Tochter Der Traumdiebe
angefertigt hatte. Gaynor hatte mir etwas Wichtiges offenbart, vielleicht eine Schwäche. Waren auch seine übernatürlichen Verbündeten nicht fähig, selbst nach Mu Ooria vorzustoßen? Gab es hier raffinierte Verteidigungsanlagen, von denen ich noch nichts wusste?
»Nur wenn die Stadt eingenommen wird«, sagte ich, indem ich einen Schuss ins Blaue abgab.
Nun wurde ihm klar, was er mir offenbart hatte. Mit wehmütigem Lächeln gestand er es sein. Ich wusste, dass er mit wenigen Männern in die Stadt eingedrungen war, ohne auf die Kräfte seiner Verbündeten zurückgreifen zu können. Es sprach für seinen Wagemut, dass er nur mit Klosterheim hergekommen war, um die Rabenklinge zu stehlen.
»Du weißt viel über das Multiversum, mein Vetter«, sagte Gaynor.
»Nur in meinen Studien und meinen Träumen«, erwiderte ich. »Ich bin hier, weil meine Blutsverwandten es wünschen. Sonst hätte ich nie mit dieser Angelegenheit zu tun bekommen.«
»Blutsverwandte!«
Ich wurde vorsichtiger. Ich wusste jetzt Dinge, die dem alten Ulric nicht bekannt gewesen waren.
Ich konnte vertraute, alte Düfte riechen, auch Spuren von etwas Modrigem. Ich begann, Interesse für meine Umgebung zu entwickeln.
Als meine Aufmerksamkeit von ihm abirrte, machte Gaynor einige rasche Schritte zurück, weil er glaubte, er könne sich damit außer Reichweite meiner Klinge bringen. Er rief und winkte. Klosterheim zog sein eigenes Schwert und rannte zu Gaynor. Ich lächelte. Das konnte ein Vergnügen so recht nach meinem Geschmack werden. Die linke Hand legte ich an die Scheide und hielt sie fest, damit ich das Schwert sofort ziehen konnte, wenn es nötig wurde. Die Klinge murmelte und bebte wieder, sie spiegelte meine eigenen, sich rasch verändernden Stimmungen.
Meine Ohren waren viel schärfer als die Ohren, die von Bek allein gehört hatten. Ich hörte rasche, scharrende Geräusche im Schatten. Gaynors mächtigste Verbündete mochten nicht fähig sein, ihm hier zu helfen, doch seine Fußtruppen waren offensichtlich in der Nähe. Denn allein mit Klosterheims Unterstützung hätte er sich sicher nicht in die Stadt gewagt. Ich konnte die Kämpfer sehen, wie sie von allen Seiten vorrückten. Ihre Angst vor den Katzen war zerstreut, sie hatten genug Mut geschöpft, um Gaynor zu gehorchen und ihm zu folgen. Es waren die grotesken Riesen, die Oona als Troogs bezeichnet hatte. Sie schnüffelten und grunzten und freuten sich auf das Frischfleisch. Ich erinnerte mich, dass die Off-Moo sie Kannibalen genannt hatten.
Ich musste lachen. »Welch eine Ironie, meine Herren«, sagte ich. Mit einer fließenden Bewegung zog ich die schwarze Klinge aus der Scheide. Die Runen liefen rot und wie lebendig auf dem Metall hin und her. Das Eisen pulsierte und summte. Ich tappte wie eine Katze zu Gaynor und Klosterheim hin. Dann trabte ich, um die Entfernung rasch zu überwinden. Das dunkle Eisen stieg höher. Eins mit meiner Klinge und dem Doppelgänger, verspürte ich eine unendliche Kraft. Mein Lachen erfüllte die unermesslich großen Höhlen.
Gaynor kreischte, sein Gefolge möge mich angreifen. Ich verteidigte mich gegen einen Wirbelsturm aus Eisen. Streitkolben und Schwerter wurden von allen Seiten in meine Richtung geschwungen. Dank übernatürlicher Instinkte und Reflexe wich ich ihnen aus. Bald hatte ich mir einen freien Raum erkämpft, die Gegner fürchteten mich offensichtlich. Ich sah, wie sie die Nasenlöcher schnüffelnd blähten. Wahrscheinlich konnten sie mich nicht einmal richtig sehen. Auch hier brauchten sie keine Augen. Sie waren in der Überzahl, sie hatten meine Witterung aufgenommen. Sie warteten nur auf Gaynors Zeichen, wieder vorzustoßen. Der nächste Angriff würde mich erdrücken.
Jetzt heulte die Klinge. Das Schwert, das ich Rabenbrand und das mein Alter Ego Sturmbringer nannte, ließ nicht zu, dass ich es in die Scheide steckte, ehe es nicht das Blut der Feinde geschmeckt hatte. Das Lied der Klinge verschmolz mit dem feinen Klimpern der Kristalle über uns. Ihr Lied war ein hungriges Lied. Dieses Schwert hatte schon ganze Armeen erschlagen, es verlangte seine Beute. Es stöhnte, weil es sich schon lange nach dieser Befriedigung gesehnt hatte.
Wenigstens die Klinge sollte ihr Vergnügen haben. Wenigstens sie konnte sich erquicken und mir die Kraft schenken, die ich bei der nächsten Anrufung brauchen würde.
11. Die Kraft von Zweien
Gaynor rief einen Befehl und die Ungeheuer drangen auf mich ein. Sekunden später griff ich
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