Tochter Der Traumdiebe
verteidigen, war sogar in der Lage, jederzeit anzugreifen, falls ich es wollte, denn in mir hatte sich Elrics Ausbildung mit meiner eigenen zusammengefügt. Ich wusste, wie ich im Kampf agieren und mich gleichzeitig auf einen Zauberspruch konzentrieren konnte, denn ich war vom reinen, alten Blut von Melnibone\ und dies waren die Gaben, die wir in uns pflegten. Unsere Vorfahren hatten viele Bündnisse mit den Elementarwesen des Multiversums geschlossen. Mit den Kräften der Erde, der Luft, des Wassers und des Feuers. Viele dieser Bündnisse waren ungebrochen gültig. Ich konnte alle Kräfte der Natur heraufbeschwören, wenngleich nicht die ganze Macht der Natur. Es war ein unbeschreiblich wundervolles Gefühl zu wissen, dass ich den Wind, das Feuer, sogar die Gestalt der Erde und den Lauf des Wassers steuern konnte, dass ich mich mit den großen Tiergottheiten ausgetauscht hatte, mit den Archetypen, von denen alle anderen Tiere abstammten und die, wenn sie es wünschten, ganze Legionen herbeirufen konnten. Nur wenige dieser Verbündeten empfanden mehr als die gesunden Gelüste eines gewöhnlichen Tiers und hatten daher wenig Ehrgeiz, was die Angelegenheiten der Menschen oder Götter betraf, auch wenn die Herren der Höheren Welten sie respektierten. Nur wenn sie heraufbeschworen wurden, ließen sich die Elementarwesen gelegentlich herab, sich mit den Konflikten der Sterblichen zu befassen. Jetzt besaß ich all diese Kräfte, ich verstand, welchen Preis man zahlen musste, wenn man sie heraufbeschwor, ich begriff, wie notwendig es war, eine geistig und körperliche Grundlage zu finden, viel belastbarer als alles, was in der Welt von Bek jemals nötig gewesen war. Die Realität war anstrengender und die Risiken größer, als ich es je für möglich gehalten hätte.
Doch ich brauchte Brennstoff für meine angespannten Muskeln und die starken Lungen, ich brauchte Brennstoff, um den Kriegerkörper und die Weisheit des Kriegers in mir zu versorgen. Nur zwei Quellen existierten für diesen Brennstoff. Eine war eine Kombination aus Kräutern und anderen Zutaten, die es mir erlaubten, ein aktives Leben zu führen. Die Zweite war das Schwert. Als ich begriff, was das Schwert tat, war mein gewöhnliches menschliches Selbst äußerst abgestoßen. Doch zugleich verstand ich auch, dass mein Überleben davon abhing, dass ich die Klinge benutzte und dass sie es nicht zulassen würde, wenn ich gegen meine eigenen Interessen handelte. Meine Zuneigung zu Rabenbrand blieb ungebrochen, doch ich empfand eine neue Achtung vor der Waffe. Offensichtlich wählte diese Klinge selbst aus, wer sie führen durfte.
Ich erinnerte mich an meine Fechtstunden, als ich mich auf den Kampf vorbereitete. Ich wollte ihm nicht ausweichen, ich konnte ihn im Gegenteil kaum erwarten, ich sehnte mich danach, blutige Wunden zu schlagen.
»Prinz Gaynor.« Elrics steife Höflichkeit ließ meine angelsächsischen Manieren vergleichsweise ungezwungen erscheinen. »Sollte der Augenblick Eures Todes wirklich so schnell schon gekommen sein?«
Das Gesicht des Ungarn verzog sich zu einer blöden Grimasse. »Wer seid Ihr? Beherrscht Ihr diesen Menschen?«
»Ihr seid unverschämt, Prinz Gaynor. Eure Fragen sind beleidigend und grob gesprochen. Ich entstamme der königlichen Linie von Melnibone« und bin Euch weit überlegen. Werft den Bogen weg oder mein Schwert trinkt Eure Seele.«
Gaynor war angesichts meiner Veränderung verängstigt, auch wenn er den Grund zu erraten glaubte. Allerdings war er auf eine solche Wende nicht vorbereitet gewesen. Klosterheims Messer drückte nicht mehr gegen meine Rippen. Gaynors leichenhafter Kollege starte mich mit dämmerndem Verständnis an. Er hatte Elric durch seinen Herrn rennen und in meinem Körper verschwinden sehen. Er wusste, was ich war, und hatte Angst vor mir.
Die Klinge dürstete nach ihren Seelen. Ich konnte spüren, wie ihre Gier vom Griff durch meine Hände ausstrahlte. Ich kämpfte dagegen an, aber sie wurde immer fordernder.
»Arioch!« Ohne mein Zutun formten meine Lippen diesen Namen. »Arioch!« Das Wort schmeckte wie ein köstlicher Wein. Ich war eins mit einem Wesen, für das Worte einen eigenen Geschmack und für das Musik eine Farbe haben konnte.
»Er wird dir hier keine Macht schenken.« Gaynor erholte sich zusehends. »Nicht in Mu Ooria. Hier herrscht jetzt die Ordnung.«
Ich bekam die bebende Klinge wieder in meine Gewalt und steckte sie entschlossen in die behelfsmäßige Scheide, die ich mir
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