Tochter Der Traumdiebe

Titel: Tochter Der Traumdiebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Moorcock

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sah zu meinem Erstaunen, dass bis zum Horizont eine berittene Armee mit Wimpeln und Lanzen aufgestellt war. Ihre Gegenwart bedeutete unsere Vernichtung. Dies war nicht das Kanonenfutter der Ordnung, dies waren die besten Ritter, aus dem ganzen Multiversum zusammengezogen.
    Ich hob die Hände vor die Augen und sah, als würde sie aus einem flimmernden Trugbild entstehen, eine riesige Wölfin, so groß wie ein Pferd, aufgeputzt mit schönen Seidendecken und Ledergurten und einem bemalten Ledersattel, mit Messing und Silber und funkelnden Diamanten im Geschirr. Die tief liegenden Augen schienen undurchdringlich, als sie mit einer Horde menschlicher Ritter zur Stadt kam. Die Schnauze mit den weißen Reißzähnen zuckte ein wenig, als wittere sie schon die Beute. Vielleicht hatte man die Wölfin in Melnibone« gefangen, dachte ich, denn wie ich war sie ein echter Albino. Die roten Augen funkelten im weißen Fell und tanzten auf und ab, als sie rannte.
    Noch bizarrer war der Reiter. Ein Mann in einer Rüstung, das Gesicht unter dem silbernen Helm gänzlich verborgen. Die Lanze schimmerte hell wie Zinn, die Rüstung war mit flatternden Seidenbändern geschmückt - und er trug Mäntel und Tücher in tausenderlei Farben.
    Ich sah, wie er sich umdrehte und sich in den Steigbügeln aufstellte und etwas an den Helm hob. Dann hörte ich sein Horn.
    Sie kamen und ihre Zahl war unüberschaubar. Tausende weißer Pferde und ihre silbern gerüsteten Reiter. Es sah aus, als wollten sie Tanelorn einfach mit den Hufen niedertrampeln.
    Dann sah ich, dass die Wölfin in Wahrheit etwas hetzte.
    Eine weiße Häsin, weiß wie der Winter, rannte vor der herandonnernden Armee über die helle Asche. Sie rannte zu unseren Toren. Tausend Speere waren gehoben, um sie aufzuspießen.
    Zu spät.
    Die Häsin erreichte den Graben und sprang ins Wasser. Sie schwamm zum Stadttor und rannte durch eine schmale Lücke, um sofort in den Straßen zu verschwinden.
    Erst als das kleine Tier die sichere Stadt erreicht hatte, fächerten die Jäger aus und ritten auf beiden Seiten an Tanelorns breitem Burggraben entlang. Sie hatten die Beute verloren. Ein fernes Horn rief sie zurück.
    Doch sie hatten uns mit ihren Rüstungen, mit den glänzenden Rüstungen beeindruckt. Mit den gesichtslosen, rätselhaften Helmen. Und mit ihrer schieren Anzahl.
    Ich kannte diese Sorte. Die Ritter der Ordnung dienten einer heiligen Sache. Zur Standarte ihrer Herrin Lady Miggea gerufen, würden sie bis zum Tod für sie kämpfen. Sie konnten und durften keinen Zweifel an der Herrin haben. Ihrem Wesen entsprach es, dem Amt zu dienen, ganz gleich, wie unedel seine Ziele geworden waren. Sie hingen genau wie ihre Herrin einer einzigen Idee an und konnten sich nichts anderes vorstellen als diese eine Sache, diese eine Zukunft, die sie erschaffen mussten. Sie kleideten ihre natürliche Raubgier in das Streben nach Ordnung.
    Doch an diesem Morgen hatten sie die Häsin töten wollen, nicht uns. Die Hufe ihrer Pferde knirschten auf der Aschewüste, als tief aus der Kehle der riesigen weißen Wölfin ein zorniges Knurren aufstieg, da sie die Beute verloren hatte. Ein Knurren, das mir einen Schauder über den Rücken jagte.
    Wieder ertönte das Horn.
    Die Ritter formierten sich neu, machten kehrt und zogen sich zum Horizont zurück.
    Mondmatt trat neben mich. Er hatte ein Stück entfernt an der Mauer eine Gruppe von Kämpfern befehligt.
    »Was hat das zu bedeuten?« Er schnüffelte und rieb seinen Ärmel, als wollte er einen Flecken entfernen. »Wollten sie nur die Pferde bewegen? Hast du die Beute gesehen, die sie gehetzt haben, Mylord? Die kleine Häsin?«
    Ich hatte sie gesehen und mich gefragt, warum sie der Herzogin der Ordnung so wichtig war. Und was hielt Miggea eigentlich davon ab, das Tier bis in die Stadt zu verfolgen? Hatten die Feinde am Ende doch begriffen, dass sie die grundlegende Ordnung all unserer Reiche gefährden würden, wenn sie nach Tanelorn einmarschierten?
    Irrsinn war das, was ich sah. Ich hatte mehr als einmal beobachten können, wie die Ordnung korrumpiert wurde und verkam. Allein schon aus diesem Grund bevorzugte mein Volk die Unsicherheit und Wildheit des Chaos. Eine Ordnung, die pervertiert wurde, war weitaus gefährlicher. Das Chaos erweckte wenigstens nicht den Anschein, es würde irgendeiner Logik folgen, abgesehen höchstens von der Logik des Gemüts und des Gefühls.
    Die Wölfin hatte sich umgedreht und kam wieder in unsere Richtung gelaufen. Sie trug den