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Tochter Der Traumdiebe

Tochter Der Traumdiebe

Titel: Tochter Der Traumdiebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Moorcock
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zu trinken an, doch ich lehnte ab. Ich wollte ihm nicht auch noch dabei helfen, mich unter Drogen zu setzen.
    »Eine Reihe sehr unglücklicher Unfälle, was?« Er sah sich in meiner Zelle um. »Sie finden dies alles hier sicher etwas deprimierend, Herr Graf.«
    »Oh, es bedeutet einfach nur, dass ich mich nicht zu sehr mit Nazis einlassen sollte«, erwiderte ich. »Deshalb ist der Aufenthalt in der Zelle an sich gar nicht so unvorteilhaft.«
    »Ihre Vorstellungen von einer vorteilhaften Situation entziehen sich meinem Verständnis«, erklärte er. »Aber diese Vorstellungen bringen Sie offenbar in eine üble Lage. Wie lange haben unsere SA-Jungs eigentlich gebraucht, um Ihren Freund Feldmann zu erledigen? Gut möglich, dass Sie etwas jünger und besser in Form sind. Wie lange hat es gedauert? Drei Tage?«
    »Sie meinen Feldmanns Triumph?«, sagte ich. »Es waren drei Tage, in denen jedes Wort bewiesen wurde, das er über Sie geschrieben hat. Sie haben bis ins letzte Detail seine Einschätzungen bestätigt. Sie haben beglaubigt, was er veröffentlicht hat. Etwas Besseres kann einem Schriftsteller nicht passieren.«
    »Doch es sind die Siege eines Märtyrers. Intelligente Menschen halten sie für nutzlos.«
    »Nur dumme Menschen, die sich für klug halten, würden so etwas sagen«, erwiderte ich. »Wir wissen, wie lächerlich solche selbstherrlichen Kerle sind.« Ich war dankbar, dass er da war. Mein Hass gegen ihn lenkte mich von den Verletzungen ab. »Ich sage Ihnen jetzt, Herr Hauptmann, dass ich kein Schwert und keinen Kelch habe, den ich Ihnen geben könnte. Glauben Sie, was Sie wollen. Es macht mir nichts aus, wenn ich sterbe, während Sie noch etwas anderes glauben, aber ich möchte nicht, dass meinetwegen andere sterben. Indem Sie sich die Macht genommen haben, mussten Sie gleichzeitig auch Verantwortung übernehmen, ob es Ihnen nun gefällt oder nicht. Das eine gibt es nicht ohne das andere. So konfrontiere ich Sie nun mit Ihrer Schuld.«
    Damit kehrte ich ihm den Rücken und er ging sofort hinaus.
    Einige Stunden später kamen Fritzi und Franzi und setzten ihre Experimente fort. Als ich das Bewusstsein verlor, hatte ich sofort eine neue Vision meines Doppelgängers. Er redete drängend auf mich ein, aber ich konnte ihn nicht verstehen. Dann verschwand er und das schwarze Schwert nahm seinen Platz ein. Das Eisen, jetzt völlig mit Blut bedeckt, trug die Runen, die ich kannte, doch sie wirkten nun lebendig - und waren blutrot gefärbt.
    Als ich aufwachte, lag ich nackt und ohne Decke auf dem Bett. Mir wurde sofort klar, dass sie mich töten wollten. Die übliche Methode bestand darin, einen Gefangenen auszuhungern und der Kälte auszusetzen, bis er zu schwach war, um den Infektionen zu widerstehen. Dies führte gewöhnlich zu einer Lungenentzündung - und diese Methode kam zum Einsatz, wenn man sich weigerte, an einem Herzanfall zu sterben. Mir war aber nicht klar, warum sie sich überhaupt die Mühe machten. Meiner Ansicht nach war die ›Botschaft‹, die sie mir damit gaben, nur ein Bluff. Solange sie glaubten, ich würde sie zum Schwert und zum Kelch führen, die für sie so wichtig waren, würden sie mich nicht töten.
    Einmal kam sogar Major Hausleitner persönlich in meine Zelle. Klosterheim begleitete ihn. Ich glaube, er wollte mir vernünftig zureden, doch er sprach unzusammenhängend - ich konnte ihn kaum verstehen. Klosterheim ermahnte mich, seine Geduld sei jetzt erschöpft und stieß einige bösartige, lächerliche Drohungen aus. Womit kann man einem Verdammten noch drohen? Ich war zu schwach, um irgendeine klare Antwort zu geben, aber ich schaffte es, auf meinem verletzten Mund etwas wie ein Lächeln entstehen zu lassen.
    Ich beugte mich vor, als wollte ich ihm ein Geheimnis zuflüstern, und sah zufrieden, wie Tropfen für Tropfen meines Bluts auf seine makellos saubere Uniform fielen. Es dauerte einen Augenblick, bis er begriff, was geschah. Er zog sich verblüfft und angewidert zurück und stieß mich fort, sodass ich zu Boden fiel.
    Die Tür knallte zu und es war still. In dieser Nacht wurde niemand mehr gefoltert. Als ich mich aufzurichten versuchte, sah ich eine Gestalt auf der Koje sitzen. Mein Doppelgänger winkte und schien in sich zusammenzufallen, bis er in der nackten Matratze verschwand.
    Ich kroch auf die Pritsche. Der Doppelgänger war tatsächlich verschwunden, doch an seiner Stelle fand ich Rabenbrand. Mein Schwert. Das Schwert, das alle suchten. Ich wollte das vertraute Eisen

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