Tochter Der Traumdiebe
Bastable fuhr langsamer, setzte die Mütze auf und spielte den Herrenfahrer. So wurde ich zu einem angesehenen Bürger, der vielleicht mit seiner Mutter unterwegs war. Wir erreichten die Fähre ohne Zwischenfälle, doch es war offensichtlich, dass sie das Gewicht des Wagens nicht tragen konnte. Bastable fuhr bis in die Nähe der Brücke zurück und führte uns zu Fuß hinüber. Abgesehen vom Bogen der Frau und dem schwarzen Schwert, das ich mir über die Schulter hängte, während ich den beiden hinterdrein humpelte, besaßen wir keine Waffen.
Wir überquerten die Brücke und bald darauf führte Bastable uns über einen Fußweg, der im Dunst und im Mondlicht kaum zu erkennen war. Hin und wieder konnte ich den Fluss erkennen, die Lichter der Stadt, einige Baumgruppen und Ausläufer eines größeren Waldes. Ab und zu wohl auch die Scheinwerfer ferner Automobile. Anscheinend wurden wir von einer kleinen Armee verfolgt. Bastable ging schneller und ich konnte kaum noch mithalten. Er wusste genau, wo er war, aber er schien auch immer besorgter zu werden.
Irgendwo in der Nähe hörten wir Motoren dröhnen und Gehupe. Gaynor und Klosterheim mussten erkannt haben, wohin wir wollten. Führte eine gute Straße zu dem Ziel, zu dem Bastable uns brachte? Oder würden sie uns zu Fuß folgen? Keuchend stellte ich Bastable diese Fragen.
Er antwortete scheinbar unbewegt. »Sie müssen sich in zwei Gruppen aufteilen, würde ich sagen. Eine kommt von Hildesheim, die andere von Detmold. Der Fluss wird sie nicht behindern, wie er uns behindert hat, doch die Straßen sind schlecht und ich weiß nicht, wie gut ihre Autos sind. Wenn sie zum Beispiel einen Dornier Ford Yates haben, dann haben wir keine Chance. Wir haben die Schlucht jetzt fast erreicht und können nur hoffen, dass sie uns nicht schon voraus sind. Gaynor darf man allerdings nicht unterschätzen.«
»Sie kennen ihn?«
»Nicht hier«, lautete Bastables rätselhafte Antwort.
Wir stolperten in eine schmale Schlucht, die nach einer Sackgasse aussah. Ich wurde misstrauisch und dachte zuerst, Bastable hätte uns in eine Falle gelockt. Doch er warnte uns, wir sollten still sein, und führte uns langsam am Rand der Schlucht entlang, wobei er sich in den tiefsten Schatten hielt. Wir hatten fast die senkrechte Granitwand erreicht, als über uns und seitlich auf einmal Stimmen zu hören waren. Es gab eine gewisse Unruhe. Scheinwerfer flammten auf und erloschen wieder. Ein improvisierter Hinterhalt.
»Das Schwert!«, rief Bastable. Er warf sich gegen den Fels, als Scheinwerfer nach uns tasteten. »Von Bek, Sie müssen mit dem Schwert zuschlagen.«
Ich wusste nicht, was er meinte.
»Wohin soll ich schlagen?«
»Hierher, Mann, auf den Felsen.«
Wieder hörten wir Motoren dröhnen. Auf einmal durchschnitten mächtige Scheinwerfer die Dunkelheit. Ich hörte Gaynors Stimme, der drängte, das Automobil solle weiterfahren. Aber der Fahrer hatte Schwierigkeiten. Mit einem markerschütternden Kreischen des Getriebes und mit aufheulendem und spuckendem Motor rollte das Fahrzeug weiter.
»Gebt auf!« Das war Klosterheim, der von oben durch eine Flüstertüte sprach. »Ihr könnt uns nicht entkommen!«
»Das Schwert«, zischte Bastable. Die junge Frau schlang sich den Köcher über die Schulter und spannte den eigenartig geformten Bogen.
Verlangte er wirklich von mir, dass ich einen Weg durch massiven Granit frei hackte? Der Mann war verrückt. Vielleicht waren alle verrückt und meine eigene Verwirrung hatte mich dazu verleitet, sie für meine Retter zu halten.
»Schlagen Sie auf den Fels«, sagte die junge Frau. »Es muss getan werden. Es ist das Einzige, das uns retten kann.«
Ich fand einfach nicht genug Glauben in mir, um es ernst zu meinen, aber immerhin versuchte ich gehorsam, mit dem großen Schwert auszuholen. Es gab einen Augenblick, in dem ich glaubte, ich würde umkippen, aber dann stand auf einmal wieder mein Doppelgänger vor mir. Undeutlich und offensichtlich unter Schmerzen winkte er mir, ich solle ihm folgen. Dann drang er in den Fels ein und verschwand.
Ich schrie und schlug mit aller Kraft die große schwarze Klinge auf die Granitwand. Es gab ein eigenartiges Geräusch, als wäre Eis gebrochen, doch die Wand hielt. Zu meinem Erstaunen hielt auch das Schwert. Es schien unbeschädigt.
Irgendwo hinter mir ratterte eine Maschinenpistole.
Ich schwang noch einmal die Klinge, wieder traf sie den Fels.
Dieses Mal entwich der Felswand ein tiefer, stöhnender Laut und ein
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