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Tochter Der Traumdiebe

Tochter Der Traumdiebe

Titel: Tochter Der Traumdiebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Moorcock
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Schurke aus einem billigen Schauspiel. Was du Reiter oder mir auch angetan hast, es war gewiss das Schlimmste, das du dir in deiner Charakterlosigkeit nur ausdenken konntest.«
    »Es ist sinnlos, mir zu diesem späten Zeitpunkt noch zu schmeicheln.« Grollend rieb er sich das Ohr und marschierte in meinem verwüsteten Studierzimmers hin und her. Er hatte sich an brutale Machtanwendung gewöhnt und benahm sich wie ein frustrierter Affe. Er wollte die Fassung bewahren, wusste aber kaum noch wie.
    Endlich hatte er einen gewissen Anschein von Haltung zurückgewonnen. »Oben gibt es ein paar Betten, die vielleicht noch brauchbar sind. Dort können wir schlafen. Ich lasse dich über Nacht über dein Problem nachdenken. Dann werde ich dich fröhlich nach Dachau ausliefern.«
    So schlief ich denn in dem Zimmer, in dem meine Mutter mich geboren und in dem sie schließlich gestorben war, mit Handschellen an den Bettpfosten gekettet, während im zweiten Bett mein schlimmster Feind lag. Meine Träume drehten sich um bleiche Landschaften, durch die die weiße Häsin lief. Sie führte mich zu einem großen Mann, der allein auf einer Lichtung stand. Ein Mann, der mein Ebenbild war. Die roten Augen starrten in meine roten Augen und er murmelte drängende Worte, die ich nicht verstand. Doch spürte ich einen Schrecken, der schlimmer war als alles, was ich bisher erlebt hatte. Einen Augenblick lang glaubte ich auch das Schwert zu sehen. Ich erwachte schreiend.
    Was Gaynor sehr zu gefallen schien.
    »Dann bist du endlich zu Verstand gekommen«, sagte er. Er richtete sich im Bett auf, das mit der feinen Bettwäsche eines Damenschlafgemachs überzogen war. Ein seltsamer Anblick. In Seidenunterwäsche sprang er aus dem Bett und läutete. Nur wenige Augenblicke später kam Gaynors Fahrer mit der fast perfekt gebügelten Uniform. Mir wurden die Handschellen abgenommen und ich bekam einen Kissenbezug, in den man meine Sachen gestopft hatte. Ich machte mich so gut wie möglich zurecht, während Gaynor ungeduldig darauf wartete, das einzige noch brauchbare Bad benutzen zu können.
    Der Fahrer servierte uns Brot und Käse auf Tellern, die er offenbar selbst gereinigt hatte. Auf dem Fußboden sah ich Rattenkot, was mich an das Schicksal erinnerte, das mir bevorstand. Dachau. Ich aß und dachte, dies sei vielleicht mein letztes Essen.
    »Befindet sich das Schwert irgendwo hier auf dem Grundstück?« Sein Benehmen hatte sich verändert, er wirkte jetzt geradezu begierig.
    Ich aß den Käse auf und lächelte ihn fröhlich an. »Ich habe keine Ahnung, wo das Schwert sein könnte.« Ich war leichten Herzens, da ich nicht mehr lügen musste. »Es scheint aus eigenem Antrieb verschwunden zu sein. Vielleicht ist es dem Kelch gefolgt.«
    Knurrend stand mein Vetter auf, die Hand fiel aufs Pistolenhalfter am Gürtel. Ich musste nur noch lauter lachen.
    »Was bist du doch für ein Hanswurst geworden, Gaynor. Du könntest in einem Film auftreten. Herr Pabst würde dich sofort nehmen, wenn er dich so sehen könnte. Wie willst du überhaupt wissen, wann ich dir die Wahrheit sage und wann nicht?«
    »Mein Befehl lautet, dir keine Möglichkeit zu geben, dich öffentlich als Märtyrer zu präsentieren.« Er sprach jetzt voller Wut und doch so leise, dass ich ihn kaum verstehen konnte. »Ich soll dafür sorgen, dass du still und unbemerkt stirbst. Das ist das Einzige, Vetter, das mich noch zurückhält, den Wahrheitsgehalt deiner Äußerungen gleich selbst zu überprüfen. Du wirst also zu den Freuden Sachsenburgs zurückkehren und von dort aus in ein richtiges Konzentrationslager verlegt werden, wo man weiß, wie man mit Ungeziefer von deiner Sorte umgehen muss.«
    Dann trat er mich zielgenau in den Schritt und schlug mich ins Gesicht.
    Ich trug noch immer Handschellen.
    Gaynors Fahrer führte mich aus meinem Haus und verstaute mich im Wagen.
    Dieses Mal setzte Gaynor mich vorne neben den Fahrer, während er rauchend und finster starrend auf dem Rücksitz lümmelte. Soweit ich es sagen konnte, sah er mich nicht noch einmal offen an.
    Seine Herren waren inzwischen zweifellos zu der Ansicht gekommen, dass sie ihn überschätzt hatten. Genau wie er mich überschätzt hatte. Ich vermutete, das Schwert sei von Herrn El, ›Diana‹ und der Weißen Taube gerettet worden und würde gegen Hitler eingesetzt werden. Mein Tod und mein Schweigen sollten nicht verschwendet sein.
    Ich nutzte die Reise, so gut es ging, schlief eine Weile und aß alles, was ich bekommen konnte,

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