde blickte ich Karatos in die dämonischen Augen und empfand ein perverses Vergnügen an dem Schmerz und der Verwunderung, die ich darin las. Ich hörte das Blut in seiner Luftröhre gurgeln, als ich aufsprang.
    Da fiel mir Regel Nummer eins meines Vaters ein, und ich zog meinen Dolch aus Karatos’ Kehle, bevor ich zu Noah eilte und dabei wie am Spieß nach meinem Vater schrie. Noah zitterte am ganzen Leib. Er war kreidebleich, und seine Haut war von einem dünnen Schweißfilm überzogen. Auf seinem Hemd prangte ein riesiger Brandfleck, und unter dem schwelenden Stoff befand sich eine offene, kreisrunde Brandwunde mit einem Durchmesser von zehn Zentimetern.
    »Wehe, du stirbst«, sagte ich und fing selbst an zu zittern. Wo blieb mein Vater? Ich konnte nur hoffen, dass er auch wirklich kam und Karatos mit eigenen Augen verbluten sah.
    So behutsam ich konnte, zog ich Noah in meine Arme und schloss die Augen. Vor meinem geistigen Auge stellte ich mir die eine Person vor, von der ich wusste, dass sie ihm helfen konnte. Und ich stellte mir den einen Ort vor, an dem er hier in der Traumwelt sicher wäre.
    Das Schloss meines Vaters. Als ich die Augen wieder öffnete, waren wir in meinem Schlafzimmer in Morpheus’ Schloss, wo uns mein Vater bereits erwartete.

[home]
    Kapitel 16
    M orpheus hatte Noahs Wunde im Handumdrehen geheilt. Doch seine innere Gesundheit wiederherzustellen, so befürchtete ich, würde nicht so einfach sein.
    »Ich habe alles getan«, sagte Morpheus leise. Wir standen auf der anderen Seite des Zimmers, gegenüber des großen Himmelbetts, in dem Noah lag. »Der Rest fällt in deinen Bereich.«
    Damit meinte er offenbar den Teil von mir, der sterblich war. Im Augenblick aber bezweifelte ich, dass mir überhaupt irgendetwas gelingen würde. Im Gegensatz zu Karatos. Ihm gelang es ganz vorzüglich, sich getarnt zu halten, sich hinter anderen Träumenden – wie Lola – zu verstecken. Immerhin hatte ich meinen Vater davon unterrichtet.
    »Danke für deine Hilfe.« Das klang banal, aber etwas anderes fiel mir nicht ein.
    »Ich wäre deinen Rufen gefolgt, wenn du dich nicht vor mir versteckt hättest«, sagte er sanft, obgleich ein Hauch von Vorwurf anklang. »Wieso hast du das getan?«
    Ich starrte ihn an. »Habe ich doch gar nicht.« Mich vor ihm versteckt? Oh Mann, ich hätte seine Hilfe mehr als gebrauchen können. Ich dachte vielmehr, dass er mich mit Absicht im Stich gelassen hatte. Gut, es hatte da diesen kurzen Moment gegeben, als ich dachte, wie toll es doch wäre, mit Karatos allein fertig zu werden, aber das hieß noch lange nicht, dass ich das wirklich
wollte
.
    Er musterte mich etliche Sekunden lang mit undurchdringlicher Miene, die mir dennoch verriet, dass er mir glaubte und dass es ihn beunruhigte.
    »Ich werde die Garde auf der Suche nach Karatos begleiten.« Er berührte mich leicht am Arm, und mein Vater wurde wieder zum Gott der Träume. »Ihr seid hier in Sicherheit, du und dein Freund.«
    Ich dankte ihm noch einmal und sah ihm nach, als er das Zimmer verließ. Es war mir ein Rätsel, warum er zu Fuß ging und sich nicht einfach teleportierte – überhaupt gab es so viele Dinge, die ich einfach nicht verstand, was mich wütend auf mich selbst machte. Denn wüsste ich Bescheid, wäre Noah nicht verwundet worden.
    »Wer war das eben?«, unterbrach Noah meine Gedanken.
    »Morpheus«, antwortete ich und trat auf noch immer wackeligen Beinen an Noahs Bett. »Er hat dich geheilt.«
    Noah war eine wahre Augenweide, ein Bild aus Bronze und Schwarz, das sich vom schneeweißen Laken abhob. Abgesehen von einer schwachen Verfärbung auf der glatten Brust, wo die Haut keine halbe Stunde zuvor verschmort gewesen war, sah er vollkommen normal aus. Mein Vater hatte sogar den Schnitt an seiner Lippe geheilt. Nur in seinen Augen zeigte sich ein eigentümlicher Glanz, ein Glanz, der mich zögern ließ, ihm zu nahe zu kommen.
    »Der Gott der Träume«, murmelte er fast ein wenig verbittert. »Er braucht dich bestimmt nicht, um seine eigene Haut zu retten.«
    »Natürlich nicht. Genau das macht den Gott der Träume ja aus.«
    Er verstummte, die Kiefer zusammengepresst, so dass die Muskeln unter seiner Haut zu zucken begannen.
    »Sieh mal«, sagte ich schließlich in die Stille hinein, als mir klar war, dass er weiterhin nur stumm vor sich hin brüten würde. »Karatos hat mich ebenfalls in den Boden gestampft, und ich sollte eigentlich in der Lage sein,

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