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Tochter Der Traumdiebe

Tochter Der Traumdiebe

Titel: Tochter Der Traumdiebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Moorcock
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Tausende von Indern tötet, ins Gefängnis wirft und verbannt, nur weil diese so naiv sind, die gleichen Rechte für sich zu fordern wie alle anderen Bürger des Empire? Frankreich? Italien? All die zivilisierten Nationen der Welt, die uns unsere großartige Musik, die Literatur, die Philosophie oder die politische Kunst geschenkt haben. Was war die Folge dieser Errungenschaften? Gaskrieg? Panzer? Kampfflugzeuge? Wenn du jetzt aber meinst, ich wäre zynisch und verbittert, mein Vetter, dann liegt dies nur daran, dass du darauf beharrst, einer Täuschung hinterherzujagen. Ich achte nur Menschen, die sind wie ich - und die die Wahrheit so sehen, wie sie ist. Menschen, die ihr Leben nicht verschwenden an ein Bündnis mit einem hohlen Prinzip, mit einem hehren Ideal, das genau jenes Ideal sein könnte, das uns in den nächsten und wieder in den nächsten Krieg treibt. Die Nazis haben Recht. Das Leben ist ein brutaler Kampf. Nichts sonst ist real, nichts.«
    Wieder amüsierte ich mich. Ich fand seine Gedanken sinnlos und dumm, voller Selbstmitleid. Die Logik eines schwachen Mannes, der sich in seiner Überheblichkeit für stärker hält, als er tatsächlich ist. Ich hatte schon andere kennen gelernt, die waren wie er. Ihr persönliches Versagen wurde zum Versagen ganzer Klassen, Regierungen, Rassen oder Nationen umgemünzt. Die schillerndsten unter ihnen gaben sogar dem gesamten Universum die Schuld an der eigenen Unfähigkeit, die Helden zu sein, die sie ihrer Vorstellung nach eigentlich sein mussten. Selbstmitleid, in Aggression verwandelt, ist eine unberechenbare und verwerfliche Triebfeder.
    »Dein Selbstgefühl scheint in umgekehrtem Verhältnis zu deiner Selbstachtung zu stehen«, erwiderte ich.
    Aus reiner Gewohnheit wollte er mit erhobener Faust auf mich losgehen. Dann sah ich ihm in die Augen und er ließ den Arm sinken und wandte sich ab. »0 mein Vetter, du weißt ja gar nicht, wie grausam die Menschen sein können«, zischelte er. »Ich wünsche nur, dass du nicht noch mehr davon erdulden musst. Sage mir einfach, wo das Schwert und der Kelch versteckt sind.«
    »Ich weiß nichts von einem Kelch mit einem Schwert«, sagte ich. »Auch von einem Pendant ist mir nichts bekannt.« Es war nicht wirklich eine Lüge, aber weiter wollte ich nicht gehen. Mein Ehrgefühl gebot mir zu schweigen.
    Gaynor seufzte, tippte mit dem Fuß auf die alten Dielenbretter. »Wo könntest du es versteckt haben? Wir haben den leeren Kasten gefunden. Zweifellos hast du ihn eigens für uns dort hinterlassen. In diesem Gewölbe. Der erste Ort, an dem wir überhaupt gesucht haben. Ich dachte mir schon, dass du so dumm sein würdest, deinen Schatz so tief wie möglich zu vergraben. Ein wenig Klopfen an der Wand, und wir hatten den Hohlraum gefunden. Aber wir haben dich unterschätzt. Was hast du mit dem Schwert getan, Vetter?«
    Ich hätte beinahe laut gelacht. Hatte jemand anders Rabenbrand gestohlen? Jemand, der das Schwert für nicht besonders wertvoll hielt? Kein Wunder, dass das Haus in diesem Zustand war.
    Gaynor war wie ein Wolf. Mit den Augen suchte er unablässig die Wände nach möglichen Verstecken ab. Während er sprach, schritt er nervös hin und her.
    »Wir wissen, dass das Schwert im Haus ist. Du hast es nicht fortgebracht. Du hast es deinen Besuchern nicht gegeben. Wo also hast du es versteckt, mein Vetter?«
    »Als ich Rabenbrand das letzte Mal sah, steckte die Klinge in jener Kiste.«
    Er gab sich empört. »Wie kann jemand, der so idealistisch ist, gleichzeitig ein so unverfrorener Lügner sein? Wer sonst hätte das Schwert aus der Kiste nehmen sollen, Vetter? Wir haben alle Diener befragt. Nicht einmal der alte Reiter hatte etwas zu sagen. Als er endlich gestand, hatte er nur Nutzloses zu berichten. Damit bleibst nur noch du selbst, mein Vetter. Die Waffe steckt in keinem Schornstein und nicht unter den Dielenbrettern. In keinem Geheimfach und in keinem Schrank. Wir wissen genau, wie man solche Verstecke findet. Wir wissen, dass dein Vater den Kelch verloren hat, das haben wir vom alten Reiter erfahren. Einen Namen hatte er gehört: Miggea. Kennst du diesen Namen? Nein? Möchtest du Reiter vielleicht sehen? Es würde eine Weile dauern, bis du etwas an ihm findest, das du wiedererkennst.«
    Nachdem ich nichts mehr zu gewinnen hatte, wenn ich meine Wut beherrschte, bekam ich immerhin die Genugtuung, ihm einen kräftigen Schlag aufs Ohr zu versetzen - wie ein wütender Schuljunge.
    »Sei still, Gaynor. Du redest wie ein

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